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Hochschulen erforschen

Vor 50 Jahren wurde das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) gegründet. Ein Rückblick skizziert das Erreichte und ein Ausblick zeigt, welche Forschungsthemen zukünftig auf der Agenda des Instituts stehen.

Im Jahr 2023 feiert das Bayerische Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) sein 50-jähriges Jubiläum. Dies ist ein Anlass, um einen Rückblick auf ein halbes Jahrhundert Hochschulforschung für Politik, Wissenschaft und Hochschulen zu werfen und einen Ausblick auf zukünftige Forschungsthemen zu geben. Nicht nur die Themen, sondern auch die Zielgruppen der Hochschulforschung, ihre methodische Ausrichtung und ihre regionale Reichweite haben sich in den letzten 50 Jahren deutlich verändert. Sichtbar wird dies an den Forschungsschwerpunkten des IHF und den fast hundert wissenschaftlichen Studien, die in diesem Zeitraum entstanden sind und als „kollektives Gedächtnis“ der Institutsarbeit als Volltexte Open Access auf der Website des IHF archiviert sind. 

Auf- und Ausbau bayerischer Fachhochschulen und Universitäten in den 1970er- und 1980er-Jahren 

In den ersten beiden Jahrzehnten standen hochschulplanerische Fragen im Fokus der Institutsarbeit. Mehrere Projekte befassten sich bereits in den 1970er-Jahren mit Praxisphasen im Studium. Ende der 1970er-Jahre wurde das Projekt „Praktische Studiensemester an den Fachhochschulen in Bayern: Studienstrukturen und Studienerfahrungen“ durchgeführt. Ein weiterer wichtiger Meilenstein in dieser Zeit war zudem die Kooperation mit dem Deutschen Studentenwerk bei der bundesweiten Erhebung zu Studierenden mit Behinderungen. Aus dem Projekt entstand 1984 die Studie „Studieren mit Behinderungen. Ein Handbuch“. Zudem rückten raumplanerische Fragen in den Mittelpunkt, zum Beispiel Standortplanungen von Fachhochschulen oder Untersuchungen zur Attraktivität von Universitäten für Studienanfängerinnen und -anfänger. Eines dieser Forschungsprojekte mündete 1991 in die Studie „Neue Fachhochschulstandorte in Bayern“.

Schwerpunktverlagerung in den 1990er-Jahren zu betriebswirtschaftlichen Fragen der Hochschulforschung 

In den 1990er-Jahren gewannen unter der Leitung von Prof. Dr. Hans-Ulrich Küpper betriebswirtschaftliche Fragestellungen der Hochschulen und der Hochschulforschung an Bedeutung. Fragen der Steuerungsmechanismen von Hochschulen zur Optimierung ihrer Prozesse wurden zu einem wichtigen Teil der Institutsarbeit. Eine Herausforderung bestand darin, dass die aus der Wirtschaft abgeleiteten Instrumente, wie zum Beispiel die Bilanzierung, zu wenig an die Bedingungen der Hochschulen anpasst waren. Ein Schwerpunkt in dieser Dekade war die Entwicklung eines umfassenden Informations- und Berichtssystems aller bayerischen Hochschulen als Voraussetzung für administratives Handeln (Computerbasiertes Entscheidungsunterstützungssystem für das Hochschulwesen in Bayern [CEUS]). Zentrale Ergebnisse des Projekts flossen 2000 in den Artikel „Methodik einer Informationsbedarfsanalyse als Grundlage der Konzeption von Entscheidungsunterstützungssystemen am Beispiel des Projektes CEUS“ ein.

Akademiker- und Wissenschaftskarrieren standen im Fokus der 2000er-Jahre

In den 2000er-Jahren lag neben betriebswirtschaftlichen Themen ein weiterer Schwerpunkt der Institutsarbeit auf den Karrieren von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. In dieser Zeit sind zwei empirische Untersuchungen zum Promotions- und zum Habilitationswesen an den Universitäten in Bayern entstanden. Die Studie „Promovieren an den Universitäten in Bayern“ nahm damals erstmalig neue Formen des Promovierens in strukturierten Promotionskontexten in den Blick und formulierte die verlässliche und kooperative Betreuung als zentrale Handlungsempfehlung. Im Jahr 2004 startete das Langzeitprojekt „Bayerisches Absolventenpanel (BAP)“, das später in das Projekt „Bayerische Absolventenstudien (BAS)“ überging. Erstmalig wurde eine landesweite Absolventenbefragung durchgeführt, die den bayerischen Hochschulen aussagekräftige Informationen über Studium, Berufseinstieg und Berufserfolg ihrer Absolventinnen und Absolventen lieferte. Die wichtigsten Ergebnisse sind einer Studie zu Studium und Berufseinstieg in Bayern nachzulesen. Ende der 2000er-Jahre wurde der Grundstein für die Mitarbeit am Bundesbericht für den wissenschaftlichen Nachwuchs gelegt, die in den Folgejahren erfolgreich fortgesetzt wurde. 

