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Rollenwechsel

Wird Open Access die Machtverhältnisse in der Wissenschaft verschieben? Befürworter setzen auf Chancen für Schwellenländer, Bürgerbeteiligung und gestärkte Autorenrechte. Kritiker fürchten eine Steuerung seitens Hochschulen, Förderorganisationen und Großverlagen darüber, auf welches Wissen die Öffentlichkeit Zugriff erhält.

Wie hältst du´s mit Open Access? Die Gretchenfrage, ob Publikationen generell frei und digital verfügbar sein sollten, spaltet die Wissenschaft. Einig sind sich weder Wissenschaftler noch Verlage, weder Wissenschaftstheoretiker noch Rechtsexperten. Befürworter sehen im freien Zugang ein Wissenschaftsideal verwirklicht. Schließlich betont die Academia stets mit dem Gleichnis von Zwergen, die auf den Schultern von Riesen stehen, dass die Beiträge einzelner Wissenschaftler auf vorheriger Forschung aufbauen.

Doch schon hier werden Kritiker einwenden, dass längst nicht mehr in jedem Fall auf Forschung zugegriffen werden kann. Großverlage wie Elsevier und Springer verlangten zu hohe Gebühren (laut Unibibliothek Erlangen bis zu 23 000 Euro pro Zeitschrift), weshalb nun auch die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen unter Federführung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Verhandlungen mit Elsevier als erstem Großverlag aufgenommen hat mit dem Ziel, deutschlandweite Lizenzverträge auszuhandeln, die auch Open-Access-Veröffentlichungen berücksichtigen sollen.

Der „offene Zugang“ erweist sich für Kritiker also eher als ein eingeschränkter. Und schnell wird eine Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit ausgemacht. „Den Autoren steht das Recht zu, selbst zu entscheiden, wo und wie sie publizieren“, meint Dr. Roland Reuß, Germanistikprofessor an der Universität Heidelberg und einer der bekanntesten deutschen Open-Access-Kritiker. Reuß möchte sich nicht vorschreiben lassen, Werke digital zu veröffentlichten. „Am Bildschirm lesen die Studierenden lange Monografien nicht, sie durchsuchen sie nur.“

Befürwortern zufolge sorgt Open Access für größere Gerechtigkeit, indem der Steuerzahler nicht zweimal zur Kasse gebeten werde, um Wissenschaftler zu finanzieren und dann, um die Publikationen kaufen zu können. Ob Open Access günstiger kommt, ist allerdings unklar. Es mangelt an Transparenz hinsichtlich der Summen, die Hochschulen an Verlage für klassische Subskriptionen und Open-Access-Gebühren zahlen sowie darüber, was Hochschulen für eigene Veröffentlichungen und Open-Access-Datenbanken ausgeben.

Befürworter halten Open Access nicht nur finanzpolitisch für fair – es könne gar zur Demokratisierung der Wissenschaft beitragen. „Ich glaube, dass Open Access an einigen Stellen eine faktenbasiertere Diskussion ermöglichen würde“, meint Markus Weißkopf, Geschäftsführer von „Wissenschaft im Dialog“. Er verweist auf den steigenden Informationsbedarf bedingt durch die steigende Anzahl an Akademikern in der Bevölkerung. Neben Wissenschaftsjournalisten und -bloggern würde vom freien digitalen Wissenszugang auch die Citizen-Science-Bewegung profitieren. „Bisher müssen Bürgerwissenschaftler für Publikationen teilweise über Bekannte an Universitäten oder illegale Datenbanken wie Sci-Hub gehen“, berichtet Weißkopf.

Befürworter der politischen Ebenen in Bund, Ländern und EU hingegen erhoffen sich von Open Access vor allem Innovations- und damit Wirtschaftskraft, auch in Schwellenländern. Den „Zugang zu Wissen als Grundlage für Innovation zu sichern“ gehört zu den Zielen der Digitalen Agenda 2014–2017, die die Bundesregierung im August 2014 vorgelegt hat.

