„EU-Politiker gefährden uns“
Das Horizon-Europe-Budget reicht nicht, um dringend notwendige Innovationen anzustoßen, sagt Kurt Deketelaere, Generalsekretär der League of European Research Universities
Pionierforschung, sogenannte „Frontier Research“, ist für die Lösung drängender wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme Europas entscheidend, betont der Generalsekretär der League of European Research Universities (LERU), Prof. Dr. Kurt Deketelaere. LERU ist ein Netzwerk von 23 führenden Universitäten aus zwölf EU-Ländern. Aus Deutschland mit dabei sind die LMU München, die Universität Heidelberg und die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Herr Deketelaere, warum soll Pionierforschung mehr gefördert werden?
Wir sind fest überzeugt, dass visionäre Forschung eine essenzielle Rolle im Innovationsprozess spielt und entscheidend zu gesellschaftlichen Fortschritten beiträgt.
Wie wollen Sie erreichen, dass solche Forschung stärker in den Fokus gerät?
Wir pflegen einen ständigen Dialog und kooperieren mit den bildungs- und wissenschaftsrelevanten EU-Institutionen und EU-nahen Organisationen zu Themen wie Open Science, Horizon Europe, Erasmus+ und dem Europäischen Forschungsraum. Vertreter unserer 23 Mitglieder erarbeiten gemeinsam Papiere zur LERU-Strategie und zum gegenseitigen Austausch. Wir teilen kontinuerlich Wissen, Expertise und bewährte Praxiserfahrung aus Feldern wie akademische Karrieren, Doktorandenausbildung, Gender, Forschungsmanagement, Open Scholarship, Innovationen und vieles mehr.
Die Mittel von Horizon Europe reichen nicht aus, um bahnbrechende Forschung auf den Weg zu bringen?
Die Bedeutung von Universitäten und Forschung ist nie klarer geworden als in den vergangenen zwölf Pandemie-Monaten. Gesellschaft und Politik erwarten hier oft schnelle Lösungen durch Wissenschaft und Innovationen. Viele weitere Aufgaben liegen vor uns: von nachhaltiger Entwicklung und globaler Gesundheit bis zur Nutzung künstlicher Intelligenz stellen sich drängende Fragen, bei deren Beantwortung die Wissenschaft eine Schlüsselrolle spielen wird. All das steht in vollständigem Widerspruch zu der finanziellen Ausstattung, die die EU-Mitgliedstaaten für Forschung, Bildung und Innovation für die Jahre 2021 bis 2027 vorgesehen haben. Die Investitionen gehen sogar zurück. Selbst Deutschland hat sich nicht für mehr Gelder stark gemacht. Derweil investieren globale Machtzentren wie China oder die USA massiv in Wissenschaft. Wir können daraus nur schließen, dass die führenden EU-Politiker unsere Zukunft gefährden.
DUZ Magazin 01/2021 vom 22.01.2021