Bologna-Prozess, Studienerfolg und Wissenschaftsgovernance waren zentrale Themen seit den 2010er-Jahren

Zu Beginn der 2010er-Jahre beschäftigte sich das IHF mit den Konsequenzen der Bologna-Reform für die bayerischen Hochschulen. Diese Forschung mündete in die Studie „Stand und Perspektiven bayerischer Bachelor- und Masterstudiengänge“. Im Rahmen mehrerer drittmittelfinanzierter Projekte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurde das Thema „Studienerfolg und Studienabbruch“ aufgegriffen. In den vier Forschungsprojekten Rest@MINT, IMaSS, SeSaBa und InterMINT, die einen bundesweiten Zuschnitt hatten und teilweise im Verbund mit externen Partnern durchgeführt wurden, wurden seit 2017 Prädiktoren des Studienerfolgs deutscher und internationaler MINT-Studierender erforscht. Gemeinsam mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der FernUniversität in Hagen ging aus dem Projekt „Studienerfolg und Studienabbruch von Bildungsausländerinnen und -ausländern im Bachelor- und Masterstudium in Deutschland (SeSaBa)“ die Studie „Internationale Studierende in Deutschland zum Studienerfolg begleiten: Ergebnisse und Handlungsempfehlungen aus dem SeSaBa-Projekt“ hervor. Auch die Karrieren von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern rückten zunehmend in den Fokus der Institutsarbeit. Fragen der Bedingungen für Kreativität und Innovation an Hochschulen wurden zu zentralen Themen des Projekts „ResearchQuest: Empirical Perspectives on Academia & Research“. Eine aktuelle Publikation von 2021 widmet sich der Frage nach den optimalen organisationalen Rahmenbedingungen für kreatives und innovatives Arbeiten in Forschung, Lehre und Verwaltung.

Die Forschungsschwerpunkte des IHF haben sich im Zeitraum von fünf Dekaden deutlich verändert. Waren viele Forschungsprojekte in den ersten Jahrzehnten noch auf Bayern beschränkt, haben heute viele, gerade auch drittmittelfinanzierte Forschungsprojekte eine nationale oder internationale Reichweite. Zudem ist seit den 2000er-Jahren eine Wende zur evidenzbasierten Hochschulforschung zu beobachten, bei der Primär- oder Sekundärdaten zur Beantwortung der Forschungsfragen herangezogen werden.

Thinktank für aktuelle Fragen zu Wissenschaftsgovernance und Digitalisierung an Hochschulen

Als Forschungsinstitut möchte das IHF nicht nur über Politikberatung und wissenschaftliche Studien in das Feld der Hochschulforschung hineinwirken, sondern auch ein Impulsgeber für Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wissenschaft und Hochschulen sein und mit diesen in einen Dialog treten. 

Ein wichtiges Medium hierfür ist nicht nur das jährlich stattfindende Stakeholdertreffen, sondern auch die Veranstaltung von Tagungen. In den letzten Jahren hat das IHF in Kooperation mit Universitäten mehrere Tagungen zur Wissenschaftsgovernance veranstaltet. Aus der letzten Tagung im März 2023 ging die „Wuppertaler Erklärung“ hervor, die an moderne Führungs-, Personal- und Organisationsstrukturen und Standards für Führungs- und Compliance-Prozesse im Wissenschaftssystem appelliert. 

Neben dem Schwerpunktthema moderne Governance-Strukturen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind die derzeitigen Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung weltweit im Hinblick auf deren Implikationen für das deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem zu beobachten. Virtuelle Realität und künstliche Intelligenz werden zu einem epochalen Wandel in Hochschulen und Forschungseinrichtungen führen. Ein Podcast zu Hochschule 5.0 gibt einen Überblick über die derzeitigen Entwicklungen in diesem Feld. Im Artikel „Hochschule 5.0. Stehen wir am Anfang der Learning Technology Revolution?“ werden die Konsequenzen der Digitalisierung für die Lehre an Hochschulen reflektiert. Diese Entwicklungen weltweit zu beobachten und wissenschaftlich zu begleiten, wird eine zentrale Aufgabe des IHF in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sein. //

Mehr Informationen

Eine ausführlichere Betrachtung der Institutsgeschichte finden Sie hier: Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (2023). Das nächste Kapitel der Hochschulforschung: 50 Jahre IHF: 

Prof. Dr. Isabell M. Welpe

ist wissenschaftliche Leiterin des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung und Hochschulplanung. Sie hat einen Lehrstuhl für Strategie und Organisation an der TUM School of Management der Technischen Universität München inne.

Foto: privat

Dr. Susanne Falk

ist wissenschaftliche Referentin und Projektleiterin am Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung.

Foto: privat

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