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Aufstieg im Säulengang der Wissenschaft

Seit zehn Jahren treiben das Zentrum für Wissenschaftsmanagement und die Hochschule Osnabrück mit ihren Fort- und Ausbildungsangeboten die Professionalisierung der Wissenschaftsverwaltung voran. Jetzt zeigt sich: Die Karrierewege drohen im Management so eingefahren zu werden wie die in der Forschung.

Ob er ein Pionier sei? „Solche Wechsel sind meines Wissens nicht so üblich“, antwortet Carsten Feller vorsichtig. Feller, 46 Jahre alt, ist vergangenen Herbst von seinem Posten als Kanzler der Hochschule Fulda ins Ministerium für Wissenschaft und Kunst nach Dresden gewechselt. Unter Prof. Dr. Sabine von Schorlemer (parteilos) leitet Feller das Referat 32 und ist zuständig für die sächsischen Universitäten und Kunsthochschulen.

Vom akademischen Wissenschaftsmanagement ins Ministerium zu wechseln, ist für Beschäftigte im mittleren Management unüblich: Die Ministerien rekrutieren ihre Beamten vorwiegend von den Verwaltungshochschulen oder als Juristen. Wissenschaftsmanager wie Feller, der einst eine PR-Agentur besaß, fangen dagegen oft als Quereinsteiger an und bleiben eher im Hochschulbetrieb. Dort steigt der Bedarf an Leuten, die nicht nur Rechtsvorschriften umsetzen, sondern auch Managementaufgaben wahrnehmen. Die Hochschule Osnabrück und das Zentrum für Wissenschaftsmanagement (ZWM) in Speyer haben das früh erkannt. Seit ziemlich genau zehn Jahren bilden sie Wissenschaftsmanager aus –  für Hochschulen, außeruniversitäre Einrichtungen und Ministerien.

Das ZWM, im Frühjahr 2002 auf Initiative von Hochschulen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und außeruniversitären Forschungsinstituten gegründet, versteht sich als „Ort des Austauschs und kollegialen Lernens über Hochschulen, Forschungseinrichtungen und intermediäre Organisationen hinweg“. Vergangenes Jahr schrieben sich rund 350 Wissenschaftsmanager für die mehrmoduligen Kurse in Speyer ein. Mit einer ganz ähnlichen Mission wie das ZWM startete die Hochschule Osnabrück im Sommer 2003 ihren viersemestrigen Studiengang. Mehr als 80 Frauen und Männer haben ihn bis heute absolviert, darunter auch Carsten Feller.

Doch nach einer Dekade des Kurs- und Lehrbetriebs zeigt sich: Managementkarrieren folgen den aus der Wissenschaft bekannten Pfaden, sie verlaufen innerhalb der historisch gewachsenen Säulen des Wissenschaftssystems. „Die Leute aus Universitäten, Hochschulen, Forschungsinstituten und Ministerien sitzen zwar in denselben Kursen, wechseln aber selten den Bereich, obwohl sich die Managementaufgaben kaum unterscheiden“, sagt Dr. Frank Ziegele, Geschäftsführer am Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Ziegele lehrt seit Gründung des Studiengangs für Hochschul- und Wissenschaftsmanagement in Osnabrück.

Auf seine Initiative hin wurden im Dezember 2008 erstmals 34 Absolventen des Studiengangs befragt, wohin ihre Karrierewege sie nach dem Abschluss führten. 29 von ihnen, also fast 90 Prozent der Befragten, gaben an, seit Studienbeginn ihre Beschäftigung oder den Arbeitgeber gewechselt zu haben. Der Weg führt häufig nach oben: ein Osnabrücker Alumnus ist heute Präsident der Hochschule Konstanz, vier wurden Kanzler an Fachhochschulen, Musik- und Kunsthochschulen – nur blieben sie nach Beobachtung Ziegeles eben oft in „ihrer Säule“ des Wissenschaftssystems und wechselten selten zwischen Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen.

