Freiwillige vor!
Allen Unkenrufen zum Trotz zeigen Studien: Von einer Krise des Ehrenamts kann in Deutschland nicht die Rede sein. Doch in Hochschulen kommen erst wenige ehrenamtliche Helfer zum Einsatz. Es könnten mehr sein. Damit sie auch an den Unis effektiv mitarbeiten könnten, müssten sie professionell betreut werden.
Die Gäste sind gut gelaunt. Man stößt an, und die Führung durch die Medici-Ausstellung in Mannheim findet allgemeine Begeisterung bei den etwa 60 Geladenen: Ehemalige und Studierende der Universität Mannheim. Organisiert hat den Abend der Alumniverein Absolventum der Uni. „Die Einladung zu der Ausstellung war unser Dankeschön für den ehrenamtlichen Einsatz unserer Alumni als Mentoren“, sagt Geschäftsführer Christian Haas.
An die 600 Mentoring-Paare aus Ehemaligen und Studierenden aller Fachbereiche hat der Verein in den vergangenen Jahren zusammengebracht. Die Mentoren, die zum Teil in den Chefetagen großer Unternehmen sitzen, übernehmen ehrenamtlich Aufgaben, für die Professoren und studentische Tutoren keine Zeit haben. Zudem ergänzen sie die Arbeit des Career Service der Uni: durch Vermittlung von beruflichem Knowhow und Kontakten oder mit Tipps bei der Suche nach Praktikumsplätzen. „Dazu veranstaltet unser Verein an der Uni Info-Abende und Kick-Off-Veranstaltungen, bei denen auch die Mentoren einander kennenlernen, um sich später über ihre Erfahrungen austauschen zu können“, sagt Haas. Wichtig sei: Nicht nur die Studierenden, auch die ehrenamtlichen Helfer sollten sich in ihrer Aufgabe wohlfühlen.
Weniger Gewicht als in den USA
Zwar hat ehrenamtliches Engagement in Deutschland nicht die gleiche Bedeutung wie etwa in den USA. Dort unterstützt der Staat viele Einrichtungen – inklusive des Hochschulsystems – finanziell gar nicht oder nur wenig. Doch die im Sommer veröffentlichte Studie „Zivilgesellschaft in Zahlen“ (ZiviZ), in Auftrag gegeben vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der Bertelsmann Stiftung und der Fritz Thyssen Stiftung, zeigt, dass die meisten (69 Prozent) der befragten rund 4000 deutschen Organisationen und Vereine keine Probleme haben, genug Freiwillige zu finden. Von der Krise des Ehrenamts in Deutschland kann also nicht die Rede sein. Allerdings: Ausgerechnet an den finanzschwachen deutschen Hochschulen ist der Einsatz von Ehrenamtlichen, vorzugsweise Alumni und Studierende, unterentwickelt. Während es in den USA üblich ist, Alumni auch bei der Studierendenauswahl einzusetzen, hinken die staatlichen deutschen Unis diesbezüglich hinterher – abgesehen von den recht verbreiteten Mentoring-Programmen.
Privathochschulen wie die Jacobs University in Bremen oder die Zeppelin Universität in Friedrichshafen dagegen setzen regelmäßig Freiwillige ein. An der Zeppelin Uni sind die Alumni fester Bestandteil der Jury bei der Studierendenauswahl. Die Jacobs University wiederum kann in ihrem Student Service Center auf den Einsatz von gut einem Dutzend Bremer Bürger zählen. Die Ehrenamtlichen helfen den internationalen Studierenden dabei, den Kulturschock im fremden Land zu verdauen und sich im norddeutschen Alltag zurecht zu finden. Andere Helfer betreuen unentgeltlich ein Gastfamilien-Projekt, das Studierende an Bremer Familien vermittelt.
Koordiniert wird dies in der Abteilung „Campus Life“ der Privathochschule. Die Uni managt den Einsatz professionell: Einmal im Monat treffen sich die Hochschul-Mitarbeiter mit den Ehrenamtlichen. „Dann besprechen wir, was in den letzten Wochen passiert ist, ob es irgendwo Probleme gegeben hat und wo wir vielleicht noch Unterstützung brauchen“, sagt Jutta Eckhoff, eine der Helferinnen. Die Uni revanchiere sich für den Einsatz jedes Jahr unter anderem mit einem Ausflug für alle Helfer.
