Warum Führungskräfte nicht loben sollten
Ein Baustein von Kooperationskultur ist Anerkennung für geleistete Arbeit der anderen. Dafür wiederum braucht es Menschen, die Anerkennung aussprechen können. Klingt einfach? Ist es.
Dieser Artikel ist in DUZ Wissenschaft und Management in der Rubrik "Reflexionszeit" erschienen und Teil der Online-Reihe "Weiterdenken & Diskutieren" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
Als Hochschulberaterin bin ich fest entschlossen, die Kooperationskultur in den Organisationen des Wissenschaftssystems zu stärken. Es geht um Lob versus Anerkennung. Gelobt wird mehr – weil es besser in das hierarchisch geprägte System passt. Ich möchte den feinen, wenngleich bedeutenden Unterschied zwischen „loben“ und „ anerkennen“ hervorheben. Und alle Leserinnen und Leser einladen, mehr Anerkennung auszusprechen.
Wer lobt, bewertet. Etwas zu bewerten, ist eine Kernaufgabe von Wissenschaft. Wissenschaftler bewerten gern. Der Weg von „richtig“ oder „falsch“ zu „gut“ oder „schlecht“ ist kurz. Für erfahrene Mitarbeiter oder für Kolleginnen, die sich selbst als Expertinnen sehen, brauchen Sie mehr als Bewertung. Mehr als Lob. Sie brauchen die Fähigkeit, Anerkennung auszusprechen. Meine Empfehlung: Bitte loben Sie ab sofort nur noch Ihren Hund. „Platz, Hasso!“ ... „So ist’s gut. Braver Hund.“ Ein klassisches Lob. Hasso hat getan, was Sie von ihm wollten. Und hat vielleicht sogar ein Leckerli verdient. Oft hört man Eltern mit ihren Kindern ähnlich sprechen. Wer sich für pädagogische Fragestellungen interessiert, weiß, dass der Einsatz von Lob in der Kindererziehung umstritten ist. Umso erstaunlicher ist, dass im Führungsalltag das Lob nach wie vor verbreitet ist. Dies scheint insbesondere auf das oft hierarchisch geprägte Verhältnis von wissenschaftlichen Führungskräften zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuzutreffen.
Zur weiteren Unterscheidung von Lob und Anerkennung zwei Anekdoten: Neulich auf einer Tagung: Eine anerkannte Koryphäe, Mitte 70, hält einen Vortrag. Begeisterter Applaus im Publikum. Ein Student richtet das Wort an die Rednerin: „Echt guter Vortrag. Machen Sie weiter so!“ Ein Lob, das von Herzen kam. Und im Saal für allgemeine Erheiterung sorgte.
Zweitens: Im Führungskräfteseminar fragte ich die Teilnehmenden nach ihren Erfahrungen mit Lob und Anerkennung. Es meldete sich die Abteilungsleiterin für „International Admission“ an einer Universität. Sie hatte eine neue Richtlinie zur Auswahl internationaler Studierender erarbeitet. Ein langer Prozess, dem eine mehr als einjährige Abstimmung zwischen Hochschulleitung, Verwaltung und Fakultäten vorherging. In der Rektoratssitzung, in der die neue Richtlinie beschlossen werden sollte, konnte sie nicht dabei sein. Für ihren Dezernenten und Leiter des International Office schrieb sie den Vermerk zur Vorbereitung auf die entscheidende Sitzung. Am Tag nach der Rektoratssitzung lag ihr Vermerk auf ihrem Schreibtisch. „Guter Vermerk!“ stand in der Handschrift des Chefs darauf. „Ja klar ist der Vermerk gut. Ich arbeite seit über einem Jahr an dem Thema!“ dachte die Mitarbeiterin und konnte sich nicht so richtig an diesem Lob erfreuen. Zum Glück kam ihr Chef später zu ihr und sprach etwa folgende Worte: „Danke für Deinen Vermerk. Da stand alles drin, was ich gestern wissen musste. Ich hatte auf wirklich jede Nachfrage eine Antwort. Es ist vollbracht: Die neue Richtlinie ist beschlossen worden.“ Bäm! Ein Beispiel für gelungene Anerkennung.
Loben funktioniert von oben nach unten (Herrchen lobt Hund, Expertin lobt Anfänger) – und manifestiert dieses Gefälle. Anerkennung aussprechen hingegen ist Kommunikation auf Augenhöhe. Das Schlüsselwort ist „Danke für ...“ Probieren Sie es aus!
DR. UTE SYMANSKI ist Hochschulberaterin und Coach und arbeitet mit Führungspersönlichkeiten im Wissenschaftssystem.
DUZ Magazin 08/2018 vom 24.08.2018