Gleichfalls wie Befürworter berufen sich Open-Access-Kritiker auf Eckpfeiler der Demokratie. Sie sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr. Anders als das Subskriptionsmodell, das vom Zuspruch seiner Lesern mitgetragen wird, kommen bei Open-Access-Publikationen primär Hochschulen und Förderorganisationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Kosten auf. Entweder bezahlen sie (oder die Autoren selbst) die anfallenden Autorengebühren, welche die meisten Open-Access-Zeitschriften verlangen, oder sie stellen die Werke direkt auf einer eigenen Datenbank öffentlich zur Einsicht.

Totalitäre Tendenzen?

Reuß nun unterstellt Open Access totalitäre Tendenzen. „Wenn Gremien entscheiden, wird es bei gesellschaftskritischer Forschung sehr schnell zur Zensur kommen.“ Gerade für die Geistes­ und Sozialwissenschaften sieht Reuß schwarz. Den Rücken stärkt ihm Manfred Meiner, Geschäftsführer des kleinen geisteswissenschaftlichen Felix Meiner Verlags. Der Verleger zieht gar Parallelen zur DDR-Diktatur: „Mein Großvater hat den Verlag nicht 1951 von Leipzig nach Hamburg verlegt, damit wir jetzt wieder eine staatliche Publikationsunkultur bekommen.“ Die Angst vorm Untergang abseitiger Meinungen ist nicht unberechtigt. Denn das Verlagswesen konzentriert sich zunehmend auf Großverlage, mit denen nicht nur Nationallizenzen ausgehandelt werden sollen, sondern Hochschulen gerne auch Open-Access-Verträge abschließen.

Und doch existieren in den Geistes­ und Sozialwissenschaften bereits etliche Open-Access-Publikationen. Im Directory of Open Access Journals (DOAJ) sind aktuell 196 Zeitschriften aus der Philosophie vermerkt und 444 aus den Sprach­ und Literaturwissenschaften. Dazu gehört „Textpraxis: Digitales Journal für Philologie“, eine Zeitschrift von Promovierenden der Universität Münster. „Es ist uns wichtig, dass auch Leute ohne institutionelle Anbindung Zugang haben“, sagt Redakteurin Kerstin Wilhelms. Die Jahreskosten für das Journal belaufen sich auf 1000 bis 2000 Euro, die aus mehreren Unitöpfen stammen. „Worauf die Hochschule dabei genau achtet, wissen wir nicht“, sagt Wilhelms. Aber sie könne sich nicht vorstellen, dass nach politischen Botschaften in den Artikeln geschaut werde.

Laut einer Umfrage der Uni Utrecht begrüßen neun von zehn Wissenschaftlern in Deutschland Open Access. Nicht zuletzt auch in der Hoffnung, die eigene Reputation vorantreiben zu können: Gemäß einer internationalen Umfrage der britischen Verlagsgruppe Taylor & Francis aus dem Jahr 2014 verspricht sich ein Drittel der Befragten durch Open Access eine höhere Zitationsrate. Neuere Studien zeigen allerdings, dass freie Publikationen nicht generell öfter zitiert werden, höchstens zeitiger.

Für Kritiker ist der Zuspruch der Wissenschaftler ohnehin kein hinreichendes Argument. Reuß sieht darin nur das Resultat einer „Gehirnwäsche“. Für Verleger Meiner gilt auch das Argument der doppelten Bezahlung durch den Steuerzahler nicht: „Wir machen mehr, als einen Briefkasten zur Verfügung zu stellen, in den vorne Manuskripte eingeworfen werden und hinten Publikationen rauskommen.“

Autorenrechte? Autorenrechte!

Befürworter berichten jedoch, genau diese Erfahrung gemacht zu haben. Einer von ihnen ist Open-Access-Verfechter Dr. Klaus Graf, Historiker sowie Archivar an der Universität Aachen. „Vergleicht man Pre- mit Post-Print-Veröffentlichungen in den Naturwissenschaften, stellt man fest, dass die Verlage kaum etwas ändern“, sagt Graf. Wenn geisteswissenschaftliche Verlage demonstrieren wollten, dass sie einen Mehrwert leisten, sollten sie ebenfalls Autoren­ und überarbeitete Verlagsfassungen vergleichend zur Verfügung stellen. Für „völligen Schwachsinn“ hält Graf die Behauptung, dass durch Open Access Meinungen unterdrückt würden. Gerade in Zeiten des Internet könne man ja veröffentlichen, was man wolle.

