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Nachhaltigkeit kommt an

Am 4. Mai 2023 hatte Deutschland alle seine Ressourcen verbraucht, die dem Land für das ganze Jahr 2023 zur Verfügung stehen. Wir reden viel über Nachhaltigkeit, doch würden alle Menschen auf der Welt leben wie in Deutschland, wäre eine Erde dafür zu wenig, meint Ralf-Dieter Person.

Nachhaltigkeit ist ein sehr dehnbarer Begriff. Allein die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen sind breit gefächert und reichen von Vermeidung von Armut und Hunger über bezahlbare und saubere Energie und Maßnahmen zum Klimaschutz bis zu menschenwürdiger Arbeit und Wirtschaftswachstum – um nur einige zu nennen. Alles in allem sehr gute und ausführlich beschriebene Zielsetzungen und damit nützlich, sofern man das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verliert. Dieses ist in einer Definition zur Nachhaltigkeit aus der Forstwirtschaft sehr einfach formuliert, nach der nicht mehr Holz gefällt werden darf, als jeweils nachwachsen kann. Es gibt darüber hinaus sehr viele aktuelle Definitionen und Modelle, zum Beispiel das Drei-Säulen-Modell: Ökologie – Soziales – Wirtschaft. Aber schon allein über die Reihenfolge oder Gleichwertigkeit der Säulen gibt es unterschiedliche Auffassungen. 

Was hat das mit Hochschulen zu tun? Es gab schon seit Jahren einige, eher wenige Hochschulen, für die das Thema Nachhaltigkeit wichtig war, die sich mit Umweltfragen in Forschung und Lehre, aber auch in der eigenen Verwaltung befasst haben. Die Zahl blieb über die Jahre recht konstant. Natürlich gibt es an vielen Hochschulen bereits seit Jahren Leitlinien, in denen Begriffe wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit auftauchen. Damit war das Thema dann aber schon vielfach abgeschlossen. 

Mittlerweile gibt es eine neue Entwicklung und das hat auch mit der gewachsenen Bedeutung des Klimaschutzes und der teilweise unsicheren, aber auch neu (und regenerativ) gedachten Energieversorgung zu tun. Und dem Druck der Studierenden, die ja möglicherweise das richten müssen, was die aktuell arbeitenden Generationen nicht geschafft haben. So sind inzwischen Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsbüros sowie Green Offices an vielen Hochschulen zu finden, teilweise mit einer guten personellen Ausstattung, die schon neidvolle Blicke aus dem Bereich des Energiemanagements, das ja oft erst mühsam etabliert wurde, auf sich zieht. 

Für neidvolle Blicke ist aber eigentlich kein Platz. Genauer betrachtet ziehen alle Beteiligten hier an einem Strang. Handeln wäre vielmehr wichtig und zwar so, dass wir uns damit nicht nur auf die sicher notwendige Diskussion über Begriffe, Definitionen und die richtigen Scorings beschränken, sondern die Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinn (wie bei Bäumen im Wald) fest im Blick haben, stets mit dem Leitgedanken im Hinterkopf, dass wir bis auf Weiteres nur diese eine Erde haben. 

Damit sollte dann auch die Bedeutung von Nachhaltigkeitsrankings etwas in den Hintergrund treten. Die Bewertung der unterschiedlichen Nachhaltigkeitsziele ist zudem komplex. Zählt beispielsweise das Engagement gegen Armut mehr als Klimaschutz? Ist eine Bewertung des Einsatzes für den Kampf gegen Hunger an Hochschulen in unserem Land überhaupt möglich? Wie ist die Beschaffung von Betreuungsplätzen in Kitas an einer Hochschule zu bewerten? Und wie der Bau von neuen Ladepunkten für Elektrofahrzeuge? Ist eine Gesamtbetrachtung dabei überhaupt sinnvoll? Die Frage soll hier gar nicht beantwortet werden – Anregungen dazu finden sich unter anderem im Beitrag von Philipp Nußbaum in diesem Heft (siehe Seite 24). Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit – im Sinne der einen Erde – in den einzelnen Bereichen, sei es Forschung und Lehre oder Hochschulverwaltung, konkret gelebt wird. Vielleicht können dann die Zeit und die Ressourcen, die sich eine Einrichtung nimmt, um das Thema zu befördern, in eine Bewertung einfließen. Da ist in jedem Fall noch Raum für gute Ideen. //

Ralf-Dieter Person 

ist kommissarischer Geschäftsbereichsleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Geschäftsbereich Hochschulinfrastruktur des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung e.V. Seine Schwerpunkte sind Gebäude- und Infrastruktur sowie Energie und Umwelt. 

Foto: Henning Stauch

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