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Topthema an Universitäten ist die Frage, wie die besten Talente auf allen Ebenen erkannt und gewonnen werden können. Doch das Thema professionalisierte Personalauswahl ist lange Zeit vernachlässigt worden.

Universitäten und andere Forschungseinrichtungen stehen in einem zunehmenden nationalen und internationalen Wettbewerb miteinander. Um erfolgreich zu bestehen, ist die Auswahl der richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unerlässlich. Universitätsleitungen wie auch Wissenschaftsmanager und Professoren interessieren sich daher vermehrt dafür, wie Auswahlprozesse auf allen Ebenen professionalisiert werden können. Es geht dabei aktuell nicht nur um Auswahlprozesse auf Professur-Ebene, sondern vor allem auch um solche auf Ebene der wissenschaftlichen Mitarbeitenden oder der Mitarbeitenden im universitären Verwaltungsbereich.

Entsprechend ist die Nachfrage für Trainings und Workshops zu diesem Thema in den vergangenen Jahren rapide angestiegen. Universitäten schaffen neue Einheiten, die sich neben der Personalentwicklung auch mit Personalauswahl beschäftigen und dieses Wissen in ihrer Einrichtung vermitteln. Die Professur für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement der Technischen Universität München (TUM) zum Beispiel vermittelt neueste Forschungsergebnisse direkt an Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche Mitarbeitende und Wissenschaftsmanagerinnen und -manager.

Auch von Gleichstellungsstellen der Universitäten gehen neue Initiativen im Bereich Personalauswahl aus. Ihnen ist insbesondere an professioneller Personalauswahl gelegen, damit die am besten passende Person – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Nationalität – ausgewählt wird. So arbeitet beispielsweise das Center for Leadership and People Management der LMU München mit der Frauenbeauftragten der Universität zusammen, um Gleichstellung zu fördern.

Trotz dieses Trends, Personalauswahlprozesse in der Wissenschaft zu optimieren, läuft Personalauswahl an Universitäten oft noch wenig strukturiert ab: In der Auswahl von wissenschaftlichen Mitarbeitenden wird selten eine Anforderungsanalyse gemacht – und damit die Frage beantwortet, wer eigentlich gesucht wird. Es wird auf schon bestehende und veraltete Stellenanzeigen zurückgegriffen. Arbeitsproben umfassen Vorträge, aber testen keine weiteren praktischen Fähigkeiten. Interviews laufen ohne strukturierte Leitfäden ab. Eine Passung von bewerbender Person und ausgeschriebener Stelle kann so kaum valide ermittelt werden.

Die Qualifikationen unterschiedlicher Bewerberinnen und Bewerber sind häufig schwer miteinander vergleichbar. Es wird aus dem Bauch heraus entschieden, wen man einstellt. Auch in Berufungsverfahren gibt es ähnliche Problematiken: Teilweise werden die Bewertungskriterien erst nach Sichtung der Bewerbungsunterlagen definiert, sodass sie zugunsten präferierter Kandidatinnen und Kandidaten bewusst oder unbewusst aufgestellt werden. Oder Bewertungskriterien decken nur die fachliche, nicht aber die persönliche Passung in die Fakultät ab, sodass nach der Einstellung nur geringer Austausch und wenige Forschungskooperationen entstehen. Auch dominante Meinungsführerinnen und -führer lenken unter Umständen die Entscheidungsfindung nach ihren individuellen Interessen, welche nicht unbedingt das Gesamtinteresse der Fakultät spiegeln.

Mangelnde Professionalität kann zu Fehlentscheidungen in der Personalwahl führen

Wenn Universitäten ihre Personalauswahl nicht professionell organisieren, kann das schwerwiegende Folgen haben: Urteilsverzerrungen wie Geschlechterstereotype, selektive Erinnerungen oder Sympathieeffekte kommen verstärkt zum Tragen und führen in vielen Fällen dazu, dass man sich nicht für die geeignetste Person entscheidet. Die niederländische Wissenschaftlerin Prof. Dr. Marieke van den Brink fand beispielsweise in mehreren Interviewstudien heraus, dass die fehlende Transparenz und Rechenschaftspflicht in Berufungsverfahren zur Folge haben, dass vor allem Personen berufen werden, die den Mitgliedern des Auswahlkomitees ähnlich und dadurch sympathisch sind. Weil Berufungskommissionen in vielen Disziplinen zum Großteil aus männlichen Mitgliedern bestehen und Männer in jungen männlichen Bewerbern eher eine Ähnlichkeit zu sich selbst wahrnehmen, führt dies laut van den Brink zu einer Bevorzugung männlicher Bewerber.