Dass staatliche Universitäten nicht stärker auf solche Unterstützer zurückgreifen, liegt vermutlich an der Größe einer Hochschule. Die fast unübersichtlich vielen Einrichtungen und Programme auf dem Campus erschweren offenbar den koordinierten Einsatz. „An großen Hochschulen lassen sich die Bedürfnisse oft viel schwerer ermitteln“, bestätigt Haas vom Alumni-Verein „Absolventum“. Er erinnert sich an ein Beispiel: Das Welcome Center der Uni Mannheim suchte dringend Paten für die Betreuung ausländischer Studierender, sei aber damit nicht an „Absolventum“ heran getreten. Der Verein habe nur zufällig davon erfahren. „Die Mitarbeiter des Welcome Centers haben sich natürlich gefreut, dass wir ihnen dann ein paar Alumni als Unterstützer vermitteln konnten“, erinnert sich Haas, „heute sind wir gut vernetzt“.
Es braucht eine zentrale Stelle, die die Bedürfnisse der einzelnen Fachbereiche bündelt, Absolventen-Vereine oder Bürgerstiftungen kontaktiert und vermittelt. Dafür fehlt oft das Geld. Und manchmal auch die Bereitschaft. Christian Kramberg, Sprecher des bundesweiten Dachvereins alumni¬clubs.net, sagt: „An den Universitäten bleibt man lieber unter sich und greift bei Hochschulangelegenheiten ungern auf Externe zurück – selbst wenn sie Alumni sind.“ Ein anderes Problem sei die Bürokratie: „Vielfach ist unklar, inwieweit ein ehrenamtlicher Helfer zum Beispiel gegen Unfälle versichert ist.“
Sicherlich würden genug Helfer gefunden werden, um beispielsweise einen Hörsaal zu renovieren. „Aber weil sie dabei von der Leiter fallen könnten, ist das versicherungstechnisch heikel“, sagt Kramberg. Zudem ist Helfer nicht gleich Helfer. Wer Ehrenamtliche einsetzt, „muss Kompetenz, Zeit und auch etwas Geld in eine sorgfältige Auswahl, in die Vorbereitung und in die Begleitung investieren“, sagt Heinz Janning, Geschäftsführer der Beratungsagentur für Bürgerschaftliches Engagement „Option BE“. Als Beispiel nennt er Mentoring. „Dabei ist es ratsam, einen noch unerfahrenen Mentor durch einen erfahrenen im Tandem begleiten zu lassen“, sagt Janning, der einen Kurs für Management im Ehrenamt gibt – derzeit der einzige seiner Art in Deutschland (s. Infokasten). Mitarbeiter von Hochschulen haben bisher noch nicht teilgenommen, sagt Koordinatorin Prof. Dr. Doris Rosenkranz von der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg. Ihre Hochschule geht mit gutem Beispiel voran: Die zentrale Studienberatung bildet Studierende zu Online-Studienberatern aus, die ehrenamtlich stundenweise im Chat Fragen von Schülern oder Studierenden beantworten. Dafür lernen sie beispielsweise die richtige Art der Ansprache – Fähigkeiten, von denen sie nicht nur im Ehrenamt, sondern auch später im Beruf profitieren, sagt Marina Helbig, Leiterin der Studienberatung in Nürnberg.
Kurs: Ehrenamtliche richtig führen
Kurs: Ehrenamtliche richtig führen
Die Fortbildung richtet sich an Mitarbeiter sozialer Einrichtungen oder Institutionen, die Ehrenamtliche anleiten und integrieren wollen. Der Kurs ist berufsbegleitend. Innerhalb von zehn Monaten finden sieben zweitägige Workshops in Nürnberg statt. Die Themen reichen von Ehrenamtliche gewinnen über Versicherungschutz bis zu Grundlagen der Evaluation.
Der Veranstalter ist die Hochschul-Kooperation-Ehrenamt. Partner sind die Technische Hochschule Nürnberg und die Evangelische Hochschule Nürnberg.
Die Kosten betragen 1450 Euro. Der nächste Kurs startet im Februar 2014.
Anmeldung unter: www.hochschul-kooperation-ehren-amt.de
DUZ Magazin 01/2014 vom 20.12.2013