Impulsgeber, Referenz und Lehrmeister
Das Portal e-teaching.org hat nach Internet-Maßstab ein hohes Alter erreicht: Zehn Jahre ist es jetzt. Von Experten gemacht, richtet es sich explizit auch an Einsteiger. Das scheint zu gelingen.
Tübingen Wer zum ersten Mal auf die Internetplattform www.e-teaching.org surft, erkennt sofort: Dort sind Experten am Werk. Jede Menge Fachbegriffe und Kürzel sind auf den Seiten zu finden. Sie reichen von A wie A/V-on-Demand bis Zope wie Z Object Publishing Environment. Fachleute kann das nicht abschrecken. Doch was ist mit den Dozenten, Hochschullehrern und Wissenschaftsmanagern, die sich gerade erst einarbeiten ins eLearning-Metier? Auch an sie ist gedacht. Ein Glossar, von der Startseite aus direkt anzusteuern, erklärt in einfachen Worten und Sätzen, was jeweils hinter den Begriffen steckt.
Bei Zope etwa handelt es sich um einen Webanwendungsserver, der in der Programmiersprache Python geschrieben wurde. Und A/V-on-Demand ist nichts weiter als die Kurzformel für das Herunterladen von Audio- respektive Videomaterial zu einem vom Benutzer spezifizierten Zeitpunkt. Es dürften Funktionen wie das Glossar sein, die das Portal bei Dozenten und Wissenschaftsmanagern beliebt macht. Vor zehn Jahren gegründet, dient es einerseits Experten als Impulsgeber beim Einsatz digitaler Medien an Hochschulen. Andererseits bietet es Einsteigern ein Geländer in die Welt der Onlinelehre.
Geschaffen wurde das Portal als ein Drittmittelprojekt vom Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen. Damals, im Jahr 2003, war nicht absehbar, wie dynamisch sich eLearning tatsächlich entwickeln würde. „Ziel war, mit einem breiten Informationsportal für die Hochschulen Einstiegshürden abzubauen. Das Angebot sollte einerseits niedrigschwellig sein und andererseits auch Experten ansprechen. Wichtig war, dass es anpassbar an die verschiedenen Bedürfnisse der Akteure auf unterschiedlichen Handlungsebenen ist“, erklärt Dr. Anne Thillosen, Co-Leiterin des Projekts und verantwortlich für die konzeptionelle Weiterentwicklung des Portals.
Die ersten zwei Jahre finanzierten die Heinz-Nixdorf-Stiftung und die Bertelsmann-Stiftung. In der nunmehr vierten Projektphase wird das Portal unter anderem durch die Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie die Virtuelle Hochschule Bayern unterstützt. Wie viel Geld mittlerweile insgesamt in das Portal geflossen ist, wollen die Betreiber so wenig sagen, wie sie die Summe der jährlichen Betriebskosten nennen mögen. Die Finanzierungsfrage beantworten die Projektverantwortlichen lieber in Beschäftigtenzahlen:
„In den ersten Jahren wurde zum Aufbau des Portals aus Projektmitteln ein Team von jeweils fünf bis sechs wissenschaftlichen Mitarbeitern (im Umfang von 3,25 Vollzeitäquivalenten) finanziert, derzeit besteht das Team von e-teaching.org aus drei wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen (2,5 VZÄ) und einem Sekretariat (0,5 VZÄ)“, heißt es dazu. So dürr die Angaben zur aktuellen Finanzierung sind, so vage die Aussage zur Zukunft: „Nach der über zehnjährigen Förderung aus Drittmitteln unterschiedlicher Herkunft gibt es derzeit Überlegungen, mittelfristig eine dauerhafte Grundfinanzierung des Portals e-teaching.org anzustreben.“
Rund 70 offizielle Partnerhochschulen hat das Portal mittlerweile. Monatlich werden über 1,6 Millionen Seitenaufrufe gezählt. Und allein in der Rubrik „Notizblog“ wurde 2012 mindestens ein neuer Eintrag täglich veröffentlicht. Im Moment wird heftig über Moocs diskutiert, also über die Onlinekurse von Hochschulen, die weltweit Tausenden von Nutzern offenstehen. Doch die Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien in der Hochschule sind vielfältiger. Auf e-teaching.org plaudert die Szene über diverse Innovationen, testet sie aus und gibt die Erkenntnisse gleich weiter. „Ursprünglich wurden vor allem Internetseiten geschrieben und praxisorientierte wissenschaftliche Artikel zur Verfügung gestellt“, erinnert sich Thillosen. Heute gehe es vornehmlich um Hochschulprojekte, bei denen Podcasts, Blogs, Twitter, Webinare, E-Assesments oder Apps zum Einsatz kommen. Zwölf solcher ganz unterschiedlichen Lehrformate wurden Ende Juni während der Konferenz zum zehnjährigen Bestehen in Tübingen vorgestellt.
