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Universelle Wissenschaft statt Forschung für die Wirtschaft

Nicht Marktreife muss das wichtigste Ziel von wissenschaftlicher Innovation sein. Wissenschaft sollte sich vielmehr konsequenter den Fragen von Nachhaltigkeit und Klimaschutz stellen.

Dieser Artikel ist in DUZ Wissenschaft und Management in der Rubrik "Reflexionszeit" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Auf einer Veranstaltung an einer technischen Universität erfuhr ich jüngst, dass dort eine GmbH eingerichtet wurde, deren Ziel es ist, Forscherinnen und Erfinder im gesamten Innovationsprozess von der Idee bis zur marktreifen Technologie zu beraten. Interessierten Unternehmen soll ein direkter Zugang zur Forschungs- und Innovationslandschaft der betreffenden Universität ermöglicht werden. Die Universität hat dafür eine strategische Partnerschaft für gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit einem internationalen Energieunternehmen geschlossen. Das Konzept zielt darauf ab, unternehmerisches Denken und Handeln zu einem zentralen Bestandteil der Kultur dieser Universität zu machen.

Als Berater für Wissenschaftsorganisationen frage ich mich nun: Soll man die Universität dazu beglückwünschen? Nach reiflicher Überlegung meine ich: Nein. Inzwischen ist deutlich geworden, welche fatalen Auswirkungen die rein marktgesteuerte Anwendung naturwissenschaftlich-technischer Innovation auf die Umwelt, auf die menschliche Gesundheit, allgemein auf die natürlichen Grundlagen allen Lebens haben kann. Ein aktuelles Dokument dazu ist der „Sixth Global Environment Outlook“ (GEO-6) der Vereinten Nationen.

Markt verlangt, dass mit Innovation im Interesse der Unternehmerinnen und Investoren Gewinn erwirtschaftet wird. Aspekte der Verträglichkeit stehen zurück. Betrachten wir einmal eine bereits „uralte“ technische Innovation, die Verbrennungskraftmaschine. Zuerst als Dampfmaschine, später als Verbrennungsmotor in die Welt gekommen, ist sie ein bewundernswertes Ergebnis von Bemühungen des menschlichen Geistes. Und für sich harmlos. Ihre massenhafte marktgesteuerte Anwendung jedoch erzeugt Probleme. Denn es handelt sich um einen Apparat, dessen Prinzip es ist, beschränkt verfügbare mineralische Rohstoffe in Abgase zu verwandeln, die die Natur und die Gesundheit schädigen. Indem man Verbrennungskraftmaschinen in Fahr- und Flugzeuge einbaut, entstehen weitere Probleme, wie die maßlose Versiegelung von Naturflächen zur Gewinnung von Roll(Fahr)bahnen, die Absonderung von Mikroplastik von den Reifen und schließlich das Problem, solche Fahrzeuge zu entsorgen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.

Ich bin der Meinung, dass Wissenschaft das integrale Ziel haben sollte, die Folgen der Vermarktung von Innovation im Voraus zu analysieren und öffentlich zu machen. Dies verlangt einen interdisziplinären Ansatz. Beispiel: Biologinnen und Mediziner sollten sich mit dem befassen, was Maschinenbauerinnen und Elektrotechniker an Innovationen hervorbringen, bevor diese in den Markt gelangen. Jede wissenschaftliche Hochschule, die den Anspruch hat, „Universität“ zu sein, also Wissenschaft universell zu betreiben, täte gut daran, eine kraftvolle interdisziplinäre Institution zur präventiven Innovationsbewertung einzurichten, statt sich allzu sehr an den Interessen von Wirtschaftsunternehmen auszurichten.

WERNER WEBER ist Maschinenbauingenieur und war Leiter des Dezernates für Internationale Hochschulbeziehungen der RWTH Aachen. Er ist freier Berater für Hochschulcoaching.

www.hochschulcoaching.de

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