
Sie übernehmen eine neue Rolle: die der Beziehungsbeauftragten
Wie der Zusammenhalt eines Verbundes auch über eine Förderperiode hinaus gelingen kann? Ganz einfach: runter von der Sachebene. Kommunizieren Sie auf der Beziehungsebene, dann klappt’s auch wieder mit der Motivation.
Dieser Artikel ist in DUZ Wissenschaft und Management in der Rubrik "Reflexionszeit" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
"Wir driften auseinander und forschen in Untergruppen vor uns hin. Mir fehlt die Arbeit an einem gemeinsamen Ziel, das uns alle verbindet“, sinniert die Sprecherin eines großen interdisziplinären Forschungsverbundes. Manchmal scheint mir der Weg vieler Verbünde und Projekte quasi vorgezeichnet: In der Antragsphase ist die Motivation hoch. Ist das Projekt oder der Verbund bewilligt, sind die Mittel verteilt und ist die Arbeit gestartet, beginnt auch schon ein erster zarter Zerfall der Forschungsgruppe. Dabei könnte gerade aus dieser Vielfalt ein großes Ganzes entstehen, in dem die ursprünglichen Ideen weiterentwickelt werden. Am Ende einer Förderung könnte so viel mehr entstanden sein, als die Summe der abgearbeiteten Teilprojekte.
Fast immer, wenn Sprecher von Forschungsverbünden sich beraten lassen, geht es letztlich um die Fragen nach Zusammenarbeit, Zusammenhalt oder darum, wie das Commitment der Einzelnen für die gemeinsame Forschungsfrage wieder geweckt werden kann. Irgendwann wurschtelt jeder im Kleinen vor sich hin, verliert den roten Faden, an dem sich doch alle gemeinsam orientieren wollten. Wie also begeistert der Sprecher sein Team? Und weckt verschüttete Begeisterung und Enthusiasmus für die Idee?
Ganz einfach: mit viel Kommunikation auf der Beziehungsebene. Verlassen Sie die Sachebene. Sorgen Sie für bewusste und wertschätzende Kommunikation der Verbundmitglieder untereinander. Denn vor allem im direkten Austausch entsteht er, der Raum, der kreative Ideen sprudeln lässt. Das Interesse an einer Zusammenarbeit erlischt, wenn Kommunikation lediglich Absprachen auf der Sachebene beinhaltet. Das ist vorgezeichnet und scheint mir systemimmanent. Denn die Mitglieder des Forschungsverbundes sind in ihren jeweiligen Fakultäten, Forschungsgruppen und sonstigen Aufgaben stark eingebunden. Und tatsächlich arbeiten auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lieber mit den Kolleginnen und Kollegen zusammen, mit denen die Zusammenarbeit Spaß macht. Den managenden Sprecherinnen und Sprechern kommt dabei eine wichtige Rolle als Beziehungsbeauftragte zu. Sehen sie es als Ihre wichtigste Aufgabe, alle Rädchen des Getriebes (Kette nicht vergessen!) sorgsam mit „wir“, „gemeinsam“ und „zusammen“ zu schmieren. Holen Sie die anderen Sprecherinnen und Sprecher ins Boot, allein schaffen Sie das nicht. Gemeinsam mit den „Stakeholdern“ innerhalb des Verbundes schon.
Bauen Sie in jede Klausurtagung, jedes Retreat eine – und zwar richtig lange – Einheit ein, in der sich alle mit dem Zusammenwirken innerhalb des Verbundes befassen. Richtig lange bedeutet: mindestens einen halben Tag. Oder besser gleich einen ganzen. Ja, mein voller Ernst! Diese Zeit ist damit viel sinnvoller und effektiver verbracht als mit einem Vortragsmarathon. Wichtig: Nennen Sie diesen Beziehungspflegeblock beim Namen: „Zusammenarbeit im Verbund stärken“ oder „Unsere interne Kommunikation verbessern“ oder gar „Beziehungspflege im Verbund“. Könnte sein, dass die Teilnahmerate am Retreat sprunghaft steigt. Die eingangs erwähnte Klientin rief die Tage an. Es hat super funktioniert.
DR. UTE SYMANSKI gründete 2009 Hochschulcoaching, ist Beraterin und Coach mit 20 Jahren Erfahrung im Wissenschaftsmanagement und arbeitet mit Führungspersönlichkeiten im Wissenschaftssystem.
www.hochschulcoaching.de


DUZ Wissenschaft & Management 09/2019 vom 01.11.2019