In dieser Form konkurrenzlos
Prof. Dr. Joachim Metzner, in der Hochschulrektorenkonferenz Vizepräsident für IT-Strukturen und Informationsversorgung, sagt über die Plattform: „Es ist ein überwältigendes Informations- und Supportangebot, das in dieser Form und didaktischen Aufbereitung konkurrenzlos ist.“ Um das Angebot wirklich optimal nutzen zu können, bräuchten etliche Hochschulen jedoch nicht nur virtuell, sondern am besten vor Ort Unterstützung. Etwa in Form von Medienzentren. Strategisch stünde das Thema eLearning bei der Mehrheit der Hochschulleitungen längst auf der Agenda, doch sei es „im Moment schwierig, zwischen modischen Themen und wirklich nachhaltigen Formaten zu unterscheiden“, sagt Metzner. Angesichts der Tatsache, dass an den Universitäten mittlerweile die erste Generation der sogenannten Digital Natives lernt – also all jene Studierenden, die mit dem Internet groß geworden sind –, müssten eLearning-Angebote weiterentwickelt werden. Metzner zufolge wäre es deshalb für das Portal wünschenswert, den Projektstatus zu verlassen, „um finanziell auf stabileren Beinen zu stehen“. Einflussreiche Fürsprecher gibt es also schon, nur gibt es auch Finanziers?
Holger Hansen
Digitale Lehrformate
„Frische Ideen kommen oft von Studierenden“
Die Ruhr-Universität Bochum gilt als Vorreiterin der Onlinelehre. eTutoring heißt eines ihrer Projekte. Fragen an den dafür zuständigen Wissenschaftsmanager Holger Hansen. Er leitet die Stabsstelle eLearning an der Ruhr-Universität Bochum.
duz: Worum geht es beim eTutoring an Ihrer Universität?
Hansen: Wir sind davon ausgegangen, dass Studierende eigentlich diejenigen sind, die am besten wissen, welche eLearning-Formate gut funktionieren und welche nicht. Deshalb qualifizieren wir einige in den Bereichen Technik, Didaktik und Beratungskompetenz. Ziel ist, dass sie dann in Zweierteams gemeinsam mit einen Dozenten eine eLearning-gestütze Lehrveranstaltung durchführen und evaluieren. Gerade frische Ideen, wie etwa, eine Lehrveranstaltung mit einem Diskussionsforum, einem Wiki oder Onlinetests zu begleiten, kommen oft von Studierenden. Im Rahmen des Projekts erhalten sie zudem anrechenbare Kreditpunkte für ihr Studium.
duz: Wie wird das Projekt finanziert?
Hansen: Zuerst aus den Studienbeiträgen, die in Nordrhein-Westfalen inzwischen abgeschafft wurden. Jetzt bekommen wir vom Ministerium dafür Kompensationsmittel. Das eTutoring-Projekt konnten wir in gleichem Umfang fortsetzen. Es wurde verstetigt und ist kein Miniprojekt mehr, das irgendwann ausläuft.
duz: Nutzen Sie das Portal e-teaching.org?
Hansen: Das Portal ist so gut aufbereitet, dass diejenigen, die sich vertieft mit eLearning auseinandersetzen, viel rausziehen können. Aber es ist auch so gestaltet, dass Einsteiger erfahren, was eLearning alles machen kann. Deshalb ist es für all unsere Dozenten und Studierenden vom eTutoring-Projekt eine super Anlaufstelle.
Internet: www.rubel.rub.de
DUZ Europa 06/2013 vom 12.07.2013