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Als Neuberufene will ich mich nicht in Konflikte ziehen lassen

„Im Kollegium gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen zwei Parteien. Der Konflikt besteht seit Jahren und ist inzwischen so weit eskaliert, dass die zwei Lager nicht mehr gesprächsbereit sind. Als Neuberufene muss ich mit allen klarkommen und möchte mich nicht reinziehen lassen. Wie kriege ich das hin?“, fragt eine Professorin.

Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Der Coach antwortet:

Eine vertrackte Situation, die gleichermaßen Taktgefühl und Klarheit erfordert. In den Konflikt wollen Sie auf keinen Fall hineingezogen werden! Als Erstes gilt es, Abstand zu gewinnen. Denn wenn wir eine Situation unabhängig vom Streitthema betrachten, werden die strukturellen Merkmale des Konflikts deutlich und Handlungsmöglichkeiten erkennbar.

Wie bei jeder Zwickmühle sind die Beteiligten in einem Entweder-oder gefangen, das keine Differenzierung (Sowohl-als-auch) oder Alternativen (Darüber-hinaus) duldet. Durch die Historie haben sich die Fronten verhärtet. Auf dieser Eskalationsstufe werden Einlenken und Entgegenkommen als Niederlage interpretiert. Die Personen sind mit ihrer Position identifiziert. Dadurch entsteht ein typisches Feindbildschema: „Entweder du bist für mich oder gegen mich.“ Die Betroffenen sind zugleich Täter und Opfer in einem Teufelskreis, der die eigene Position mit jeder Interaktion bestärkt. Wichtige Fähigkeiten, wie aktives Zuhören oder Person und Sache auseinanderzuhalten, gehen dabei unter.

Betrachten Sie die Situation aus einer gesunden Distanz. Das gelingt in einem ruhigen Moment, wenn Sie nicht unmittelbar im Geschehen stecken. Dabei geht es weniger um die von den Parteien vorgetragenen Argumente, sondern um die Muster, die sich in der Interaktion abspielen. „Wenn A x sagt oder tut, reagiert B darauf mit y.“ Mit diesem Blick von außen distanzieren Sie sich ein Stück weit von der Situation. Ein oder eine Coach kann Sie mit einer Systemvisualisierung dabei unterstützen.

Erkunden Sie, welche Bedürfnisse im Verhalten der Betroffenen implizit zum Ausdruck kommen. Bedürfnisse sind abstrakte, universale Werte. Handlungen dagegen sind konkrete Strategien, mit denen wir beabsichtigen, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Abhängig davon, wie entwickelt die sozialen und emotionalen Kompetenzen einer Person sind, fällt ihr Verhaltensrepertoire aus. Das Bedürfnis nach Respekt kann jemanden beispielsweise dazu veranlassen, sein Gegenüber anzuschreien oder ruhig und gefasst zu benennen, was einen stört und welche Behandlung man stattdessen wünscht. Handlungen können unangemessen und inakzeptabel sein. Bedürfnisse sind immer wertvoll und menschlich nachvollziehbar. Mit einem Verständnis für die Bedürfnisse gewinnen Sie den Blick dafür, worum es in dem Konflikt eigentlich geht – Anerkennung und Wertschätzung womöglich – und können in Ihrem Verhalten darauf eingehen. Die sachlichen Interessen, um die es geht, werden dann erkennbar und besprechbar. Diese Unterscheidung hilft Ihnen, in Kontakt zu bleiben, ohne emotional hineingezogen zu werden.

Achten Sie auf Ihr inneres Gleichgewicht und Ihre Grenzen. Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie den Konflikt nicht schlichten können! Sie haben nicht den Auftrag und sind selbst Teil des Systems. Gewinnen Sie Klarheit über Ihre eigenen Grenzen, Bedürfnisse und Werte. So können Sie sie benennen und danach handeln.

Denken Sie „Out of the box“ statt „Entweder-oder“ – „Sowohl-als-auch“ und „Darüber-hinaus“. So zeichnen sich zumindest für Sie Möglichkeiten ab, die Ihren Blick offen halten für eigene Verhaltensoptionen und einen Rat, wenn er sich bietet.

Neben den bereits erwähnten Strategien kann es heilsam sein, sich den eigenen Anteilen zuzuwenden, die auf den Konflikt emotional reagieren, damit Sie bei sich bleiben und nicht unwillkürlich zur Beteiligten werden.

Dr. Anette Hammerschmidt ist Beraterin, Trainerin und Coach. Sie arbeitet sowohl im Hochschul- und Wissenschaftsbereich als auch in der Wirtschaft. Ihre Schwerpunkte sind Führungsthemen, Organisationsentwicklung und internationale Zusammenarbeit. Sie ist Gründungsmitglied des Coachingnetzes Wissenschaft, das Partner der DUZ ist.

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