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„Datenmanagement gewinnt an Bedeutung“

Forschungsmanager sollten die Grenzen der eigenen Rolle kennen, findet Georg Krücken.

Prof. Dr. Georg Krücken ist Geschäftsführender Direktor des International Centre for Higher Education Research (INCHER) in Kassel und ebendort Professor für Hochschulforschung.


DUZ: Herr Krücken, warum hat sich in den vergangenen Jahren im Wissenschafts und Hochschulsektor ein Bedarf an Managern entwickelt?

Krücken: Hier spielen verschiedene interne und externe Faktoren eine Rolle, die dynamisch ineinander greifen. Einerseits sind in Deutschland die Erwartungen der Gesellschaft an Hochschul- und Wissenschaftsorganisationen gestiegen und komplexer geworden, hier insbesondere vermittelt über den Staat. Demgegenüber halte ich die Wirtschaft für eine Variable, die nicht so direkt auf Wissenschaft und Hochschule einwirkt und folglich geringere Bedarfe an Managern schafft. Andererseits befinden wir uns mitten in einem Veränderungsprozess, in dem Universitäten sich von lose gekoppelten Expertenorganisationen „ohne Zentrum und ohne Spitze“ in eigenständige, strategie-, handlungs- und wettbewerbsfähige Akteure umwandeln. Auch dieser Prozess, der keineswegs geradlinig verläuft, schafft seine eigenen Bedarfe. Das Aufgabenspektrum ist sehr unterschiedlich und hängt von den zuvor genannten Faktoren ab. So gibt es zahlreiche Forschungsmanager und Forschungsmanagerinnen, die mit vernetzten und größeren Drittmittelvorhaben befasst sind, etwa im Rahmen der Exzellenzinitiative oder der EU-Förderung. Andere sind stärker im Bereich des Wissens- und Technologietransfers tätig und wirken nach außen. Wieder andere konzentrieren sich primär auf Fragen der Forschungsdokumentation und des Datenmanagements. Vor allem der letztgenannte Bereich gewinnt gegenwärtig an Bedeutung.

DUZ: Genügt das derzeitige Bildungsangebot?

Krücken: Das Angebot ist durchaus beachtlich und reicht von Spezialisierungen im Rahmen übergreifender Masterprogramme im Wissenschaftsmanagement bis zu konkreten, kleinformatigen Angeboten. Wichtig ist, dass auch aus dem Feld selbst heraus Angebote entwickelt und Standards gesetzt werden. Hier ist die aus den USA kommende Association of University Technology Managers vorbildhaft. Bei alledem sollte man aber den hohen Anteil von „learning on the job“ nicht unterschätzen.

DUZ: Es scheint so, als entstünde da gerade ein eigenständiger Beruf.

Krücken: Ich denke, dass sich bei aller Heterogenität in der Tat zunehmend ein eigenes Berufsbild herausbildet, jedenfalls im Forschungsmanagement. Dafür sprechen vor allem Vernetzungen, Weiterbildungen und Fachvereinigungen, dagegen indes die sehr unterschiedlichen Rollenbilder und fachlichen Hintergründe der Protagonisten. Was ich nicht sehe, ist ein einheitliches Berufsbild eines allgemeinen Wissenschaftsmanagers. Schon die im Forschungs- und Lehrmanagement Tätigen weisen zu unterschiedliche Profile auf, um hier von ein und demselben Berufsbild zu sprechen.

DUZ: Welche Voraussetzungen sollten Forschungsmanager mitbringen?

