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Kolumnist Karl-Heinz Reith zu den Corona-Hilfsprogrammen für Wissenschaftler und Studierende

Die Bundesregierung hilft befristet angestellten Wissenschaftlern und Doktoranden wie auch Studierenden. Doch die Corona-Krise macht deutlich: Grundlegender Reformbedarf bleibt auf der Tagesordnung.

Alles sollte sehr schnell gehen: keine langwierigen Gesetzesberatungen, keine Anhörungen im Parlamentsausschuss, stattdessen nur schriftliche Stellungnahmen von Rektorenkonferenz, Forschungsorganisationen, Gewerkschaften und Studentenwerk. Das Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz der Bundesregierung ist eine pragmatische Lösung und wird deshalb überwiegend begrüßt. Es ermöglicht Instituten wie Hochschulen, befristete Arbeitsverträge bei pandemiebedingten Einschränkungen des Forschungs- wie Lehrbetriebs zu verlängern, auch über die bisher geltende Höchstgrenze im Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) hinaus. Und auch für Doktoranden, denen aktuell der Zugang zum Labor oder zu Forschungseinrichtungen erschwert ist, kann die geförderte Qualifikationsphase entsprechend verlängert werden.

Doch sind dies nur „Kann“-Regelungen. Sie obliegen dem Ermessen der Hochschulen und Institutsleitungen – oder der Stipendiengeber. Rechtssicherheit für die Betroffenen sähe anders aus. Eine Reform des WissZeitVG und eine wissenschaftsadäquate Anpassung an die Grundsätze des deutschen Arbeitsrechts sind mehr als überfällig.

Nicht viel anders sieht es beim Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) aus. Die letzte große Reform war 2002. Mehrfach wurden danach fällige Erhöhungen über Jahre hinweg ausgesetzt oder es gab nur unzureichende Anpassungen an die gestiegenen Miet- und Lebenshaltungskosten. Besonders wirkte sich dies bei den Elternfreibeträgen aus. Sie hinkten stets der allgemeinen Lohn- und Preisentwicklung hinterher. 2014 versprach die damalige Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) mit ihrer BAföG-Novelle 100 000 Schüler und Studierende zusätzlich zu fördern. Zum Ende ihrer Amtszeit im Herbst 2017 waren es jedoch 100 000 weniger.

Zwei Drittel der Studierenden jobben heute neben ihrem Studium. Seit Jahren wird beim BAföG über ein Mittelstands-Förderloch geklagt – ohne dass dies bisher politisch Folgen zeitigte. Betroffen sind vor allem Studierende aus Elternhäusern mit mittlerem Einkommen, die wegen unzurei- chend erhöhter Elternfreibeträge lediglich Anspruch auf BAföG-Teilförderung haben, ihre Eltern aber nicht über Gebühr belasten wollen. Sie trifft ein Jobverlust jetzt besonders hart – erst recht, wenn ihre Eltern aktuell auch Kurzarbeit in Kauf nehmen müssen. Hinzu kommt das Problem der hohen Mieten in vielen Hochschulstädten. Zwar wurde 2019 der im BAföG enthaltene Wohnkostenzuschuss von 250 auf 325 Euro erhöht. Doch die für die Unterhaltsleistungen vieler Eltern bundesweit verbindliche Düsseldorfer Tabelle veranschlagt für die Miete von Studierenden inzwischen einen Betrag von 375 Euro – also monatlich 50 Euro mehr.

Angesichts der Corona-Krise und des Jobverlustes vieler Studierender haben Rektorenkonferenz, Gewerkschaften, Jugendverbände, Studentenwerk, der Koalitionspartner SPD und Teile der Opposition eine Öffnung des BAföGs verlangt – wenn auch mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen. Doch für eine Gesetzesänderung braucht es mehr Zeit und es ist kein Geheimnis, dass das Studenten-BAföG in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nur wenige Freunde und Unterstützer hat. Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sieht lieber mehr junge Menschen in beruflichen Bildungsgängen als im Studium. Die in der Koalition beschlossene Kreditlösung für notleidende Studierende greift nun schneller. Und die zusätzlich 100 Millionen Euro für die Nothilfefonds der 53 Studentenwerke sind mehr als nur ein politisches Trostpflaster für die SPD. Gleichwohl: Die grundlegenden BAföG-Probleme bleiben auf der Tagesordnung, ebenso die Tatsache, dass die BAföG-Höchstdauer auch ohne Corona-Krise längst nicht mehr der Studienrealität entspricht.

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