Forschungsprojekt im Sabbatical - Wie umsetzen?
Mein Sabbatical ist genehmigt, mein Forschungsthema entwickelt, der Drittmittelantrag eingereicht. Nun beschleicht mich die Sorge, mein Freisemester zu überfrachten mit aufgeschobenen Aufgaben. Wie kann ich die freie Zeit wirklich kreativ für meine Forschung nutzen?
Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
Coach Monika Klinkhammer antwortet:
Ihre Sorge ist verständlich. Um im Freisemester die eigenen Forschungsprojekte und Ideen umzusetzen und wirklich das zu tun, was Ihnen am Herzen liegt, können folgende Checks helfen:
- Welche Verpflichtungen und Aufgaben bestehen jetzt und in naher Zukunft? Nutzen Sie Strategien zur Zeit- und Projektplanung. Listen Sie alles Anstehende nach Wichtigkeit und Dringlichkeit auf, erledigen Sie nur noch die höchst wichtigen und dringenden Aufgaben selbst. Der Rest wird verschoben, delegiert oder landet sofort im Papierkorb. Darüber informieren Sie Ihr Umfeld.
- Fangen Sie nichts Neues mehr an. Planen Sie Ressourcen für Unvorhergesehenes ein. Sie sind lediglich von der Lehrverpflichtung befreit.
- Welche Themen oder Entscheidungen stehen in Ihrem Team, Fachbereich oder in Gremien an, in die Sie eingebunden sein sollten? Wer könnte Sie und Ihre Interessen dort vertreten? Hier sind im Vorfeld gute Strategien und feinfühlige Absprachen wichtig.
- Wo, wie, wann und wie lange wollen Sie im Freisemester arbeiten, wann reisen?
- Welche Strukturen, Rahmen- und Arbeitsbedingungen benötigen Sie? Kann ein externer Arbeitsraum oder eine Forschungsreise Ihre Kreativität fördern?
- Organisieren Sie Ihr Freisemester frühzeitig und kommunizieren Sie dies. Wer muss davon wissen, wer vertritt Sie, wie sind Sie im Notfall erreichbar und über wen halten Sie Kontakt? Schotten Sie sich im Freisemester konsequent – auch durch eine klare Abwesenheitsnotiz – vom Alltagsgeschäft und von Lehrverpflichtungen ab und konzentrieren Sie sich auf Ihre Forschung.
- Regeln Sie frühzeitig, ob und gegebenenfalls wie Sie die Kommunikation und Betreuung von Studierenden oder Promovierenden gestalten beziehungsweise an wen Sie was delegieren können.
- Machen Sie der Außenwelt und auch sich selbst keine zu großen Versprechungen im Hinblick auf Leistungen und Ergebnisse.
- Scheuen Sie sich nicht, sich gegen Forderungen abzugrenzen. Sagen Sie „Nein“ – auch zu verführerischen Anfragen. Hilfreich ist die Frage: Was würde mit der Aufgabe/Anfrage passieren, wenn ich krank wäre, einen Beinbruch hätte? Möglicherweise enttäuschen Sie Menschen in Ihrem Umfeld. Aber jetzt haben Ihre Interessen und Ziele Priorität. Enttäuschen Sie sich nicht selbst.
Nun zum schwierigeren Teil, dem Innencheck:
Wie können Sie in den forschenden oder schreibenden Arbeitsmodus kommen und sich auf den unsicheren kreativen Raum einlassen? Was passiert, wenn Sie aus Ihren gewohnten Alltagsmustern aussteigen? Bei vielen kommen schnell Gefühle von Perfektionismus, Leistungs- und Verwertungsdruck oder Ängste hoch. Verwechseln Sie auch aufkommende Erschöpfung oder Unruhe nicht mit Faulheit und Unproduktivität. Was sind Ihre Herzensthemen in Sachen Forschung? Welche langfristigen Visionen und Ziele gehen damit einher? Was hielt Sie bisher davon ab, sich dem Forschungsthema zu widmen? Wenn über Nacht ein Wunder geschehen würde und alle Hindernisse wären beseitigt, wie sähe dann Ihr Sabbatical aus? Was wäre zum Beispiel im Alltag zeitlich und räumlich anders? Woraus schöpfen Sie Kraft und innovatives Potenzial? Streben Sie dorthin.
Literatur
Norbert Groeben: Kreativität. Originalität diesseits des Genialen. Primus-Verlag, Darmstadt 2013
www.sabbatjahr.org
Dr. Monika Klinkhammer arbeitet als Coach, Lehrcoach, Supervisorin, Gestalttherapeutin und Trainerin mit und für Professorinnen und Professoren, Neuberufene, (Nachwuchs-)Wissenschaftler und (Nachwuchs-)Wissenschaftlerinnen aller Statusgruppen und Führungskräfte und leitet eine Supervisions- und Coachingweiterbildung an der ASH Berlin.
DUZ Magazin 02/2020 vom 21.02.2020