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Unangenehm berührt

Viele Hochschulen sehen sich als Ort der reinen Wissenschaft und wollen nicht wahrhaben, dass es auch an ihnen Sexismus gibt. Sie gehen das Thema deshalb nur selten offensiv an. Dabei erleben Frauen hier Belästigungen aller Art und fordern eine neue Offenheit.

Für die Studierenden ist es ja schön, wenn ihr Professor nett ist. Aber was können sie tun, wenn er zu nett wird? Wenn er in der Prüfung den Arm um die Studentin legt. Den Besprechungstermin nach Hause verlegt. Sie zu küssen versucht. So erging es Regine Schulz (Name geändert). Sie wehrte ihn ab, drängte darauf, auf der professionellen Ebene zu bleiben – und stürzte ab. Der Prof richtete an sie von da an im Seminar die schwierigsten Fragen, setzte sie vor den anderen herab und wollte sie schließlich wegen eines Fehltermins von seiner Veranstaltung ausschließen. Aber er war der einzige Professor, der ihr Spezialgebiet unterrichtete. Eigentlich hatte sie ihre Abschlussarbeit bei ihm schreiben wollen. Was sollte sie tun?

Das ist eines der Probleme mit sexueller Belästigung an der Uni. Die Hierarchie. Die Abhängigkeit. Regine Schulz wandte sich an die Frauenbeauftragte. Und die kannte den Professor schon. Es war eine seiner üblichen Methoden, mit attraktiven Studentinnen umzugehen. Anbaggern und fallen lassen. Die Frauenbeauftragte schaltete den Dekan ein. Es gab Gespräche mit dem Professor. Eine Geldbuße und Auflagen: Die Frauenbeauftragte sollte nun an den Prüfungen teilnehmen. Seine Sprechstunde durfte er nur noch mit offener Tür halten, sodass die Sekretärin mithören konnte. Der Professor aber ist hartgesotten. Seine Sprechstunde hat er nun auf den Abend verlegt, da ist die Sekretärin nicht mehr im Büro. Das Problem ist nicht gelöst.
In der Prüfung, in der auch die Frauenbeauftragte gesessen hat, bekam Regine Schulz kaum einen Ton heraus. Sie unterbrach ihr Studium. Nun sucht sie gemeinsam mit der Frauenbeauftragten einen neuen Studienplatz an einer anderen Uni. Der Professor? Ist unkündbar.

Hunderte Twitter-Nutzer reagierten

Sexismus wird seit Jahresbeginn wieder öffentlich diskutiert, nachdem bekannt wurde, dass ein Politiker eine Journalistin sexistisch angebaggert hatte. Hunderte Twitter-Nutzer reagierten mit einem Aufschrei, beschrieben den sexistischen Alltag. Anne Will talkte darüber. Bei Günther Jauch rief Alice Schwarzer: „Die alte Kacke dampft immer noch!“ Und was passiert an den Hochschulen? Wo Tausende Studentinnen auf Kommilitonen, Dozenten und Professoren stoßen?
Nichts. Oder genauer: fast nichts. Auf dem Campus herrscht weitgehend Ruhe. Man lebt in der Welt der Wissenschaft, da hat das Private privat zu bleiben. Und Regine Schulz? Eine krasse Ausnahme? Wie steht es um sexuelle Belästigung, Stalking und sexuelle Gewalt an den deutschen Hochschulen? Die Ruhr-Uni Bochum wollte es bereits vor diesen Ereignissen genauer wissen und lancierte eine europaweite Onlinebefragung von Studentinnen, ergänzt durch Gruppeninterviews und Expertenbefragungen. 2012 wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Darin zeigt sich: Über die Hälfte der befragten Studentinnen, 55 Prozent, hatten während der Zeit ihres Studiums sexuelle Belästigung erlebt. Vor allem kamen ihnen Männer unnötig nahe, machten Kommentare über ihren Körper und pfiffen ihnen hinterher. Seltener waren Belästigungen wie Betatschen, Küssen, Verfolgen oder das Erzählen obszöner Witze. Ein gutes Fünftel, 22 Prozent, fühlte sich gestalkt, war also mit Anrufen, Drohungen und Auflauern konfrontiert. Sexuelle Gewalt im engeren Sinn, also erzwungene sexuelle Handlungen, erlebten 3,3 Prozent der befragten Studentinnen.

