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Konflikt zu Publikation mit Promovierendem

"Ich leite ein interdisziplinäres Projekt, und in meiner Gruppe ist ein Promovierender, der mittlerweile fast zwei Jahre bei uns arbeitet, aber nicht richtig vom Fleck kommt. Nach einer Auseinandersetzung um eine Publikation spricht er nun nicht mehr mit mir. Was soll ich tun?"

Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Coach Neela Enke antwortet:

Den Hintergrund für Ihren Konflikt könnten typische Herausforderungen in interdisziplinären Projekten bilden. Es gibt grundlegende Unterschiede des Forschungsverständnisses und der Forschungspraxis zwischen den Disziplinen – gemeinsam mit Fachbegriffen, Methoden, Denkweisen und Verhaltensmustern bilden diese die Fachkultur einer Disziplin. Diese ist den Zugehörigen meist vertraut und sie nehmen implizit an, dass alle anderen auf einem ähnlichen Wissensstand sind. Menschen, die dieses Wissen nicht oder nur teilweise besitzen, werden schnell als unverständig oder demotiviert gelesen. Ein Austausch über Wissenschaftsphilosophie, grundlegende Begrifflichkeiten und Forschungspraxis der verschiedenen Disziplinen sollte am Anfang eines interdisziplinären Projektes stehen, damit durch das gegenseitige Verständnis eine tatsächliche interdisziplinäre Zusammenarbeit – im Gegensatz zu einem multidisziplinären Nebeneinander – möglich wird.

Wenn der Promovierende die einzige „disziplinfremde“ Person in Ihrem Team ist, könnte es hilfreich sein zu prüfen, inwiefern dieser Austausch stattgefunden hat und ob ihm Zugang zu Wissen ermöglicht wurde, das den fachnahen Forschenden bereits bekannt ist. Und inwieweit wurde umgekehrt nach seinen fachspezifischen Kenntnissen/Perspektiven gefragt und von ihm gelernt? Ein Rolle spielen zudem oftmals (un)bewusste Hierarchisierungen durch die Akteurinnen und Akteure und Stereotypisierungen, die auch in kleinen Bemerkungen, Frotzeleien und Späßen Ausdruck finden können. Dies kann den Promovierenden demotivieren, da er dies als Angriff auf seine Professionalität werten könnte. Zudem könnte es sein, dass er durch den Wechsel des Feldes quasi wieder ganz von vorn anfangen muss, wo er in seinem ursprünglichen Feld schon einiges an Sicherheit, Erfahrung und damit an professionellem Standing hatte.

Der Konflikt um die Publikation hat sicherlich mehrere Facetten. Eine davon ist vielleicht die Vertrautheit mit bestimmten Publikationsorganen beziehungsweise -formen, zumal wenn der Promovierende über Erfahrungen in seiner „Heimat“-Disziplin verfügt. Aber auch das Thema Karriereentwicklung wird berührt: Da akademische Karrieren und auch Professuren in Deutschland nach wie vor sehr disziplinär angelegt sind, hängt es stark von den Zukunftsplänen des Promovierenden ab, welche Publikationsorgane attraktiv sind; hier kann sich durchaus ein Widerspruch zu den Anliegen des Projekts, der Drittmittelgeber und anderen auftun, die unter Umständen die Veröffentlichung in einem interdisziplinären Organ bevorzugen, wohingegen dem Promovierenden eine Zeitschrift in der Disziplin, in der er selbst sich verortet, attraktiver erscheint.

Um wieder ins Gespräch zu kommen und herauszufinden, wo genau der Knackpunkt liegt, wäre es hilfreich, sich der angenommenen und existierenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Team bewusst zu werden. Wenn es Ihnen gelingt, sich offen darüber auszutauschen und so die Verschiedenheit von Wissen und Forschungspraxis wertzuschätzen sowie die Neugier für die jeweilig andere Fachdisziplin zu wecken, ermöglichen Sie eine fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Basis eines gemeinsamen Verständnisses Ihres Projekts.

Literatur:

Lyall, C.; Bruce, A.; Tait, J.; Meagher, L. (2011): Making the Expedition a Success: Managing interdisciplinary projects and teams. In: Interdisciplinary Research Journeys: Practical Strategies for Capturing Creativity. London: Bloomsbury Academic. 51–79.

www.scienza-berlin.de

Dr. Neela Enke ist Coach, Mediatorin und Trainerin im Hochschulbereich. Zu ihren Schwerpunkten gehören Führung, Karriereentwicklung sowie Fragen von Gender und Diversity. Sie ist Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner der DUZ ist.

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