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Nichts dem Zufall überlassen

MINT-Camps, offener Matheraum und Peer-to-Peer-Lernen sind Wege, Studienerfolge in MINT-Studiengängen zu steigern. Im Rahmen des Programms „BayernMINT. kompetent. vernetzt. erfolgreich“ wurden 14 Projekte an bayerischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften gefördert. 

Im Zentrum des Programms „BayernMINT. kompetent. vernetzt. erfolgreich“ standen Projekte zur Studienorientierung vor Studienbeginn sowie Projekte für Studierende in der Studieneingangsphase oder im weiteren Studienverlauf. Gefördert wurde das Programm im Zeitraum 2019 bis 2022 vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. und den bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbänden bayme vbm.

Welchen Mehrwert konnten diese Projekte für Studieninteressierte und Studierende erzielen? Haben sie dazu beigetragen, dass sich Studieninteressierte für ein MINT-Studium entscheiden oder dieses mit Erfolg studieren? Diese Fragen standen im Zentrum der programmbegleitenden Evaluation von BayernMINT, mit der das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) beauftragt wurde. Die Evaluation basierte auf Interviews mit den Projektleitungen, die in der Regel Professorinnen und Professoren in einem MINT-Fach sind. Des Weiteren wurde eine Online-Befragung unter Studierenden durchgeführt.

EINSCHÄTZUNGEN DER PROJEKTLEITUNGEN

Falschen Vorstellungen vom Fach frühzeitig durch Informationsangebote vorbeugen

Falsche Vorstellungen vom Studienfach sind häufig der Grund für einen Studienabbruch. Auch mangelt es vielen Studieninteressierten an nötigem Vorwissen beziehungsweise fachlichen Kompetenzen. Problematisch ist das frühzeitige Abwählen von für den Studiengang relevanten Fächern in der Schule oder die Vermittlung eines falschen Bildes des Studienfachs im Unterricht. Über schulische Informationsangebote können die Anforderungsprofile des Studienfachs kommuniziert werden, damit ein realistischeres Bild von den Studiengängen entsteht. 

Stärkung des Peer-to-Peer-Lernens 

In vielen Projekten von BayernMINT wird das Peer-to-Peer-Lernen gefördert. Beim Peer-to-Peer-Lernen unterrichten und betreuen fortgeschrittene, teils geschulte Studierende ihre jüngeren Kommilitoninnen und Kommilitonen. Im Projekt „MINT bereit“ an der Technischen Hochschule (TH) Ingolstadt beispielsweise unterrichten MINT-Coaches in der MINT-Werkstatt Studierende aus niedrigeren Semestern. Sie erhalten hierfür eine didaktische Anleitung. In dem Projekt „CS4MINTS“ an der Universität Erlangen-Nürnberg betreuen Master-Studierende Studienanfängerinnen und -anfänger in den Einführungsvorlesungen. Besprochen werden Fragen zur Vorlesung, Verständnisprobleme sowie Lösungswege für Aufgaben. Die TH Rosenheim verfolgt mit aktivierenden Lehrmethoden einen ähnlichen Ansatz: Studierende werden während der Lehrveranstaltung durch gezielte Aktivitäten dazu aufgefordert, die vorgestellten Lehrinhalte anzuwenden und diese dann den Mitstudierenden zu erklären.

Schaffung von Lernräumen für den fachlichen und sozialen Austausch

Ein niedrigschwelliges Unterstützungsangebot in der Studienanfangsphase sind Räumlichkeiten für den fachlichen und sozialen Austausch. Beispielsweise wurde im Projekt „MInD“ der Universität Augsburg ein offener Matheraum geschaffen. In diesem können Studierende Fragen zur Vorlesung besprechen und gemeinsam mit Mitarbeitenden Lösungen entwickeln. Die Betreuung erfolgt durch Master-Studierende sowie Doktorandinnen und Doktoranden. Das Formulieren von Problemstellungen oder Lösungsansätzen soll dabei als Kompetenz der Studierenden verbessert werden. 

Nicht eine einzelne Maßnahme, sondern die Summe von Maßnahmen ist entscheidend für Studienerfolg

In den Interviews mit den Projektleitungen wurde deutlich, dass nicht eine einzelne Maßnahme, sondern deren Summe einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des Studienabbruchs leisten kann. Studierende kommen mit unterschiedlichen Voraussetzungen an die Hochschulen. Daher sind breite und zielgruppenspezifische Angebote sinnvoll.

ERGEBNISSE DER STUDIERENDENBEFRAGUNG

Geht die Teilnahme an ausgewählten Maßnahmen mit einer Verbesserung der Fähigkeiten und Kenntnisse der Studierenden einher? Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine Online-Befragung durchgeführt. Befragt wurden die Studierenden zu Beginn des Kurses im Oktober 2021 und in den letzten beiden Kurswochen im März 2022. Bei der ersten Befragung haben 981 Studierende den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Bei der zweiten Befragung gab es 263 gültige Antworten.