Die Erhebung spiegelt auch den gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema: So zeigte sich, dass die Studentinnen sexuelle Belästigung meist zu bagatellisieren versuchen. Sie hatten Angst, als prüde oder zickig zu gelten. „So wird die gesellschaftlich akzeptierte Bagatellisierung sexueller Belästigung internalisiert und die Betroffene traut ihren eigenen Gefühlen nicht“, heißt es in der Studie.
Dazu trägt auch bei, dass Belästigungen, Stalking oder sogar sexuelle Gewalt dort stattfinden, wo die Studentinnen sie nicht vermuten. Sexuelle Gewalt geschieht selten auf dem dunklen Parkplatz oder im Gebüsch, sondern meistens in der eigenen oder einer fremden Wohnung. Die Täter sind sehr oft Bekannte. Mehr als ein Viertel der Täter waren Partner, von denen sich die Frau getrennt hatte. Weitere 28 Prozent Bekannte oder Freunde.
Die Studie zeigte auch, dass der belästigende Professor ein Bild ist, mit dem die Studentinnen sehr viel Angst verbinden. Sie gehen davon aus, dass die Hochschule immer eher den Prof schützt, als ihnen zu glauben. Aber in der Praxis gingen 82 Prozent der Belästigungen, 90 Prozent des Stalking und 86 Prozent der sexuellen Gewalt von Kommilitonen aus.

Oft sind es charismatische Männer

Hochschülerinnen haben insbesondere mit Belästigungen zu kämpfen. Susanne Plaumann, stellvertretende Frauenbeauftragte der TU Berlin, hat einiges miterlebt: Studentinnen werden bis in Bibliotheken verfolgt. Studenten suchen auf Damentoiletten per Aushang nach „Musen“ oder filmen ihre Kommilitoninnen auf der Toilette durch ein Loch in der Trennwand oder unter der Wand hindurch mit dem Handy. Die Mathematiker machten einen Cartoonwettbewerb und es gewann das Bild eines Freiers, der eine Prostituierte fragte, was denn die Kurvendiskussion bei ihr koste.

„Und dann entsteht oft eine enorme Scham bei den Frauen.“

Aber Plaumann kennt auch die Dozenten, die ihre Macht missbrauchen. „Das sind oft charismatische Männer, sehr zugewandt, sehr beliebt,“ sagt sie. Die breiteten dann etwa ihre Scheidungsgeschichte vor der Studentin aus und suchten „Trost“. Für die Studentinnen „stürzen dann Götter vom Himmel“, sagt Plaumann. Sie mögen ihn doch eigentlich, aber diese Angebote in einer hierarchischen Beziehung führen zu einem Loyalitätskonflikt. „Und dann entsteht oft eine enorme Scham bei den Frauen“, hat Plaumann beobachtet.

Was tun die Frauenbeauftragten dann? Alarm schlagen? Den Fall öffentlich machen? Nein, sie tun eher das Gegenteil. „Ich mache systematisch die Fässer zu“, sagt Plaumann, „denn wenn der Fall publik wird, muss immer die Studentin es ausbaden.“ Der Professor sei unkündbar, die Studentin in der schwächeren Position. Auch, wenn die Uni etwas unternimmt, bleibt das immer leise. Einem Dozenten, der einer Transperson zwischen die Beine griff, um ihr Geschlecht „festzustellen“, wurde die Lehrbefugnis entzogen. Belästigenden Studenten kann Hausverbot erteilt werden. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, der seiner Studentin über Facebook erklärte, er sei jetzt im Partymodus und sie solle doch mal beschreiben, was sie anhabe, wurde mit einem ernsten Gespräch ruhiggestellt.

Ein männlich dominierter Raum

Gerade die Universität ist ein schwieriges Terrain, um Belästigungen und Sexismus anzusprechen, ist die Erfahrung von Sonja Weeber. Sie studiert Gender Studies an der Berliner Humboldt-Uni und vertritt in der studentischen Vertretung queer-feministische Interessen. „Die Universität ist ein männlich dominierter Raum,“ meint sie, „die Chefs sind meist männlich, die Prüfer sind meist männlich und das Klima ist so, dass über persönliche Probleme überhaupt nicht gesprochen wird.“ Wenn diese Menschen dann sexistische Sprüche von sich gäben, herrsche die Auffassung, dass eine Frau daraus bitte kein Problem zu machen habe. „Ich darf es nicht mal als belästigend empfinden“, meint Weeber. Ihre Uni will daran etwas ändern: Ende Juni organisierte sie eine Veranstaltung, bei der auch Sonja Weeber auf dem Podium saß: „Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt an der Hochschule ¬ (k)ein Thema?“ lautete der Titel.

