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Die Liegestühle stehen senkrecht

Beim Plakatwettbewerb des Studentenwerks ging’s ums Studentenleben – oder sein Fehlen.

„Studentenleben“ – das Wort galt vielen früher mal als Synonym für Freiheit und Experimentierfreude. Dagegen lassen die Beiträge zum diesjährigen Plakatwettbewerb des Deutschen Studentenwerks vermuten, dass heutige Studierende eher selten zum Leben kommen.


706 Einsendungen: Das ist die Bilanz des Plakatwettbewerbs des Deutschen Studentenwerks. 381 Grafik- und Kommunikationsdesign-Studierende haben eine visuelle Antwort auf die Themenstellung „Lebenswelt Hochschule“ gesucht, eine fünfköpfige Jury aus Design- und Kommunikationsexperten hat in zwei Auswahlrunden die ihrer Meinung nach besten Werke bestimmt. Was dabei als ein gutes Plakat gilt, liegt freilich im subjektiven Ermessen der Experten. Jurymitglied Michael Gais, der an der Köln International School of Design Professor für Typographie und Layout ist, findet: „Ein Plakat muss in der Jetztzeit sein.“ Er stelle sich bei der Bewertung der Wettbewerbsbeiträge unter anderem die Frage: Hat man das so schon zigmal gesehen? So hält er etwas die Idee, beim diesjährigen Wettbewerb die studentische Lebenswelt mit Bierflaschen zu illustrieren, für wenig originell.

Öffentliche Aufmerksamkeit bekommen vor allem die Gewinner des Wettbewerbs – die sechs Besten werden mit Geldpreisen von insgesamt 10 000 Euro ausgezeichnet, die dreißig besten Beiträge wandern in einer Ausstellung durch die Studentenwerke. Spannend sind aber auch jene Einsendungen, die es nicht auf Top-Platzierungen schaffen; die Betrachtung der Masse der Plakate lässt erahnen, wie es um die deutsche Studentenseele bestellt ist. Schaut man sich die – in allen Spielarten von der schlichten typographischen Komposition bis zum komplexen Architektur-Modell gestalteten – Plakate an, die es in die Endrunde geschafft haben, dann dominiert ein Thema: das Gefühl, in der Massenhochschule nach Bologna ein Lemming unter vielen zu sein. Viele der Plakate erzählen Geschichten der Überforderung durch Stress und Konkurrenzdruck. Da wird schon mal in bester Mallorca-Liegestuhl-Manier das Handtuch auf die Hörsaal-Stühle gelegt, um die Chance auf einen Sitzplatz zu wahren. Die Bildsprache aber, auch das fällt auf, ist dabei zumeist eher zurückgenommen. „Bildaussagen werden eher abgeschwächt als zugespitzt“, ist denn auch die Beobachtung von Stefan Grob. Der Pressesprecher des Deutschen Studentenwerks hat schon zwölf Plakatwettbewerbe begleitet. Er sagt: „Die diesjährigen Einsendungen zeigen, dass die Studierenden viele Themen wahnsinnig reflektiert angehen. Sie denken um viele Ecken, fast um zu viele. Man hat den Eindruck, dass sie die Provokation scheuen.“

Der Schluss läge nahe, dass die Studierenden nun einmal Kinder ihrer Zeit seien, Kinder der Konsenskultur in der Epoche des Merkel-Biedermeiers. Doch vieles spricht dafür, dass es das Studentenleben selbst ist, das müde macht und wenig Raum lässt. Besonders für jene, die aus einkommensschwachen Haushalten kommen. Eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie hat ergeben, dass die Bedarfssätze beim Bafög, das wenig begüterten Studierenden finanziell unter die Arme greifen soll, gemessen an deren tatsächlichen Aufwendungen zu niedrig sind. Eine andere aktuelle Studie, der Hochschul-Bildungs-Report des Stifterverbandes und der Unternehmensberatung McKinsey, zeigt, wie schlecht die Chancen akademischen Gelingens für Menschen ohne Akademiker-Eltern stehen. Von hundert von ihnen schaffen es nur 15 bis zum Bachelor – bei jenen mit mindestens einem Elternteil mit akademischem Abschluss sind es 63. Wie passend scheint da doch das Thema, das der diesjährige Wettbewerbs-Gewinner Niklas von Winterfeld mit seinem Siegerbeitrag setzt. Er trägt den Titel: „Akademikerhaushalt“.

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