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Schlechte Chancen auf wissenschaftliche Karriere – wie vermittle ich das?

Einer meiner Postdocs hat mich gebeten, ein „Karrieregespräch“ zu führen. Ich fühle mich nicht ganz wohl damit, weil er nicht die Leistung bringt, die ich erwarte. Aber genau weiß ich natürlich nicht, ob eine wissenschaftliche Karriere für ihn ausgeschlossen ist. Wie sage ich ihm das?“, fragt ein Professor.

Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Coachin Mirjam Müller antwortet:
Viele Promovierende und Postdocs wissen nicht, wie ihre Chancen auf eine Professur stehen. Gerade Personen, die bei Publikationen und Drittmitteln eine mittlere Leistungsbilanz vorweisen, fällt diese Einschätzung schwer. Angesichts der vielen Qualifikationsstellen im deutschen Wissenschaftssystem ist die statistische Wahrscheinlichkeit, eine Professur zu bekommen, nicht hoch. Umso wichtiger ist daher ein Feedback von Vorgesetzten und Mentorinnen für die Entscheidung über den weiteren Karriereweg.

Bitten Sie Ihren Postdoc, Ihnen einen aktuellen Lebenslauf zur Vorbereitung zu geben, und machen Sie sich ein Bild von seinem Portfolio. Beginnen Sie das Gespräch mit einer sachlichen Rückmeldung zum CV. Nennen Sie zunächst positive Punkte, auch wenn diese schon länger zurückliegen oder weniger wesentlich sind. Geben Sie danach Feedback dazu, wo Sie Schwächen sehen. Benennen Sie die Punkte sachlich und begründen Sie sie, beispielsweise durch eine Einordnung, wie viele Publikationen in dieser Karrierephase in Ihrem Fach erwartbar sind, wie die Qualität der Journals einzuordnen ist oder welche Drittmitteleinwerbung angemessen wäre. Sicher haben Sie als Professor an Auswahlkommissionen teilgenommen und überschauen Ihr Fach so gut, dass Sie eine Einschätzung abgeben können, wie die Leistung Ihres Postdocs innerhalb seiner akademischen Alterskohorte einzuordnen ist. Diese vergleichende Rückmeldung kann sehr wertvoll sein und die Bewertung, ob es mit einer Professur klappen wird, ersetzen.

Der zweite Teil des Gesprächs sollte nächste Schritte adressieren. Machen Sie transparent, welche Konkurrenz um Professuren in Ihrem Fach besteht und welche Kriterien für eine Berufung erfüllt werden müssen. Erwähnen können Sie auch, dass Wissenschaftskarrieren ein hohes Maß an Leistungsbereitschaft, Innovationsfähigkeit und Belastbarkeit verlangen. Zeigen Sie Schritte auf, wie Schwächen im Lebenslauf ausgeglichen werden können, und geben Sie konkrete Hinweise auf Konferenzen, Drittmittelprogramme, Netzwerke oder andere Ressourcen. Sollte Ihr Postdoc sich für alternative Karriereoptionen interessieren, liegt das vermutlich außerhalb Ihrer Expertise. Sie können aber helfen, indem Sie ihn an das Career Center oder die Personalentwicklung verweisen oder Kontakt zu Alumni Ihrer Gruppe herstellen, die nicht mehr in der Wissenschaft tätig sind.

Planen Sie für das Gespräch etwa eine Stunde ein, geben Sie ausreichend Gelegenheit für Rückfragen. Auch schlechte Nachrichten zu Chancen in der Wissenschaft bringen Klarheit für nächste sinnvolle Karriereschritte. Was aber, wenn Sie als Überbringer der schlechten Nachricht angegriffen werden? Bleiben Sie nach Möglichkeit freundlich und sachlich. Wenn sich die Kritik auf Ihre Einschätzung bezieht, können Sie erklären, dass dies nicht Ihre persönliche Meinung ist, sondern die Messlatte, die in Berufungskommissionen üblicherweise angelegt wird. Schlagen Sie vor, dass Ihr Postdoc sich das Feedback einer weiteren Person einholt. Wenn sich die Kritik auf mangelnde Unterstützung bezieht: Klären Sie gegebenenfalls Missverständnisse aus der Vergangenheit auf und besprechen Sie, welche Unterstützung in der Zukunft gegeben werden kann. Falls sich der Konflikt nicht ad hoc klären lässt, vereinbaren Sie dafür einen separaten Termin.

MIRJAM MÜLLER ist Personalentwicklerin und Coachin an der Universität Konstanz. Sie engagiert sich im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner der DUZ ist.

www.coachingnetz-wissenschaft.de

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