Ein Tabu führt zum nächsten: Angst-Orte. Die neue Bibliothek der Humboldt-Uni in Berlin gilt als ambitioniert, aber voller verwinkelter dunkler Gänge, in denen man nicht einmal Handyempfang hat, erzählt Sonja Weeber. Wenn nun Studentinnen kommen und sagen, sie fühlten sich dort nicht wohl – wer nimmt das ernst? Weeber erzählt auch vom Uni-Wachschützer, der, statt Menschen zu helfen, diskriminierende Sprüche über Lesben oder Schwule mache. „Es herrscht keine Sensibilität. Es herrscht das Gegenteil“, sagt sie.
Die Ruhr-Uni Bochum, ein Ungetüm aus den Sechzigern mit sehr vielen dunklen Ecken, will demnächst umbauen und hat dafür alle Mitarbeitenden und Studierenden der Universität nach ihrem Sicherheitsgefühl und ihren Erfahrungen befragt. Im Herbst sollen erste Ergebnisse vorliegen.

„Ich hätte gedacht, dassreflektierte Studentinnen mit solchen Situationen offensiver umgehen.“

Vermeidungsstrategien sind die Folge, wenn Angst-Orte und Belästiger nicht offensiv angegangen werden, hat die Kriminologin Katrin List beobachtet: Manche Frauen gehen nicht zu bestimmten Lehrveranstaltungen, die am Abend stattfinden. Andere gehen abends nur noch in Begleitung auf den Campus. In schlimmen Fällen brechen Frauen auch das Studium ab. „Vermeidung ist es, was jungen Frauen in der Pubertät beigebracht wird“, meint List. Und formuliert zugleich ihr Erstaunen darüber: „Ich hätte gedacht, dass reflektierte Studentinnen mit solchen Situationen offensiver umgehen.“ Stattdessen seien die Frauen wenig informiert, würden die möglichen Ansprechstellen nicht kennen – und jede zweite mache sich selbst Vorwürfe. „In diesem Elfenbeinturm Uni herrscht der Diskurs, dass wir ja alle aufgeklärt sind. Das macht die Uni zu einem schwierigen Ort“, sagt List.

Auch Uschi Baaken, die Vorsitzende der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Universitäten (Bukof), hält die Uni für ein schwieriges Terrain. „Es gibt an der Uni genauso viel oder wenig sexuelle Belästigung wie in der Gesellschaft insgesamt“, ist ihre Einschätzung, „aber an der Uni ist so etwas stärker tabuisiert.“ Und so kann man sich auch nicht bei allen Hochschulen darauf verlassen, im Falle eines Falles gut betreut zu werden. „Es gibt Universitäten, die nicht einmal Ansprechstellen haben. Da versickert das Thema dann irgendwo“, sagt Baaken.

Unis wollen das oft nicht wahrhaben

Wie kommt es zu diesen Unterschieden zwischen den Universitäten? Starke Gender-Bereiche klären intern besser auf als kleine oder schwache. „Wenn dann noch eine offene Univerwaltung dazukommt, dann kann man kompetent Schutz gewähren“, sagt Baaken. Ihre Uni in Bielefeld hat angeregt, dass Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung und Gewalt als Kriterium für eine Zertifizierung aufgenommen werden. Unis, die nun das Gleichstellungssiegel „Total E-Quality“ beantragen, das eine Uni bekommt, die viel für die Geschlechtergerechtigkeit unternimmt, müssen nun auch Kompetenz in diesem Bereich zeigen.

