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Facebook kann frustrierend sein

Die Technik verdrängt das direkte Glück, sagt die Psychologieprofessorin Sarah Diefenbach.

In Restaurants, Schnellzügen oder Büros lässt sich das gleiche Phänomen beobachten: Wer eben noch konzentriert in ein Gespräch vertieft war oder arbeitete, reagiert sofort, wenn das Smartphone piepst. Manche ähneln dann einem Pawlow´scher Hund: Der russische Forscher Iwan Petrowitsch Pawlow richtete im Jahr 1905 einen Hund darauf ab, beim Läuten einer Glocke mit Speichelfluss zu reagieren. Der Wissenschaftler würde sich erstaunt die Augen reiben, käme er via Zeitmaschine in der Gegenwart an.

Ähnlich reagieren viele Zeitgenossen, die sofort auf das Klingeln ihres kleinen Taschencomputers antworten. Manche nehmen mittlerweile ein Vibrieren wahr, selbst wenn das Telefon keinen Ton von sich gibt, schreibt Prof. Dr. Sarah Diefenbach in ihrem Buch „Digitale Depression“ (siehe Buchtipp). Diefenbach lehrt Wirtschaftspsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In ihren Forschungsarbeiten beschäftigt sie sich auch mit Mensch-Technik-Interaktion aus einer psychologischen Perspektive, beispielsweise wie Technik unser Wohlbefinden verändert.

Facebook kann für Menschen mit geringem Selbstbewusstsein schädlich sein.

"Die Technik verdrängt das direkte Glück“, schreibt Diefenbach. Anhand von vielen Beispielen zeigt sie, wie wir das eigene Glücksempfinden mit der Technik verknüpfen und uns davon abhängig machen. Wer im Urlaub zuerst die Kamera zückt, um einen besonderen Moment festzuhalten, bringt sich selbst um das unmittelbare Erlebnis. Später entäuscht die Qualität der Fotos. Geben Freunde auf Facebook böse Kommentare dazu ab, sinkt die Laune weiter. Wenn „likes“ als Belohnung gesehen werden und das eigene Glücksempfinden beeinflussen, kann das problematisch sein, schreibt die Autorin. Diefenbach zitiert in ihrem Buch eine Studie, dass Facebook für Menschen mit geringem Selbstbewusstsein schädlich sein kann. Wenn sie sich die Fotogalerien von Freunden und deren ausschweifende Partys oder deren exotische Reisen ansehen und mit dem eigenen Leben vergleichen, bleiben sie unzufriedener und frustrierter zurück.

Überhaupt schlägt das permanente Kommentieren, Beurteilen und Besserwissen in den sozialen Netzen manchem auf´s Gemüt. Wer sich permanent vergleicht, bekommt an manchen Tagen schnell schlechte Laune. Problematisch sieht die Psychologieprofessorin auch den sogenannten Antwort-Reflex, der in allen elektronischen Anfragen mitschwingt. Viele Kollegen oder Kunden erwarten, dass ihre E-Mails, Whatsapp-Nachricht oder belanglose SMS sofort beantwortet werden. Oft fehle die Distanz, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, schreibt Diefenbach. Auch eine komplizierte Anfrage, für deren Antwort man sich gerne länger Zeit lassen möchte, setzt viele unter Zugzwang. Ständiges Kommunizieren bringt uns auch um stille Momente, um einfach nachzudenken. Eine Patentlösung weiß auch die Autorin nicht, denn wir stecken mitten in einem Transformationsprozess,der sich Digitalisierung nennen und dessen Ausgang keiner kennt. Doch Pausen und Offline-Zeiten helfen, in Ruhe über unser Leben nachzudenken.

Buchtipp

Statt den Sonnenuntergang anzuschauen, zücken viele sofort das Smartphone. Beim Versuch, das Glück zu intensivieren – zu tackcen, zu posten, zu teilen –, verlernen wir, es direkt zu erleben. In ihrem Buch „Digitale Depression. Wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern“ gehen die Autoren Sarah Diefenbach und Daniel Ullrich auf eine Reise in das Seelenleben der Generation Smartphone.

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