Krücken: Das hängt von der konkreten Tätigkeit ab. Als ich vor einigen Jahren Interviews im Office of Technology Licensing der Stanford University durchführte, war ich überrascht, dass alle der dort Tätigen über mehrjährige Industrieerfahrungen verfügten. Das machte dort Sinn, so wie es in Deutschland, wo viel häufiger öffentliche Drittmittel und interne Forschungsvernetzungen als die Anbahnung von Industriekooperationen im Mittelpunkt stehen, eher um hierauf bezogene Kompetenzen geht. Wichtig erscheint mir, dass man das strategische Umfeld sehr genau beobachtet und einschätzen kann. Je wissenschaftsnäher man operiert, desto mehr sollte man ein Grundverständnis für Fächerkulturen haben, denn die Arbeitsweisen und das Umfeld sind doch sehr unterschiedlich. Grundsätzlich sollte man auch die eigene Rolle und deren Grenzen reflektieren können. Das Management in einer wissenschaftlichen Expertenorganisation kann Forschung und Lehre unterstützen, nicht jedoch im engeren Sinne managen. Stephan Laske, der viel für die Entwicklung des Wissenschaftsmanagements getan hat, schrieb einmal: „Wer glaubt, dass Universitätsmanager Universitäten managen, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.“

DUZ: Wie können Qualitätsstandards in der Weiterbildung von Forschungsmanagern definiert werden?

Krücken: Viele im Forschungsmanagement Tätige schließen ein wissenschaftliches Studium mit der Promotion ab. Der Anteil ist hier höher als in anderen Bereichen des Wissenschaftsmanagements. Dazu und danach kommen dann die zuvor benannten Bildungsangebote. Die Standards werden zumeist mit Bezug auf die spezifischen Aufgaben im Forschungsmanagement gesetzt. Übergreifende Standards sehe ich hier weniger. Organisationsübergreifende Netzwerke spielen eine sehr wichtige Rolle, indem sie den Austausch und Vergleich ermöglichen. Letzteres ist schwieriger als in der Scientific Community, in der man sich im Spiegel anderer – und sei es über Hilfs­kon­struk­tio­nen wie Publikationsindizes – vergleichen kann und die Standards für hochwertige Leistungen relativ klar definiert sind.

DUZ: Wie wird sich der Bedarf nach Forschungsmanagern entwickeln?

Krücken: Ich gehe davon aus, dass die zu Beginn genannte Verschränkung von Umweltbedingungen und organisationalen Veränderungen weiter die Bedarfe steuern wird. Zudem werden die Bedarfe wie bei allen erfolgreichen Akteursgruppen in der Gesellschaft auch von diesen selbst angeheizt. Forschungsmanagement erzeugt zunehmend Forschungsmanagement. Die Ressourcen sind jedoch endlich. Ich erwarte nicht, dass die öffentlich zur Verfügung stehenden Ressourcen auf Dauer so steigen werden wie in den vergangenen Jahren. Das wird vermutlich dazu führen, dass mehr Ressourcen als zurzeit jenseits des staatlichen Bereichs über engere Wirtschaftskontakte, aber auch über Crowdfunding und private Stiftungen akquiriert werden. Es wird spannend sein zu sehen, welche neuen Aufgabenfelder – Forschungsmanagement etwa im Bereich seltener Krankheiten oder Tierschutz – sich hieraus ergeben.

DUZ: Wo stehen wir im Vergleich zu anderen europäischen Staaten?

Krücken: Aus meiner Sicht ist die Situation der Forschungsmanager und Forschungsmanagerinnen in Deutschland noch stärker als in anderen Ländern von staatlich initiierten Wettbewerben um Fördermittel und andere kompetitiv verteilte Mittel geprägt. Vielfach besteht das Brot-und-Butter-Geschäft der Forschungsmanager hierzulande darin, die Hochschul- und Wissenschaftsorganisation darin zu unterstützen, sich in staatlichen Wettbewerben zu positionieren und Rechenschaftspflichten nachzukommen. Das hat übrigens nicht unbedingt etwas mit Ökonomisierung zu tun, die in anderen europäischen Ländern eine stärkere Rolle spielt. Dennoch muss man die Situation in Deutschland im internationalen Kontext betrachten. So spielen internationale Rankings, der allgemeine Hype um „Entrepreneurship“ sowie regionale Vernetzungen gegenwärtig auch in vielen anderen europäischen Ländern eine wichtige Rolle, man denke nur an Frankreich, Großbritannien und die skandinavischen Länder. Diese internationalen Entwicklungen prägen die Situation ebenso wie die spezifischen Rahmenbedingungen in Deutschland.

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