Was tun? Alle, die sich gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt einsetzen, stehen vor demselben Problem. Die Uni möchte ein fortschrittlicher exzellenter Wissenschaftsstandort sein, kein Hort von Belästigern und Stalkern. Deshalb geht kaum eine Uni das Thema offensiv an. „Wir müssen endlich sagen: Ja, Diskriminierung findet auch an der Uni statt“, fordert Weeber und wünscht sich eine Antidiskriminierungsstelle, die Betroffene beraten kann. Diese Stelle hätte auch den Vorteil, dass belästigte Männer dort einen neutralen Anlaufpunkt hätten und nicht die Frauenbeauftragten aufsuchen müssen, die unter Umständen gar nicht für sie zuständig sind. Denn: Auch Männer werden belästigt, emotional erpresst oder gestalkt. Darauf weist die Kriminologin Katrin List hin. Auch dazu soll es demnächst Forschung geben.

Schließlich sollten die Studierenden in Erstsemester-Veranstaltungen auf die Problematik hingewiesen werden und die Dozierenden, wenn sie ihren Arbeitsvertrag unterschreiben. Die Universität kann sich entsprechende Richtlinien geben, die zeigen, wie bei Fällen sexueller Belästigung vorgegangen wird (siehe Infokasten). Denn das Schweigen an den Unis über diese „persönlichen Probleme“ muss beendet werden, fordern Frauenbeauftragte. Und das ist wohl die schwierigste Aufgabe von allen.

Recht so - Was im Gesetzbuch steht

Recht so - Was im Gesetzbuch steht

Sexuelle Belästigung: Sexuelle Belästigung wird nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geahndet. Sie umfasst unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Dazu gehören Berührungen, Bemerkungen und das unerwünschte Zeigen pornografischer Darstellungen. Der Arbeitgeber muss dann geeignete Maßnahmen zur Unterbindung ergreifen, etwa Abmahnung, Versetzung, Kündigung. Studierende sind durch das AGG nicht geschützt, weil es nur für den Arbeitsplatz Uni gilt.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen: Sexuelle Handlungen, die unter Ausnutzung eines Beratungs- oder Betreuungsverhältnisses ausgeführt werden, sind in Paragraf 174 des Strafgesetzbuches geregelt. Tätern droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

Sexuelle Gewalt: Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung sind in Paragraf 177 des Strafgesetzbuches geregelt. Er umfasst die Nötigung zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen, wobei der entgegenstehende Wille des Opfers durch den Täter gebeugt wird. Das kann durch Gewalt, Androhung von Gewalt oder Ausnutzung einer Lage geschehen, in der das Opfer schutzlos ist. Es droht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, bei Vergewaltigung von mindestens zwei Jahren.

Stalking: Eine fortgesetze Verfolgung, Belästigung oder Bedrohung ist unter dem Tatbestand der Nachstellung in Paragraf 238 des Strafgesetzbuches geregelt und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bewehrt. Zuvor kann zivilrechtlich ein Kontakt- oder Näherungsverbot ausgesprochen werden, das mit Ordnungsstrafe oder Schutzhaft bewehrt ist.

Wie sich Probleme lösen lassen

Wie sich Probleme lösen lassen

Die Bandbreite der Taten reicht von anzüglichen Blicken über das Erzählen obszöner Witze bis hin zu Tätlichkeiten. Was können die Beteiligten gegen sexuelle Belästigung, Stalking und sexualisierte Gewalt an Hochschulen tun? Gleichstellungsbeauftragte empfehlen Folgendes:

 

Die Hochschule

Vorbeugen: Hochschulleitungen sollten über sexuelle Belästigung, Stalking und sexuelle Gewalt nicht schweigen, da sind sich alle Gleichstellungsbeauftragten einig. Denn sie haben eine Fürsorgepflicht. Viele Universitäten haben sich mittlerweile Richtlinien gegeben, in denen das Vorgehen in solchen Fällen klar geregelt ist. Darin ist etwa Folgendes festgehalten: Über sexuelle Belästigung soll in Einführungsveranstaltungen und Fortbildungen aufgeklärt werden. Eine Arbeitsgruppe kann ein Sensibilisierungsprojekt entwickeln und darüber Bericht erstatten. Eine Übersicht über entsprechende Richtlinien bietet die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten im Netz (www.bukof.de/index.php/richtlinien.html). Die Hochschulleitung muss sicherstellen, dass diese Richtlinien auch bekannt werden. Wer Angst hat, der Ruf könne darunter leiden, kann entsprechende Themen in größere Zusammenhänge einordnen: Was ist gute Lehre? Wie sieht ein offenes und unbeschwertes Arbeitsklima aus? Das regt eine Frauenbeauftragte an, die ungenannt bleiben will, da sie derzeit einen solchen Prozess in ihrer Uni anstoßen möchte – und das sei sehr schwierig.

