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Ich schaffe meine Arbeit nicht

„Ich leite ein bekanntes Institut, unerwartet wurden nun kurz hintereinander mehrere Forschungsprojekte bewilligt. Ich bin mit einer wichtigen Publikation arg in Verzug, die Keynote für nächste Woche ist auch noch nicht fertig. Im Posteingang quillt es, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin ist krank, seit Wochen sind wichtige E-Mails unbeantwortet. Ich fühle mich unfähig als Führungskraft. Jetzt muss ich auch noch für meinen Vater kurzfristig ein Pflegeheim suchen – was kann ich tun“, fragt eine Wissenschaftlerin.

Coach Monika Klinkhammer antwortet:

Das ist wirklich viel auf einmal. Bewahren Sie Ruhe! Verdichtete Arbeitszeiten und Phasen der Überlastung kommen immer wieder vor, gerade bei Personen mit hoher Leistungsmotivation. Unterbrechen Sie kreisende Gedanken und Ihre Arbeitsroutine, schaffen Sie als „Erste-Hilfe-Maßnahme“ sofort räumliche und zeitliche Distanz, besinnen Sie sich bei einem Spaziergang oder Tee. Erlauben Sie sich zwei Tage oder ein Wochenende als wirkliche Auszeit, um neue Energie zu schöpfen. Machen Sie dazu einen ersten ad-hoc-Notfallplan: Was muss (von wem) heute noch getan, delegiert oder kommuniziert werden, damit für mich oder mein Institut über das Wochenende kein (gravierender) Schaden entsteht?

Planen Sie für Montag Zeit ein, um Ihre Prioritäten neu zu setzen. Verschaffen Sie sich einen ersten Überblick: Was ist wichtig, dringend, was mache ich zuerst, was kann delegiert, verschoben oder gecancelt werden? Ist jetzt die Konferenz oder die Stellenausschreibung wichtiger? Erlauben Sie sich, Ihrer Gesundheit höchste Priorität einzuräumen. Reflektieren Sie am Wochenende auch: Ist meine Überlastungssituation akut oder chronisch? Mute ich mir zu viele Projekte und Aufgabenbereiche zu? Wann und wie kann ich langfristige Strategien zur Entlastungen und Neuoranisation meiner Arbeitsbereiche angehen? Wie gewinne ich meine volle Handlungsfähigkeit zurück, wann lade ich meine „Batterie“ wieder auf? Kommunizieren Sie am Montag die neu gesetzten Prioritäten. Prioritäten zu setzen oder Termine abzusagen, zeugt von Führungsstärke, nicht von Schwäche.​

Reichen zwei Tage nicht, ziehen Sie sich eine Woche – notfalls auch länger – raus, lassen Sie sich u. U. krankschreiben. Wiederholen Sie die Notfallplanung – nun für eine Woche oder einen ggf. längeren Zeitraum: Was kann mein Team erledigen, wer vertritt die WiMi, was muss abgesagt werden? Setzen Sie Prioritäten im „Kerngeschäft“, delegieren Sie konkrete Aufgaben an Ihre Assistentin, WiMis und Postdocs. Bitten Sie externe Kooperationspartner um Verschiebung, sagen Sie Termine (Keynote?) ab. Regeln Sie Ihre eigene Vertretung. Führen Sie sich vor Augen, dass eine ggf. längere Ausfallzeit mittelfristig dem Erhalt Ihrer Arbeitsfähigkeit, Lebensqualität und Ihren Arbeitsergebnissen dient.

Kommunizieren Sie strategisch nach außen, dass eine Übergangszeit erforderlich ist, und bitten Sie um Verständnis, dass Anfragen erst später beantwortet werden können. Legen Sie bei einer längeren Auszeit oder einem Ausfall eine Ihre Reputation nicht gefährdende Sprachregelung für die interne und externe Kommunikation fest. Erfolge, akute Arbeitsverdichtung wegen kurzfristiger Projektbewilligungen, Personalsuche usw. können Kreativitätsauszeiten, Absagen, Verschiebungen begründen. Kommunizieren Sie intern ggf. auch private Anforderungen (Pflegeorganisation). Geben Sie dabei nicht zu viel aus Ihrem Privatleben preis, das macht Sie angreifbar! Bitten Sie Ihr Team um Unterstützung, Loyalität und Verschwiegenheit.

Kann langfristig ein Sabbatical oder eine drittmittelfinanzierte kreative Forschungsphase (Ausland?) Sie aus dem Alltagsgeschäft holen und zugleich eine Regeneration und Neuausrichtung ermöglichen? Oft höre ich: „Illusorisch, eine Auszeit oder ein Ausfall, das geht jetzt gar nicht!“ Was würde passieren, wenn Sie ungebremst so weiterarbeiten? Machen Sie sich bewusst, dass Sie –im Gegensatz z. B. zu einem unfallbedingten Ausfall – noch entscheiden und handeln können. Erlauben Sie sich also diese Regenerationszeit (oder „ordnen“ Sie sich diese bildlich gesprochen als „innere Vorgesetzte“ an). Welche Personen und Ressourcen gibt es in meinem beruflichen und privaten Umfeld, wer kann mich wobei unterstützen? Suchen Sie auch professionelle Beratung, Coaching und (haus-)ärztliche oder psychotherapeutische Unterstützung. Informieren Sie sich über das Burnout-Syndrom und (präventive) Gegenmaßnahmen. Verlangen Sie nichts Übermenschliches von sich und seien Sie freundlich zu sich selbst.

Literatur

Fengler, Jörg (2013): Burnout-Prävention im Arbeitsleben. Das Salamander-Modell. Stuttgart

Haller, Reinhold (2012): Delegieren. Haufe Verlag

www.coachingnetz-wissenschaft.de

Dr. Monika Klinkhammer arbeitet seit 20 Jahren als Coach, Lehrcoach, Supervisorin, Gestalt­therapeutin und Trainerin mit und für Professor/-innen, Neuberufene(n), (Nachwuchs-)Wissenschaftler/-innen aller Statusgruppen und Führungskräften. Sie leitet eine Supervisions- und Coachingweiterbildung an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin. Zudem ist sie Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner der duz ist.

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