Noch mehr nachhaltige Forschungsförderung
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) will sich künftig noch stärker für Nachhaltigkeit engagieren. Das ist auch ein Mandat an die Gemeinschaft der Forschenden, die wir zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen brauchen. Ich wünsche mir eine #DFGforFuture
Dieser Artikel ist in DUZ Wissenschaft und Management in der Rubrik "Reflexionszeit" erschienen und Teil der Online-Reihe "Weiterdenken & Diskutieren" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
Die Gesellschaft insgesamt und auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) habe „guten Grund“ sich „noch mehr für nachhaltiges Denken und Handeln einzusetzen“. So wurde die DFG-Präsidentin Prof. Dr. Katja Becker Ende September in einer Pressemitteilung zitiert, in der die DFG ankündigte, ihre Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit intensivieren und systematisch ausbauen zu wollen. Künftig werden weitere Forschungsprojekte im Kontext von Umweltschutz und Nachhaltigkeit gefördert, Nachhaltigkeitsforschung solle ein Querschnittsthema werden. Mit der Organisation von Begutachtungen und den Abläufen in der Geschäftsstelle wolle sich die DFG unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ebenfalls befassen, auch mit der Kompensation der CO2-Emissionen, die durch Dienstreisen von DFG-Beschäftigten, Gremienmitgliedern, Gutachtenden und Geförderten entstehen.
Es ist bedeutend, dass die Forschungsgemeinschaft diese Erklärung abgibt. Und, ja, ich habe auf eine solche Positionierung auch schon ein bisschen gewartet. Die DFG ist eine unserer wichtigsten Organisationen im Wissenschaftsmanagement. Sie finanziert Forschung – und macht sie damit möglich. Zudem steht eine Förderung durch die DFG oder die Zuerkennung eines von ihr ausgelobten Preises sehr weit oben auf der Liste der Indikatoren für wissenschaftliches Renommee und fachliche Exzellenz – von einzelnen Forschenden wie von Wissenschaftsorganisationen insgesamt. Auch dadurch bestimmt die Institution den Diskurs um die Frage, was bedeutsame Forschung ist. Und die Forschungsgemeinschaft hat die Mittel, den Diskurs innerhalb der Scientific Community in Richtung Nachhaltigkeit noch weiter zu befördern. Tut sie es nicht, dürfte diese Auseinandersetzung deutlich langsamer Fahrt aufnehmen, als wir es uns angesichts der Lage wünschen sollten.
Die Corona-Pandemie hat einen Reflexionsraum dafür geöffnet, dass wir in vielen Sektoren des gesellschaftlichen Lebens alte Gewohnheiten in Frage stellen. Wie gestalten wir unsere sozialen Beziehungen? Wie viel Rücksicht erwarten wir von Einzelnen? Welche Jobs halten wir für systemrelevant? Wie gestalten wir unsere Arbeitsmodelle? Wie mobil wollen wir sein? Ähnlich grundsätzliche Fragen sehe ich auch auf dem Tisch des Wissenschaftssystems liegen: Was wollen wir erforschen? Welchen ökologischen Fußabdruck darf unsere Forschung haben? Wie gehen wir damit um, wenn Ergebnisse unserer Forschung auch zur weiteren Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beitragen? Wie wollen wir in der Wissenschaft weltweit kommunizieren und zusammenarbeiten? Und wie wahren wir die große Errungenschaft der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre – wenn wir Antworten auf diese entscheidenden Fragen finden?
Ja, auch unsere Forschungsförderung sollten wir noch mehr auf den Prüfstand der Nachhaltigkeit stellen. Dafür brauchen wir eine Forschungsförderung, die die entsprechenden Verfahren zusammen mit der Gemeinschaft der Forschenden entwickelt. Ich plädiere für eine #DFGforFuture.
DR. UTE SYMANSKI gründete 2009 Hochschulcoaching und ist Hochschulberaterin und Coach mit 20 Jahren Erfahrung im Wissenschaftsmanagement. Sie arbeitet mit Führungspersönlichkeiten im Wissenschaftssystem.
DUZ Wissenschaft & Management 09/2020 vom 06.11.2020