Verfolgen: In den Richtlinien zum Thema sexuelle Belästigung, die es bereits gibt, ist klar festgelegt, dass die Frauenbeauftragte und/oder die nächsthöhere Ebene eingeschaltet werden kann. Der oder die Betroffene sollte anonym bleiben können, solange es geht. Alle Schritte sollen im Einvernehmen mit der betroffenen Person eingeleitet werden. Priorität muss haben, dass Betroffene nicht mehr im Einflussbereich der belästigenden Person sind, also das Seminar nicht mehr besuchen oder sogar die Uni gewechselt haben, bevor Anschuldigungen erhoben werden. Das hält die Vize-Frauenbeauftragte der TU Berlin, Susanne Plaumann, fest. Die Sanktionen für den Fall, dass ein Gespräch nicht ausreicht, sollten klar benannt werden. Abmahnungen, Disziplinarverfahren, Versetzungen, Haus- oder Lehrverbote können angedroht werden. Geht es um Stalking oder sexuelle Gewalt, dann kann die Gleichstellungsbeauftragte gemeinsam mit dem Opfer die nächsten Schritte überlegen. Auch ob die Polizei eingeschaltet wird, kann dann erörtert werden, sagt Plaumann.

Furcht-Orte reduzieren: Bei baulichen Maßnahmen sollte die Uni darauf achten, dass möglichst wenige uneinsehbare Orte entstehen. Schon vorhandene Angst-Orte sollten umgebaut werden, sofern das möglich ist, regt Sonja Weeber, Studierendenvertreterin an der Humboldt-Uni in Berlin, an.

 

Die Dozierenden

Professionell verhalten: Dozenten sollten sich mit dem Thema „Gute Lehre“ oder „Gute Führung“ auseinandersetzen. Darin sollte das Thema Diskriminierung ebenso angesprochen werden wie die Frage, wie angemessenes Verhalten zwischen Lehrperson und Studierenden aussieht: Sie sollten sich ihrer Rolle als Lehrperson und der Hierarchie des Lehrverhältnisses bewusst sein und ein professionelles Verhalten zeigen. Also keine Privattermine mit Studierenden, Privates und Lehrverhältnis nicht vermischen, sagt die Frauenbeauftragte einer großen Uni.

 

Die Studierenden

Aufklären: Studierende sollten in Erstsemesterveranstaltungen aufgeklärt werden, wünscht sich Sonja Weeber. Falls sie aber Opfer von Fehlverhalten werden, sollten sie sich an eine von der Uni benannte Anlaufstelle wenden können, die studentische Vertretung, die Gleichstellungsbeauftragte oder das Führungspersonal ihres Fachbereichs. Sie können dort entscheiden, was mit ihrer Aussage geschieht: Wird sie für alle Fälle nur zu Protokoll genommen und erst wirksam, wenn die belästigende Person ein weiteres Mal tätig wird? Soll es ein Gespräch geben und zu welchem Zeitpunkt? Soll bei sexueller Gewalt oder Stalking die Polizei eingeschaltet werden? All das müssen die Betroffenen selbst entscheiden können. Die Uni muss es ermöglichen.

Informieren: Zur Aufklärung der Studierenden muss auch gehören, dass gefahrvolle Orte unter Umständen nicht da liegen, wo sie vermutet werden. So passieren relativ wenige Übergriffe auf Parkplätzen oder uneinsehbaren Korridoren. Auch ist „der fremde Mann“ zwar bei Belästigungen schon öfter, aber bei Nötigung oder Gewalt eher selten der Urheber. Vielmehr sollten sich Studierende klarmachen, dass Sexualverbrechen meist von Bekannten, sehr oft auch von Kommilitonen ausgehen. Die größte Gefahr lauert in Wohnungen, der eigenen oder der des Bekannten, erklärt Katrin List, Kriminologin an der Ruhr-Uni Bochum.

Persönlich vorbeugen: Selbstbehauptungs- oder Selbstverteidigungstraining kann das entscheidende Stück Selbstsicherheit geben, das es braucht, um in unübersichtlichen Situationen bestimmt zu reagieren, regt eine Frauenbeauftragte an.

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