Universitäten sollten es nicht dem Zufall überlassen, ob sie die richtige Person auswählen. Denn die Falschen einzustellen, hat nicht nur Nachteile für besser geeignete Personen, die die Stelle nicht erhalten. Gravierend können auch die Nachteile für die Universität selbst sein: Die ausgewählte Person erfüllt möglicherweise die an sie gestellten Leistungsanforderungen nicht oder passt nicht ins Team oder die Organisation. Die Entscheidung für diese Person kann langanhaltende Konsequenzen nach sich ziehen. Gegebenenfalls verlässt er oder sie auch zeitnah die Organisation, sodass ein neuer, meist aufwendiger Personalauswahlprozess durchgeführt werden muss. Die Wahrscheinlichkeit solcher Fehleinstellungen und die damit verbundenen Konsequenzen können durch die Professionalisierung des Personalauswahlprozesses verringert werden.

Die wichtigsten Punkte in Kürze

Was Wissenschaftseinrichtungen bei der Personalauswahl beachten sollten: Die wichtigsten Punkte in Kürze

Anforderungsanalyse
Die Sammlung aller erwünschten und notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse für die gesuchte Position bildet die Grundlage der Personalauswahl. Es eignet sich die Technik der kritischen Ereignisse, bei der die gesuchten Fähigkeiten auf Basis von erfolgskritischen Situationen für Stelleninhabende abgeleitet werden.

Rekrutierung
Diese gelingt, wenn eine hohe Anzahl an potenziell geeigneten Personen von einer Bewerbung überzeugt werden kann. Gezielte Ansprache erfolgt intern wie extern. Die Stellenanzeige basiert dabei auf dem Anforderungsprofil, enthält möglichst viele spezifische Informationen und wird gezielt breit verteilt.

Bewerbungsunterlagen
Mehrere Personen bewerten sich Bewerbende anhand der im Anforderungsprofil festgelegten Kriterien. Da Bewerbungsfotos die Beurteilung beeinflussen können, sollten sie vor der Durchsicht entfernt werden. Bewerbungsunterlagen geben nur erste Hinweise; weitere Informationen sollten in Arbeitsproben und im Interview eingeholt werden.

Arbeitsproben
Arbeitsproben – vor, während oder nach dem Interview – ermöglichen es, notwendige Fähigkeiten valide zu beurteilen. Je nachdem, welcher Kompetenzbereich erfasst wird, eignen sich dafür Präsentationen und schriftliche Ausarbeitungen wie zum Beispiel Forschungskonzepte.

Interview
Es empfehlen sich strukturierte und kompetenzbasierte Techniken wie das multimodale Interview. Mittels eines auf dem Anforderungsprofil basierenden Interviewleitfadens kann die Passung verschiedener Bewerberinnen und Bewerber beurteilt werden. Diese können miteinander verglichen werden, da sie dieselben Fragen beantwortet haben.

Entscheidungsfindung
Die systematische Integration der Informationen aus Unterlagen, Arbeitsproben und Interviews verringert Beurteilungsfehler wie Geschlechterstereotype oder Sympathieeffekte. Geforderte Kompetenzen können mit beobachteten Qualifikationen und einer Einschätzung des Potenzials der Person abgeglichen werden.

Onboarding
Neue Mitarbeitende werden systematisch eingearbeitet, um ihnen eine schnelle Entfaltung ihres Leistungspotenzials und soziale Integration zu ermöglichen, zum Beispiel mittels Patensystem.

Aus: „Personalauswahl in der Wissenschaft – Evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis“ von Peus, Braun, Hentschel und Frey. Springer­ Verlag, 2015.

Weitere Informationen und Leitfäden für einen professionalisierten Personalauswahlprozess finden Sie hier

Buchtipp

Buchtipp: Finde die Richtigen

Die Publikation „Personalauswahl in der Wissenschaft – Evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis“ beleuchtet Berufungsverfahren und die Auswahl wissenschaftlicher Mitarbeitender. Sie entstand im Rahmen des Projektes „Auswahl und Beurteilung von Führungskräften in Wirtschaft und Wissenschaft“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Europäischen Sozialfonds gefördert wurde.

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