Brückenkurse, Tutorien und Mentorate verbessern die studienspezifischen Kenntnisse

Die Studierenden wurden gefragt, wie gut sie sich insgesamt auf das Studium vorbereitet fühlen. Studierende, die einen Brückenkurs, ein Tutorium oder ein Mentorat besucht haben, berichteten von höheren Kenntnissen bei Kursende als bei Kursbeginn. Die Differenz bei allen drei Kursarten beträgt mindestens zehn Prozentpunkte. Kausale Schlüsse über die Ursachen der Kenntniseinschätzung können nicht gezogen werden. Andere Faktoren, wie ein allgemeiner Kenntniszuwachs im Verlauf des ersten Semesters, können nicht ausgeschlossen werden. Ein weiteres Indiz für den Erfolg der besuchten Kurse ist die Weiterempfehlungsquote, die über alle Kurse hinweg bei 80 Prozent lag. 

Corona-bedingte Anpassung der Maßnahmen

Das Programm „BayernMINT“ fiel mit der Corona-Pandemie zusammen. In den Jahren 2020 und 2021 wählten die Projekte kreative Lösungen zur Verlagerung der Angebote in den virtuellen Raum. Beispielsweise wurden die MINT-Ambulanzen an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf digital durchgeführt. In diesen konnten Studierende ihr Wissen auffrischen und Wissenslücken füllen. Auch die „Kinder- und Jugenduni“ sowie der „Girls’ Day“ der Technischen Hochschule Deggendorf wurden online durchgeführt. Dies führte zu einer deutlich höheren Beteiligung.

Klassische und neue Formate ergänzen sich sinnvoll

Die in BayernMINT geförderten Projekte stärken erstens die Schnittstelle Schule/Hochschule durch entsprechende Angebote für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrende an Schulen. Angebote wie zum Beispiel MINT-Camps oder „Rent a Prof“ zielen auf eine bessere Passung der Interessen der Studieninteressierten mit den fachlichen Anforderungen des geplanten Studienfachs. 

Zweitens federn einige der Projekte die sensible Studieneingangsphase ab. In dieser sind die Abbruchquoten – nicht nur in den MINT-Fächern – besonders hoch. Dazu gehören einerseits klassische Formate wie Brückenkurse, Tutorien und Mentoring, die mit innovativen Elementen gepaart sind. Beispielsweise gibt es automatisiertes Feedback in den Tutorien für die Einführungsvorlesungen der Informatik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Andererseits wurden auch neue Formate erprobt, wie etwa der offene Matheraum an der Universität Augsburg. 

Drittens stellt gerade die Vielfalt der angebotenen Maßnahmen in den Projekten einen vielversprechenden Weg dar, um unterschiedliche Zielgruppen und Bedürfnisse der Studierenden in MINT-Fächern zu adressieren und den Studienerfolg der Studierenden institutionell zu fördern. Damit sind Hochschulen auf einem guten Weg, den Studienerfolg in MINT-Fächern nicht dem Zufall zu überlassen. //

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

  • Der Übergang von der Schule in die Hochschule (in den Regionen) sollte noch besser verzahnt werden durch zielgruppenspezifische Angebote in der Studienorientierungsphase (wie zum Beispiel die Labore für Schülerinnen und Schüler an der Universität Bayreuth).
  • Unterstützungsangebote sollten sich insbesondere auf die Studieneingangsphase konzentrieren, damit Studierende fachliche Defizite kompensieren können (wie zum Beispiel über individualisiertes Feedback an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg oder die Blended Learning Toolbox an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt). 
  • Hochschulen sollten die Studienleistungen im Blick behalten und leistungsschwächere Studierende gezielt fördern (wie zum Beispiel über das Frühwarnsystem der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden).
  • Hochschulen sollten Räume für den sozialen und fachlichen Austausch schaffen, in denen Studierende und Mitarbeitende des jeweiligen Studiengangs für Fragen zur Verfügung stehen (wie beispielsweise im offenen Matheraum an der Universität Augsburg).
  • Zur Steigerung des Lern- und Prüfungserfolgs, der Studienmotivation und um beim Umgang mit Misserfolgen im Studium zu helfen sollte das Peer-to-Peer-Lernen gestärkt werden (wie zum Beispiel durch die MINT-Coaches an der Technischen Hochschule Ingolstadt).

Dr. Susanne Falk

ist wissenschaftliche Referentin am Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) und leitete die Programmevaluation des Projekts BayernMINT. 

Foto: Photogenika

Theresa Thies M.A.

ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF).

Foto: Photogenika

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