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Kooperieren zahlt sich aus

Wer kooperiert, hat die Nase vorn bei Fördergeldern. Allerdings bremsen unterschiedliche Ziele, gesetzliche Rahmenbedingungen und kulturelle Unterschiede den Erfolg von Kooperationen aus – so eine Sonderauswertung des DFG-Förderatlas 2018 durch den Stifterverband.

Wenn die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ihren alle drei Jahre erscheinenden Förderatlas vorlegt, schaut die Öffentlichkeit meist vor allem auf eine Zahl: Wer steht oben auf der Liste, wo wird am meisten geforscht, wohin fließen die meisten Millionen? Wie bei der Exzellenzinitiative (s. S. 12) finden sich in dem 2018 veröffentlichten Werk Berlin und München an der Spitze. Das liegt natürlich an – im Zeitraum 2014 bis 2016 – vier geförderten Exzellenz-universitäten nebst Clustern und Graduiertenschulen, aber auch an einer Reihe weiterer Hochschulen und Universitäten sowie an diversen außeruniversitären Einrichtungen in München und Berlin.

Ein weiterer Grund ist, dass an beiden Orten besonders häufig im Verbund geforscht wird: Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und die Freie Universität Berlin werben mit 170 beziehungsweise 155 Millionen Euro bundesweit die meisten Mittel mit einrichtungsübergreifenden Anträgen ein.  In absoluten Zahlen sind sie damit Spitzenreiterinnen. Im Verhältnis zu ihrer Gesamtförderung hat die Technische Universität Chemnitz die Nase vorn; zwei Drittel der Fördergelder fließen dort in Kooperationsprogramme. Auf den Plätzen 2 und 3 liegen die Universität Kiel und die Universität Bonn.

Das geht aus einer gesonderten Betrachtung des DFG-Förderatlas 2018 hervor, die der Stiftverband für die Deutsche Wissenschaft erstellt und der DUZ vorab zur Verfügung gestellt hat. Laut diesem geht nahezu jeder zweite Fördereuro schon auf den ersten Blick in kooperative Forschungsvorhaben: Mit rund 3,4 jener 7,3 Milliarden Euro, die in Hochschulen fließen, werden sogenannte „einrichtungsübergreifende Kooperationen“, also Anträge von Wissenschaftlern verschiedener Institutionen, bewilligt. Nur 1,6 Milliarden gehen an „einrichtungsinterne Programme“; 2,35 Milliarden an Einzelförderungen, die ebenfalls häufig von Wissenschaftlern gestellt werden, die nicht an einem Ort sind. Den Löwenanteil der Kooperationen machen die Sonderforschungsbereiche aus – die zudem deutlich machen, dass Kooperation nichts Neues ist: 2018 begingen sie ihren 50. Jahrestag.

Ziel der „Sonderauswertung Förderung einrichtungsübergreifender Kooperationen“ ist, den Blick für die Rolle der kooperativen Forschung zu schärfen. Wissenschaftlicher Fortschritt sowie die Bewältigung „komplexer gesellschaftlicher Herausforderungen“ könnten häufig nur durch „eine Bündelung von Kompetenzen und Ressourcen erreicht werden“, erklärt der Stifterverband, der dafür bekannt ist, dass er Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft ins Zentrum stellt. Das ist in diesem Fall anders – der größte Anteil der Ko-Forschung findet in verschiedenen Hochschulen oder mit außeruniversitären Instituten statt.

Allerdings ist die Frage, wer mit wem kooperiert nach Erkenntnissen des Stifterverbandes gar nicht zentral: „Die Homogenität der Partner ist kein entscheidender Faktor für mehr Erfolg. Umgekehrt ist auch der Misserfolg von Kooperationsprojekten multikausal“, erklärt Nick Wagner, Programmmanager im Hauptstadtbüro des Stifterverbandes. Das ist eins der ersten Ergebnisse eines „Future Labs“, das der Verband Ende 2018 mit der Heinz Nixdorf Stiftung und vom Bundesforschungsministerium gefördert startete. Ein Jahr lang nehmen Vertreter von acht Hochschulen, inklusive kooperierender Kollegen, in fünf Modulen Kernthemen der Zusammenarbeit unter die Lupe; von der Frage, was die gemeinsame Arbeit motiviert, bis zur Gestaltung von Kooperationsstrukturen. Zur Bewerbung eingeladen waren Hochschulen, die in einem oder mehreren Forschungsvorhaben Handlungsbedarf sehen und diesen im Vorfeld beschreiben sollten.

Aus der Sichtung von rund 50 Bewerbungsunterlagen und nach den ersten Labor-Wochenenden ist nun das erste „Kooperationsgovernance“-Diskussionspapier entstanden. Dieses benennt typische Herausforderungen und verknüpft diese mit möglichen Handlungsstrategien. Zu Problemen zählen erstens im Vorfeld nicht konkret definierte Ziele der Partner, zweitens die Arbeit in ungeeigneten Kooperationsformaten. Letztere reichen von agilen Netzwerken über komplexe Verbundstrukturen bis zu hochschulübergreifenden Einrichtungen, sagt Wagner, und erforderten in Auswahl wie Umsetzung schnell Spezialwissen, etwa dazu, was sich wofür mehr oder weniger eigne.

Als drittes Feld potenzieller Stolpersteine hat das „Future Lab“ unterschiedliche Kulturen identifiziert, und zwar nicht interkulturelle, sondern betriebsinterne. „Selbst innerhalb einer Hochschule gibt es oft ganz verschiedene Kommunikations- oder Führungsstile“, so Wagner, „in einer häufig stark E-Mail-basierten Zusammenarbeit führt das schnell zu Missverständnissen.“ Viertens ist das weite Feld von Ressourcen entscheidend für den Erfolg einer Kooperation. Damit gemeint ist nicht nur die Frage der finanziellen Ausstattung, sondern etwa auch jene, wie Erträge geteilt und der Zugang zu Laboren, Arbeitsplätzen oder Kinderbetreuung an der jeweils anderen Einrichtung geregelt werden. 

Alle Probleme werden begleitet und damit verschärft durch das häufige Fehlen hochschulinterner Unterstützungsstrukturen – je weniger etabliert die Kooperation, desto stärker. Während es in Sonderforschungsbereichen Verwaltungsstellen gibt, ist das in weniger umfangreichen Kooperationsvorhaben oft nicht der Fall. „Und wenn ein Wissenschaftler, der jahrelang vor allem geforscht hat, plötzlich ein 30-köpfiges Team zu strukturieren hat, braucht er Unterstützung“, konstatiert Wagner.

Mehr dazu

siehe www.stifterverband.org/futurelab/kooperationsgovernance

Fördermittelbewilligungen der DFG

Insgesamt belaufen sich die Förderbewilligungen der DFG für Hochschulen auf 7,3 Mrd. Euro im Zeitraum 2014 bis 2016.
Knapp 5 Mrd. Euro fließen in die koordinierten Programme der DFG und die Exzellenzinitiative. Davon entfallen 1,6 Mrd. Euro auf einrichtungsinterne Förderungen und 3,4 Mrd. Euro auf Anträge von Wissenschaftlern von mehreren Einrichtungen (einrichtungsübergreifende Kooperationen).
Die Einzelförderung der DFG hat ein Volumen von 2,4 Mrd. Euro. Auch bei der Einzelförderung können Wissenschaftler mehrerer Hochschulen Anträge stellen, dies ist hier allerdings nicht erfasst.



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