Klare Zuständigkeiten?
Seit drei Jahren bin ich Professor, seit sechs Monaten Mitglied im Präsidium. Die Zuständigkeiten sind klar geregelt. Ausgerechnet der Präsident hält sich nicht daran: Er regiert in mein Ressort hinein. Wie kann ich mein Profil als Vizepräsident schärfen?
Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
Coachin Ute Symanski antwortet:
Zunächst: Dass Sie recht früh in Ihrer Laufbahn als Professor ein so verantwortungsvolles Amt in der akademischen Selbstverwaltung übernommen haben, verdient Anerkennung und Respekt. Gerade die Anfangsphase einer Professur ist von zeitintensiver Aufbauarbeit geprägt. Umso wichtiger ist es, dass die Zusammenarbeit im Präsidium eine gute ist. Sprechen Sie deshalb mit dem Präsidenten – so schnell es geht. Die folgenden fünf Impulse könnten für die Vorbereitung darauf nützlich sein.
Erstens: Es ist durchaus möglich, dass der Präsident Sie als jungen und neuen Kollegen bei der Arbeit unterstützen möchte. Betrachten Sie es einmal von dieser Warte. Ihre Botschaft im Gespräch ist dann: „Ich sehe, dass Sie mich unterstützen wollen, danke dafür, ich melde mich, wenn ich Unterstützung brauche und übernehme bis dahin gerne selbst.“ Diese Botschaft ist leichter zu vermitteln als: „Halten Sie sich bitte aus meinem Ressort heraus.“
Zweitens: Die anstehende Arbeitslast für ein Präsidium ist riesig und endet nie. Es ist sinnvoll, arbeitsteilig zu agieren – anstatt doppelte Arbeit zu leisten. Auch in Ihrem Ressort steht vermutlich mehr auf der Agenda, als Sie werden umsetzen können. Da könnte es eine Chance sein, dass Sie einen engagierten Präsidenten haben. Überlegen Sie, welche Projekte oder Themen Ihnen wirklich am Herzen liegen. Wenn der Präsident die anderen Themen selbst bespielen will – warum eigentlich nicht? Das gäbe Ihnen die Möglichkeit, sich stärker auf das zu konzentrieren, was Ihnen wichtig ist. Letztlich nützt es auch dem Präsidenten, wenn Sie Ihre Projekte erfolgreich umsetzen – am Ende zahlen erfolgreiche Projekte auch auf eine als gelungen angesehene Amtszeit des Kollegialorgans Präsidium ein.
Drittens: Für eine Fokussierung auf ausgewählte Projekte spricht Ihr Wunsch, sich als Vizepräsident zu profilieren. Das kann sogar leichter gelingen, wenn es ausgewählte Themen mit Strahlkraft sind, mit denen Sie in Verbindung gebracht werden, als mit einer Fülle von Feldern. Sagen Sie dem Präsidenten, mit welchen Themen Sie in der Hochschulöffentlichkeit wahrgenommen werden möchten. Vereinbaren Sie mit ihm, dass er zu Besprechungen zum Thema A in Zukunft alleine geht – und Sie vertreten das Präsidium zum Thema B künftig allein. Wenn Sie die Aufgabenteilung transparent machen und gemeinsam nach außen kommunizieren, sieht es auch nicht so aus, als würde der Präsident Sie übergehen. Sie haben gemeinsam entschieden, dass bestimmte Projekte Chefsache sind.
Viertens: Geht es den anderen Mitgliedern des Präsidiums womöglich ähnlich? Wenn die anderen davon ebenfalls betroffen sind, könnten Sie zusätzlich gemeinsam überlegen, wie Sie damit umgehen wollen.
Fünftens: Schlagen Sie dem Präsidenten vor, dass Sie beide sich regelmäßig und unter vier Augen besprechen und Ihrer beider Arbeitsbeziehung und Zusammenarbeit aus der Vogelperspektive betrachten. Auch damit nehmen Sie das Heft des Handelns in die Hand.
DR. UTE SYMANSKI ist Hochschulberaterin und Coachin in Köln. Sie arbeitet mit Hochschulleitungen und Führungspersönlichkeiten in Wissenschaft und Politik zu Mikropolitik, Organisationsentwicklung, Konfliktmanagement und Nachhaltigkeit und macht den Podcast #SciencemanagersForFuture. Sie ist Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner des DUZ ist.
www.futurwir.de
www.coachingnetz-wissenschaft.de
www.sciencemanagersforfuture.de
DUZ Magazin 05/2023 vom 26.05.2023