Blogger Graf ist einer der Open-Access-Befürworter, die das Publikationssystem gerne umkrempeln würden durch ein Peer-Review-Verfahren, das Kommentareinladung an Leser einschließt, durch neue Reputationsmaßstäbe, welche die Resonanz Sozialer Medien berücksichtigen sowie durch die Umgehung eines traditionellen Verlagsfilters hin zu einer Nutzung von Portalen wie Academia und Researchgate, Blogs und Veröffentlichungen im Eigenverlag.

Gerade diese drastischen Vorschläge sind es jedoch, die bei Kritikern auf Widerwillen stoßen, insbesondere die Vorstellung, das eigene Werk unter Creative-Commons-Lizenzen zur Verfügung zu stellen, deren Urheber die Möglichkeit haben, einer Bearbeitung sowie kommerziellen Nutzung ihrer Werke zuzustimmen. Nach Ansicht von Urheberrechtsexperten stärkt Creative Commons die Autorenrechte, wohingegen ein Autor, der sein Werk bei einem Verlag veröffentlicht, danach meist nicht mehr frei darüber verfügen kann. Bei einer perio­dischen, mindestens zweimal im Jahr erscheinenden Sammlung, die zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln gefördert wird, garantiert das Urheberrecht ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht; für Monografien und wissenschaftliche Schriftenreihen beispielsweise gilt dies allerdings nicht.

Argwöhnisch wird von Kritikern auch beäugt, ob Autoren in Schwellenländern von Open Access tatsächlich profitieren. Eine 2009 in Science veröffentlichte Studie bestätigt zwar, dass Forscher in Schwellenländern verstärkt Open-Access-Publikationen zitieren, doch heißt das nicht, dass sie die Mittel hätten, Autorengebühren zahlen und Open Access publizieren zu können. Das gilt im Übrigen für alle finanzschwächeren Akteure.

Fest steht ebenfalls nicht, ob sich der von der Politik in Deutschland propagierte Wirtschaftsmotor Open Access letzlich nicht vielmehr zum Wettbewerbsnachteil auswächst, wenn hiesigen Verlagen Einnahmen wegbrechen, etwa durch in­ und ausländische Forschungsinstitutionen sowie die Privatwirtschaft. Mancher Arzt, Rechtsanwalt und Unternehmer liest Fachzeitschriften und zahlt dafür. „Durch Open Access bräuchten wir vielfältige Ausgleichszahlungen an die Verlage“, sagt Dr. Christian Sprang, Justiziar beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels und Professor für Medienmärkte. Die Wissenschaftsverlage im Börsenverein stehen Open Access ambivalent gegenüber: „Wir sind dafür offen, solange es als nachhaltiges Geschäftsmodell angeboten wird“, sagt Sprang und weist damit die üblichen Drittmittel-Förderungen für drei Jahre zurück.

Als Befürworter ohne Wenn und Aber demonstrieren jedenfalls Hochschulen mit ihren Ministerien sowie großen Wissenschaftsförderern den Schulterschluss. Baden-Württemberg verpflichtet Wissenschaftler seit 2014 gar per Hochschulgesetz zu Open Access. Ob dies jedoch mit der verfassungsrechtlichen Wissenschaftsfreiheit vereinbar ist, ist unter Juristen strittig. „Wissenschaftliche Publikationen lassen sich nicht einfach als Dienstwerke sehen, über welche die Hochschule bestimmen kann“, sagt Dr. Christian Birnbaum, Fach­anwalt für Verwaltungsrecht. Selbst ohne gesetzlich verankerte Pflicht kann de facto eine Pflicht entstehen, fürchten Kritiker.

