POLITIK & GESELLSCHAFT

FORSCHUNG & INNOVATION

STUDIUM & LEHRE

KOMMUNIKATION & TRANSPARENZ

ARBEIT & PSYCHOLOGIE

WISSENSCHAFT & MANAGEMENT

75 JAHRE DUZ

 Login

Im Renten-Dschungel

Europa möchte kluge Köpfe anlocken und fördert die Mobilität von Forschern. Doch wie sieht es mit der Sozialversicherung aus? Wo greift die staatliche und wo die betriebliche Rente? Die Plattform „Find Your Pension“ will helfen.

Finde deine große Liebe, dein Glück, dein Smartphone. Aber finde deine Rente? Es ist ein Thema, das die Internet-Suchmaschine offensichtlich nicht wirklich spannend findet und deshalb in ihren Lösungsvorschlägen hintanstellt. Es ist aber ein Thema, das gerade mobile Akademiker sehr beschäftigt. Wie ist es um meinen Rentenanspruch bestellt, wenn ich als deutsche Dozentin nach Portugal und dann für ein Forschungsprojekt nach Schweden gehe? Wie sieht es mit der Rentenanwartschaft in anderen Ländern aus? Wer zahlt – und wann?

Stolpersteinen in der Bürokratie entgegenwirken

So schön die kulturelle Diversität einzelner Länder ist, so groß sind die Schwierigkeiten, die damit für mobile Forscher verbunden sein können. Die Rentensysteme europäischer Länder sind so unterschiedlich wie die Länder selbst, und bei Nicht-Muttersprachlern können die Begrifflichkeiten für echte Verzweiflung sorgen. Die Plattform „Find Your Pension“ (FYP) will da helfen und Akademikern „eine Orientierung im europäischen Renten-Dschungel bieten“, sagt die FYP-Projektmanagerin Claudia Wegner-Wahnschaffe.

Die von der EU-Kommission initiierte und von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) betriebene englischsprachige Webseite soll „das Handwerkszeug für die Hilfe zur Selbsthilfe“ liefern. Denn wer im Ausland arbeiten möchte, sieht sich „sowieso schon mit genügend bürokratischen Stolpersteinen konfrontiert“, sagt die Juristin Wegner-Wahnschaffe, „das Thema Rente soll da keine weitere Hürde sein“.

Angefangen hatte es damit, dass bei Wegner-Wahnschaffe vor mehr als fünf Jahren immer wieder von internationalen Forschern angefragt wurde, die sich im besagten Renten-Dschungel verheddert hatten und Hilfe brauchten.

So, wie Dr. Brian Cahill. Der Maschinenbauer, der Sensoren für die Biotechnologie entwickelt, hatte seine Promotions- und Postdoc-Zeit in der Schweiz verbracht. Dann kam er als Marie Curie-Stipendiat nach Deutschland, wo er mittlerweile eine Forschungsgruppe am Institut für Bioprozess­ und Analysenmesstechnik im thüringischen Heiligenstadt leitet. Er hatte sich an die VBL mit Fragen zur deutschen Rentenanwartschaft gewandt. Während dieses durch Pflichtbeiträge erworbene Recht auf einen Versorgungsbeitrag in der Schweiz schon nach einem Jahr Gültigkeit hat, muss in Deutschland erst einmal fünf Jahre eingezahlt werden. „Für einen Wissenschaftler mit Ein­ oder Zweijahresverträgen ist das viel Zeit“, findet der gebürtige Ire.

Brian Cahill: „Das deutsche Rentensystem ist für internationale Wissenschaftler schwer verständlich“

Das zeige zugleich ein grundlegendes Problem für mobile Forscher auf: „Das deutsche Rentensystem ist für internationale Wissenschaftler schwer verständlich und einfach noch aus einer Zeit, in der man zumeist festangestellt war.“ Er selbst habe nur in drei verschiedenen Ländern gearbeitet, aber er kenne auch Wissenschaftler, die in vier oder fünf Ländern beschäftigt waren. „Wenn man sich da nicht auskennt, läuft man Gefahr, sich etwas entgehen zu lassen“, sagt Brian Cahill. „Man glaubt, alles passiert automatisch, und 30 Jahre später hat man keine Unterlagen mehr und kann sich nicht mehr daran erinnern, wo man welche Ansprüche geltend machen kann.“

Es waren Anfragen wie die von Brian Cahill, die Wegner-Wahnschaffe handeln ließen: „Wir haben angefangen, Informationen über Renteneinrichtungen und für Renten zuständige Institute in den diversen Ländern zu sammeln und diese den Universitäten und Forschungseinrichtungen zuzuordnen.“ Die Liste wuchs und wuchs, seit 2011 ist daraus ein Portal geworden, das Pionierarbeit leistet. Geplant ist, einen persönlichen Bereich für Nutzer einzurichten, in dem diese ihre individuelle Arbeitsbiografie abspeichern und spätere Rentenansprüche kalkulieren können, sagt die FYP-Projektmanagerin.

Brian Cahill ist mittlerweile Vorsitzender des Marie-Curie-Alumni-Verbands. Zum jüngsten Karriereseminar des Verbands hatte er Claudia Wegner-Wahnschaffe eingeladen, die dann mehr als 100 Alumni das Prinzip Rente in Europa erklären durfte.

Im Überblick

Im Überblick

Eckdaten der Plattform für im Ausland lebende Wissenschaftler

Förderer und Nutzer
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das Informationsportal „Find Your Pension“ mit einem Projektbudget von 494.000 Euro. Es ist Teil der Initiative „Partnership for Researchers“ der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Auf der Plattform sind Informationen zu staatlichen und betrieblichen Versorgungsträgern von 473 Arbeitgebern aus 19 Länder Europas aufgelistet. Im Jahr 2015 haben 114.000 Menschen das Portal genutzt.

So funktioniert es
Zunächst müssen die ehemaligen, aktuellen oder zukünftigen Arbeitgeber in die Suchmaske von FYP eingetragen oder auf der Europakarte markiert werden. Im Ergebnis werden die entsprechenden Versorgungsträger für den jeweiligen Arbeitgeber mit Kontaktinformationen aufgelistet. Auch werden weitere Informationen zu den nationalen Versorgungsträgern bereitgehalten.

Weitere Hinweise

  • Das Find-Your-Pension-Portal ist Partner des TTYPE-Projekts (Track and Trace Your Pension in Europe), das einen EU-weiten Pensions­ und Rentenaufzeichnungsdienst anstrebt.
    Internet: ttype.eu
Diese Cookie-Richtlinie wurde erstellt und aktualisiert von der Firma CookieFirst.com.

Login

Der Beitragsinhalt ist nur für Abonnenten zugänglich.
Bitte loggen Sie sich ein:
 

Logout

Möchten Sie sich abmelden?

Abo nicht ausreichend

Ihr Abonnement berechtigt Sie nur zum Aufrufen der folgenden Produkt-Inhalte: