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Krise während der Promotion - Wie als Betreuer damit umgehen?

Einer meiner Doktoranden war zu Beginn seiner Promotion voller Enthusiasmus, hat zuverlässig und selbstständig gearbeitet. Nun scheint er unmotiviert, hält sich nicht an Vereinbarungen und entwickelt immer neue Projektideen. Auf kritische Fragen reagiert er abweisend. Was kann ich tun?

Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Coach Kerstin Mauth antwortet:
Die meisten Promovierenden müssen während ihrer Dissertation Krisen bewältigen. Der Umgang damit stellt auch eine Herausforderung in der Betreuungsbeziehung dar. Ein offenes Gespräch auch über mögliche Ursachen und Hintergründe für die Krise ist hier empfehlenswert.

Das Modell des situativen Führens kann Ihnen bei der Vorbereitung eines solchen Gesprächs und bei der Einschätzung der Entwicklung ihres Doktoranden helfen. Das Modell geht davon aus, dass Promovierende während ihrer Promotion verschiedene Phasen des Lernens durchlaufen – und das mehrmals. In diesen vier Phasen beziehungsweise Reifegraden (R) – enthusiastischer Anfänger (R1), entmutigter Lerner (R2), vorsichtiger Performer (R3) und selbstständiger Leistungsträger (R4) – sind fachliche Kompetenz und Motivation (Zuversicht) unterschiedlich stark ausgeprägt.

Möglicherweise war Ihr Doktorand zu Beginn seiner Promotion voller Selbstvertrauen in seine fachlichen Fähigkeiten und inhaltlich hoch motiviert (R1). Nun stellt er mit Fortschreiten der Promotion fest, wie viele Aufgaben er noch meistern muss und fühlt sich entmutigt oder überfordert (R2). Abhängig von der Entwicklungsphase braucht Ihr Promovend ganz unterschiedliche Arten der Unterstützung. Als entmutigter Lerner (R2) braucht er vor allem Ermutigung, zum Beispiel in Form von aktivem Zuhören, Loben und wertschätzendem Feedback. Auch kann es hilfreich sein, die Erfahrung Ihres Promovenden zu normalisieren, indem Sie ihm aufzeigen, dass es normal ist, während der Promotion durch unterschiedliche Entwicklungsphasen zu gehen, und dass dies nichts über seine grundsätzliche Eignung als Wissenschaftler aussagt. Auf der anderen Seite ist für eine Person in Entwicklungsstufe R1 ein direktiver Betreuungsstil passend. Dieser zeichnet sich unter anderem durch klare Vorgaben, häufiges Erklären, Planen, Priorisieren und regelmäßiges Überprüfen aus. Kurz: Es gibt nicht den einen idealen Betreuungsstil, sondern nur einen, der sich am Entwicklungsstand der zu betreuenden Person orientiert.

Folgendes können Sie konkret tun:

1. Machen Sie sich mit dem Modell des situativen Führens vertraut. Klären Sie zu Beginn der Betreuungsbeziehung, wie Sie Promovierende begleiten, und erläutern Sie, was das unter anderem in Krisensituationen bedeutet.
2. Machen Sie gemeinsam mit Ihrem Doktoranden eine Liste aller seiner aktuellen Tätigkeiten.
3. Schätzen Sie seine Entwicklungsphasen bezogen auf jede dieser Tätigkeiten ein.
4. Entscheiden Sie, welcher Betreuungsstil zu welcher Tätigkeit passt.
5. Überprüfen Sie, welcher der Führungsstile im Modell des situativen Führens (Dirigieren für R1, Trainieren für R2, Sekundieren für R3 und Delegieren für R4) Ihnen am meisten liegt und in welchem Führungsstil Sie sich weiterentwickeln wollen.

Literatur:
Wagner, H.H.; Boyd, C.; Napper, R. (2016). How to share the process of graduate advising. FACETS I: 263–279. doi:10.1139/facets-2015-0013

DR. KERSTIN MAUTH ist freie Trainerin und Coach vor allem im akademischen Kontext. Ihre Schwerpunktthemen sind Karriereentwicklung, Führung und Selbstführung sowie Achtsamkeit und Meditation. Zudem ist sie Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner der DUZ ist.


www.coachingnetz-wissenschaft.de
www.mauth-coaching.de

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