Denn Drittmittelgeber machen Open Access immer häufiger zur Förderbedingung. Während die Volkswagen-Stiftung Open Access „erwartet“, behielt der britische Wellcome Trust laut einem Nature-Bericht 2013 in 63 Fällen Förderzahlungen ein, da nicht Open Access publiziert wurde. So sollen auch alle Publikationen aus dem EU-Förderprogramm Horizont 2020 bis zu diesem Zeitpunkt kostenfrei digital bereitgestellt werden.

Und Unterzeichner der Initiative Open Access 2020, die im Anschluss an die von der Max-Planck-Gesellschaft im Dezember 2015 ausgerichteten Berlin Open Access Conference startete, machen sich dafür stark, wissenschaftliche Fachzeitschriften auf Open Access umzustellen. Von deutscher Seite aus beteiligen sich große Wissenschaftsorganisationen wie HRK, DFG und Helmholtz-Gesellschaft. Derweil die DFG „Projektergebnisse möglichst auch Open Access verfügbar machen“ will, ohne dies jedoch systematisch zu überprüfen, verpflichtet die Helmholtz-Gesellschaft ihre Forscher zum digitalen Publizieren.

Worthülsen aus dem Ministerium

Das BMBF sieht in solchen Regelungen keinen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit und plant selbst, eine Open-Access-Klausel in ihre Förderbestimmungen aufzunehmen. „Open Access bedeutet keinen Zwang zur Publikation, sondern regelt die Art und Weise einer Publikation“, tönt es aus dem Pressereferat. Was nützt die Aussage? Schließlich kommt ohne zu publizieren kein Wissenschaftler weiter.

Der Soziologe und Bibliothekswissenschaftler Ulrich Herb bemängelt die Praxis der Drittmittelgeber aus anderem Grund. „Je häufiger Forschungsförderer Autorengebühren übernehmen, desto mehr erhöhen die Verlage diese Gebühren“, meint Herb. Durch bereitwillig bezahlte Autorengebühren könnten sich Verlage eingeladen fühlen, Quantität statt Qualität voranzutreiben. Stattdessen sollte laut Herb mehr Geld an Non-Profit-Portale fließen, etwa an die wissenschaftlicher Fachgesellschaften.

Angesichts all dieser offenen Fragen ist noch nicht entschieden, inwiefern Open Access die Machverhältnisse zwischen Wissenschaftlern, Hochschulen, Verlagen und Gesellschaft verschieben wird. Der Teufel bei dieser Gretchenfrage steckt im Detail. Wohl deshalb hat das BMBF die seit Langem angekündigte Open-Access-Strategie immer noch nicht verabschiedet und antwortet nur mit Worthülsen.

Dr. Georg Botz

„Das wäre eine Revolution für die Wissenschaftswelt“

MÜNCHEN Dr. Georg Botz von der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) begrüßt den Vorstoß des EU-Wettbewerbsrats in Sachen Open Access – und kritisiert, dass es in Deutschland noch keine konkrete Umsetzungs-Strategie gibt.

duz: Herr Dr. Botz, die MPG hat sich früh zum Prinzip „Open Access“ bekannt. Es dürfte Sie freuen, dass die Debatte in der jüngster Zeit an Fahrt aufgenommen hat.

Botz: In der Tat hat sich da einiges getan. Die „Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“, die 2003 verabschiedet wurde, hatte neben der MPG 18 weitere Unterzeichner. Mittlerweile finden sich in der Unterschriftenliste mehr als 560 Einträge. Ich begrüße es sehr, dass sich inzwischen nicht mehr nur Bibliothekare mit dem Thema beschäftigen, sondern auch Politiker.

duz: Dabei waren es auf europäischer Ebene nicht unbedingt die deutschen Politiker, die Open Access vorangebracht haben.

Botz: Für Schwung hat in diesem Jahr vor allem die niederländische EU-Ratspräsidentschaft gesorgt. Ich fand es beeindruckend, wie sehr die Niederländer bemüht waren, alle beteiligten Akteure mit ins Boot zu holen. Auch von den Briten gab es starken Zuspruch für Open Access. Dahinter steht auch eine ökonomische Überlegung: Vom freien Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen erwartet zum Beispiel die Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung Wettbewerbs­ und Innovationspotenzial – gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen, die sich den Zugang zu Wissen, das hinter Bezahlschranken versteckt liegt, oft nicht leisten können.

duz: Open Access mag wirtschaftsfreundlich sein; aber was hat die Wissenschaft davon?

