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„Die Sorgen haben sich bestätigt“

Lynn Pasquerella über die politischen Verschiebungen in den USA und ihre Auswirkungen auf die Hochschulen.

Wenn ausländische Studierende von den US-Unis fernbleiben, wird das gravierende Folgen haben, sagt Lynn Pasquerella im Interview. Sie ist die Präsidentin der Vereinigung US-amerikanischer Hochschulen.


DUZ: Bemerken Sie in diesem Jahr schon rückläufige Einschreibungen ausländischer Studierender oder gar einen Braindrain in der gesamten Scientific Community, eine Flucht aus den Vereinigten Staaten?

Pasquerella: Die großen Sorgen, die wir bezüglich der Auswirkungen der Reisebeschränkungen hatten, haben sich leider bestätigt. Es wird sicherlich einige schlimme Einzelschicksale geben, Menschen, die für ihre Forschung und Karriere wichtige Reisen nicht wie geplant antreten können. Viel verheerender ist aber, dass diese Maßnahmen als Ganzes den Eindruck erwecken, dass ausländische Wissenschaftler hierzulande nicht willkommen sind. Das ist für die Forschergemeinschaft schlimm. Für die Hochschulen in den USA hat dieses negative Bild aber noch gravierendere Folgen. Viele Colleges und Universitäten haben massive Einbrüche in den Bewerberzahlen der ausländischen Studierenden.

DUZ: Könnte es nicht auch andere Gründe geben?

Pasquerella: Es liegt an dem Klima. Wir hören von Ausländern, dass sie sich nicht willkommen fühlen. Und natürlich haben ausländische Studierende Angst, in Amerika ein Studium zu beginnen, wenn sie sich nicht sicher sind, es bis zum Abschluss fortsetzen zu können, weil vielleicht irgendwann das Land, aus dem sie stammen, auf der Einreiseverbots-Liste steht.

DUZ: Eine aktuelle Umfrage, die das Institute of International Education bei den Hochschulen durchgeführt hat, hat ergeben, dass vor allem die nicht so hoch gerankten Colleges Einbrüche bei den Studierendenzahlen zu verzeichnen haben, während die bekannten Universitäten nach wie vor viele ausländische Studierende anziehen.

Pasquerella: Das liegt wahrscheinlich daran, dass es aufgrund des derzeit herrschenden ausländerfeindlichen politischen Klimas zwar eigentlich keine großen Anreize für internationale Studenten gibt, sich an amerikanischen Colleges und Universitäten zu immatrikulieren, aber das Ansehen einer bestimmten Institution weiterhin besteht. Somit leiden Harvard, Princeton und Brown nicht unter den Folgen der Trump‘schen Einreisebestimmungen, während diejenigen, die nicht in den Top-Positionen der Rankings des Nachrichtenmagazins „U.S. News & World Report“ gelistet sind, Rückgänge hinnehmen müssen. Was mich besonders besorgt, ist der Rückgang der Bewerberzahlen in den Graduate Schools. Dieser Rückgang macht sich besonders bemerkbar in den Fachrichtungen, die traditionell viele ausländische Studierende haben, also in den technischen Studiengängen, in den Naturwissenschaften und in der Mathematik. Viel von der Lehre für die Undergraduates wird von den die Graduate Schools besuchenden Masterstudenten und Doktoranden abgedeckt. Wenn diese wegfallen, wird es schwierig, gute Lehre für die Studenten anzubieten, die noch keinen Abschluss haben.

DUZ: Viele amerikanische Hochschulen haben aber deutlich mehr Bewerber als Studienplätze. Dieser Bewerberpool scheint so groß, dass es doch gar nicht so schlimm sein kann, wenn es mal weniger Bewerbungen aus dem Ausland gibt.

Pasquerella: Es stimmt zwar, dass viele Hochschulen immer noch genügend Bewerber haben, um ihre Plätze zu füllen. Zugleich darf man aber nicht vergessen, dass Hochschulen häufig keine finanzielle Unterstützung für ausländische Studierende bereithalten. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Studiengebühren, die die ausländischen Studierenden zahlen, dafür eingesetzt werden, inländische Studierende zu unterstützen, die finanziell schlechter gestellt sind. Das Wegbleiben der ausländischen Studierenden wirkt sich also direkt negativ auf die Finanzen einer Hochschule aus.

DUZ: Wie lässt sich gegensteuern?

Pasquerella: Um diese Lücken zu schließen, eruieren viele kleine, ländliche Institutionen alternative Einnahmequellen. Sie arbeiten mit öffentlichen Einrichtungen wie den auf einen Bachelor vorbereitenden Community Colleges zusammen, um eventuell von dort Studenten für sich zu gewinnen. Außerdem kooperieren sie mit der Wirtschaft und entwickeln Programme, die Lehrplan und Beruf verbinden.

DUZ: Welche Reaktionen aus der Wirtschaft erreichen Sie?

Pasquerella: Nun, man darf nicht vergessen, dass es eine wichtige Aufgabe der Hochschulen ist, den Studierenden kulturelle Kompetenzen mit auf den Weg zu geben. Deswegen ist ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung das internationale Umfeld. Die Studierenden sollen Menschen aus anderen Kulturen begegnen. Das ist kein rein akademisches Anliegen. Wir haben dazu eine Befragung bei Arbeitgebern durchgeführt und die hat ergeben, dass es den Unternehmen ganz wichtig ist, Absolventen zu haben, die in der Lage sind, in internationalen Teams zu arbeiten. Es kann also in mehrfacher Hinsicht nicht davon die Rede sein, dass es zu vernachlässigen sei, wenn ausländische Studierende wegblieben. Die ausländischen Studierenden sind eine tragende Säule unserer Hochschulen.

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