„Die, die Leute einstellen, aber auch die, die suchen, denken häufig noch zu sehr in ihren Säulen.“

Ziegele sieht auch mentale Barrieren. In einer Studie für das Bundesforschungsministerium befragte das CHE im Jahr 2009 rund 250 Leiter von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Fast die Hälfte der Befragten an den außer-universitären Forschungseinrichtungen sah große oder sehr große Unterschiede zwischen den Managementaufgaben der eigenen Institution und einer Hochschule. An Universitäten war die Skepsis ähnlich groß. Dabei, meint Ziegele, seien die Aufgaben gar nicht so unterschiedlich. „Diejenigen, die Leute einstellen, aber auch die, die suchen, denken häufig noch zu sehr ihn ihren Säulen“, lautet sein Fazit. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Studiengangs werden die mehr als 80 Absolventen gerade zu ihren Karriereverläufen befragt. Ergebnisse sollen noch in diesem Jahr vorliegen.

Auch in Speyer beobachtet man ähnliche Tendenzen. Die Teilnehmer der Weiterbildungen, von denen vergangenes Jahr gut zwei Drittel an einer Universität arbeiteten und nicht einmal zehn Prozent an einer  Fachhochschule, bleiben häufig in ihrer Sphäre. „Die Grenzen zwischen diesen beiden Säulen des Systems sind noch nicht so durchlässig, wie wir es gerne hätten“, meint Dr. Thorsten Mundi, Geschäftsführer am ZWM. Das liege seiner Einschätzung nach auch an einer gefühlten Kulturdifferenz zwischen Fachhochschulen und Universitäten. Eine systematische Befragung der 730 bisherigen und aktuellen Lehrgangsteilnehmer hat das Zentrum gleichwohl bisher nicht durchführen lassen.

Doch kann Feller als einstiger Kanzler der Hochschule Fulda eine solche kulturelle Differenz bestätigen: „Die Universitäten sind forschungsorientierter, die Fachhochschulen praxisorienterter aufgestellt.“ Weniger diplomatisch formuliert: An den Unis, die sich als Nachlassverwalter des Humboldtschen Erbes begreifen und der Einheit von Forschung und Lehre verpflichtet sehen, schaut man häufig noch etwas abfällig auf die Fachhochschulen als „verlängerte Ausbildungsbetriebe der Industrie“. Neben den subtilen Differenzen gibt es aber auch sehr solide Barrieren: Führungskräfte in Fachhochschulen verdienen schlicht weniger. Auch wenn sich generalisierte Aussagen kaum treffen lassen – je nach Funktion kann es um mehrere Gehaltsstufen gehen. Hinzu kommt: Der Wechsel von einer Uni an ein außeruniversitäres Institut scheint leichter zu sein als von einer Fachhochschule aus.

So berichtet Dr. Stephanie Dittmer, die den Bereich Strategie in der Geschäftstelle der Helmholtz-Gemeinschaft leitet, dass viele Mitarbeiter der Helmholtz-Geschäftsstelle einen universitären Hintergrund hätten. Die Helmholtz-Gemeinschaft eröffnete 2007 eine eigene Akademie für Führungskräfte und gehört zu den Gründern des ZWM, so wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft. „Seit 2004 werden alle, die für den höheren Dienst eingestellt werden, nach Speyer geschickt“, berichtet die Generalsekretärin der DFG, Dorothee Dzwonnek. Das betrifft inzwischen mehr als hundert DFG-Mitarbeiter. Hinzu kommen rund 400 Leiter aus DFG-geförderten Forschungsverbünden und 150 Nachwuchsgruppenleiter in Sonderforschungsbereichen, die an Fortbildungen des ZWM teilgenommen haben.

Gerade im Bereich der Exzellenzinitiative sind die Grenzen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen nach Dzwonneks Dafürhalten inzwischen sehr durchlässig: „Viele Wissenschaftsmanager wechseln von Universitäten an außer-universitäre Forschungseinrichtungen und andersherum. Oder sie promovieren an einer Universität und bewerben sich dann bei der DFG.“ Die während der Ausbildung geknüpften Netzwerke wären denn auch ein wichtiger Mehrwert der Ausbildung, betont Geschäftsführer Mundi.

In diesem Frühjahr begann am ZWM erstmals ein viersemestriger Studiengang für Wissenschaftsmanager, der anlog zu Osnabrück zu einem Masterabschluss führt. Die ersten 20 Teilnehmer kommen von Unis, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen: In der Gruppe sind alle Säulen des Wissenschaftssystems vertreten.

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