Erste Professur - plus Dekanat gleich nach dem Start?
Seit Kurzem habe ich meine erste Professur in einem kleinen MINT-Bereich angetreten. Nun wird eine Frau als Dekanin gesucht und das Kollegium mutmaßt, ob ich mich zur Wahl stelle. Ich habe noch nicht viel Gremienerfahrung. Ist es für mich sinnvoll, mich als Dekanin zu engagieren?
Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
Coach Monika Klinkhammer antwortet:
Wunderbar, Sie stellen wichtige Fragen in den Mittelpunkt. Insbesondere in kleineren Fachbereichen wird die Übernahme der Aufgaben als (Vize-)Dekanin oder -Dekan im Rotationsprinzip als selbstverständlich vorausgesetzt und ist somit keine besondere Ehre. Zudem ist als Professorin Engagement in der akademischen Selbstverwaltung selbstverständlich. Überhaupt ist die Frage, in welchem Verhältnis das erforderliche Engagement zur (erhofften) Wertschätzung steht und damit lohnend für die Gestaltung Ihrer Professur ist. Fleiß alleine reicht nicht. Hier ist überlegtes Vorgehen wichtig.
Vor dem Hintergrund, dass man bei Ihnen offenbar eine Frau sucht, sollten Sie genau abwägen. Erst kürzlich haben sich 71 Professorinnen der Universität Mainz öffentlich dagegen ausgesprochen, dass Hochschulgremien regulär zu 50 Prozent mit Frauen besetzt werden müssen. Warum? Sie fürchten durch den insgesamt geringeren Frauenanteil an der Universität größere Belastungen und somit Benachteiligungen in Forschung und Lehre. Erfahrungsgemäß droht Frauen eine Stigmatisierung als Quotenfrau mit entsprechendem Reputationsschaden. Die oftmals subtile Unterstellung, nur als Frau eine Führungsfunktion bekommen zu haben, kann sich auch negativ auf Ihren Status und Ihre Rolle als Dekanin auswirken. Bedenken Sie insbesondere, dass gerade in der Einstiegsphase der Professur andere Aufgaben prioritär sind, für die Ihnen dann Zeit fehlen könnte.
Stellen Sie sich folgende Fragen:
- Welche Aufgaben oder andere Gremien reizen mich? Womit könnte ich als Dekanin auch für meinen Fachbereich glänzen, was könnte prickelnd, was zermürbend sein? Wie passt dies zu meiner Gestaltung der Professur, meinen Zielen, meiner Zeit?
- Was finde ich vor, wessen Nachfolge trete ich an? Wie wäre das Team der Dekane zusammengesetzt? Könnte ich mich zunächst auch als Vizedekanin oder als Stellvertreterin erproben? Wie sind die Chancen, mit der hauptamtlichen Ebene gut zu kooperieren? Schätze ich die anstehenden Aufgaben, Themen- und Konfliktfelder realistisch ein?
- Welche Herzensthemen, Talente und Kompetenzen bringe ich mit und was will ich in den nächsten Jahren (als Dekanin) erreichen oder lernen? Welche weiteren Positionen strebe ich an?
Wenn Sie jetzt überzeugt sind,sich zur Wahl zu stellen: Reicht Ihre kollegiale Unterstützung für die Arbeit und die anstehende Wahl? Eine Wahlniederlage ist kränkend, vielleicht statusschädigend. Professionalisieren Sie sich gegebenenfalls durch Workshops oder ein vorbereitendes Coaching.
Ein letzter Punkt: Sie treten nach der Amtszeit wieder in die Reihe des professoralen Kollegiums zurück. Konflikte oder im Dekanat notwendige Entscheidungen mit unangenehmen Konsequenzen könnten nachwirken. Wenn Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt gegen eine Kandidatur entscheiden – und das ist für frisch Berufene mein Rat, gleichwohl Frauenförderung wichtig bleibt – planen Sie, wie Sie freundlich, aber bestimmt und klug begründet das Angebot ablehnen.
Dr. Monika Klinkhammer arbeitet seit über 20 Jahren als Coach, Lehrcoach, Supervisorin und Trainerin in Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Sie
Zudem ist sie Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das als Partner der DUZ die regelmäßige Kolumne "Unter 4 Augen" erstellt.
DUZ Magazin 11/2019 vom 15.11.2019