Botz: Das bisherige Subskriptionsmodell basiert auf der künstlichen Verknappung des Zugangs zu Wissen. Forschungsarbeiten werden derzeit in tausenden Zeitschriften von hunderten Wissenschaftsverlagen publiziert. Sie sind nur denen zugänglich, die über ihre Bibliothek auf die entsprechenden Zeitschriften zugreifen können. Das Wissen liegt sozusagen in unzähligen Silos, die Zugangssysteme sind oft sehr un­übersichtlich. Dadurch wird nicht zuletzt interdisziplinäres Arbeiten erschwert. Der wissenschaftliche Diskurs lebt ja vom freien Austausch von Ergebnissen – je freier dieser Austausch vonstatten gehen kann, desto besser für die Wissenschaft.

duz: Der EU-Wettbewerbsrat fordert Open Access für alle Pub­likationen öffentlich finanzierter Forschungsprojekte bis 2020. Forschungskommissar Moedas sprach von einer „lebensverändernden“ Reform. Ist das nicht etwas viel Pathos?

Botz: Wenn es gelingt, bis 2020 die angedachten Veränderungen wirklich in die Tat umzusetzen, wäre das tatsächlich eine Revolution, jedenfalls für die Wissenschaftswelt. Die großen Wissenschaftsverlage müssten ihr Geschäftsmodell dann nämlich komplett ändern. Im Übrigen glaube ich, dass immer mehr Verlage diese neue Situation nicht als Bedrohung, sondern auch als Chance sehen. Immerhin finden sich ja schon heute Beispiele dafür, dass die Umstellung des Geschäftsmodells vom Subskriptionsmodell, bei dem die Leser zahlen, auf das Open-Access-System, bei dem Zeitschriften von der Produzentenseite finanziert werden, funktioniert.

duz: Wird der Forscher als Autor durch ein Open-Access-Publizieren nicht aber noch stärker in die Rolle des Geldbeschaffers gedrängt?

Botz: Für die Autoren selbst ändert sich kaum etwas. Nehmen Sie die wissenschaftliche Qualitätssicherung: Sie ist beim Subskriptionsmodell schon unabhängig von Finanzierungsmechanismen, und sie wird es auch unter Open-Access-Vorzeichen bleiben, weil sonst die Reputation der Zeitschrift schnell ruiniert wäre. Ein Wissenschaftler, der bislang seine Artikel in Zeitschriften mit Peer Review publiziert hat, wird das auch in Zukunft tun können. Die MPG setzt sich mit anderen Wissenschaftsorganisationen in Deutschland jedenfalls dafür ein, lediglich die Finanzierungsströme zu ändern und die zentralen Funktionalitäten der Zeitschriften zu erhalten.

duz: 2020 ist nicht mehr weit entfernt. Kaum vorstellbar, dass sich das Publikationswesen in Deutschland innerhalb von nur vier Jahren vollständig umkrempeln lassen wird.

Botz: Die Politik in Deutschland war bislang sicherlich nicht die Speerspitze bei der Umsetzung von Open Access. Das hängt aber auch damit zusammen, dass durch unsere föderale Binnenstruktur die Mühlen hierzulande etwas langsamer mahlen. Dennoch erwarte ich Veränderungen. Ich bin gespannt, wie sich das Bundesforschungsministerium zum Plan, EU-weit die offene Wissenschaft zu befördern, verhalten wird. Die umfassende Open-Access-Strategie für Deutschland, die vor zwei Jahren als Teil der „Digitalen Agenda“ der Bundesregierung angekündigt worden ist, liegt leider immer noch nicht vor. Ich hoffe, dass diese Strategie, wenn sie denn im Herbst veröffentlich werden sollte, das Attribut „umfassend“ auch wirklich verdient.

Das Interview führte Franz Himpsl (duz -Volontär)

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