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Lust auf internationales Parkett

Das Potenzial liegt im Dornröschenschlaf: Laut einer Studie möchte sich das Verwaltungspersonal an Hochschulen für deren Internationalisierung einsetzen. Doch es mangelt an Informationen.

Mit dem Wort Internationalisierung buhlen deutsche Hochschulen um Aufmerksamkeit. Ein Strategiepapier zur Entwicklung einer Hochschule, in dem das Wort nicht vorkommt, ist undenkbar. Dabei liegt ein großes Potenzial noch im Verborgenen: der Wille und das Interesse der nicht­wissenschaftlichen Mitarbeitenden an deutschen Hochschulen.

Dies zeigt die InHoPe-Studie (siehe Kasten) des Beratungsunternehmens CHE Consult, unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Nach zwei von drei Befragungsrunden seit dem Jahr 2014 sind mehr als 10 000 Antworten aus den Reihen des Verwaltungspersonals ausgewertet worden. Demnach haben 62 Prozent des befragten Personals Interesse an Personalentwicklungsmaßnahmen im Bereich Internationalisierung. Allerdings fühlt sich auch die Mehrheit von 58 Prozent schlecht informiert über die Möglichkeiten dazu. Nur elf Prozent geben an, an der aktuellen Hochschule an Maßnahmen wie Mobilitätsprogrammen, Sprachkursen oder interkulturellen Trainings teilgenommen zu haben. Und nicht jedem hilft jede Maßnahme.

Derweil werden an den Hochschulen konsequent Projekte und Programme entwickelt, um die Internationalisierung zu steigern. Mehr Studierende aus dem Ausland, mehr kooperative Studienprogramme, mehr internationale Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, mehr strategische Partnerschaften jenseits der deutschen Grenzen. Weitgehend übersehen wird offenbar, dass Erfolg bei diesen Bemühungen unweigerlich Auswirkungen auf die Verwaltungsarbeit in den Hochschulen haben muss.

Der renommierte asiatische Forscher im Auslandssemester trifft auf die Personalverwaltung und das administrative Fakultätspersonal, der Studierende aus Übersee auf die Mitarbeitenden in der Studierendenadministration, und beide stehen gemeinsam in der Fernleihe der Bibliothek. Hochschulmanagerinnen und Hochschulmanager, die nachhaltiges Interesse an einer Internationalisierung ihrer Hochschule haben, müssen daher den quantitativen Erfolg ihrer Akquiseaktivitäten durch Personalentwicklungskonzepte für das administrative Personal absichern.

Denn die Realität sieht meist anders aus. Die InHoPe-Untersuchung der Internationalisierung des nicht­wissenschaftlichen Hochschulpersonals zeigt: Das administrative Personal ist auf die Situationen, in der die Internationalisierung ihrer Hochschule praktisch wird, unterschiedlich gut vorbereitet. Dabei sind drei Faktoren zu berücksichtigen, die eng zusammenhängen: bestimmte Persönlichkeitseigenschaften und Erfahrungen, erworbene Kompetenzen und Einstellungen und schließlich die jeweilige Arbeitsroutine beziehungsweise -praxis.

In der Studie wird aus unterschiedlichen Elementen von Online-Befragungen ein Faktor für die Internationalität einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters errechnet. Es wird davon ausgegangen, dass die Frage, wie international jemand ist, abhängt von seiner Neugier oder seiner positiven Einstellung zu neuen und ungewöhnlichen Erfahrungen. Der so konstruierte Faktor ist für bestimmte Gruppen in den Hochschulen signifikant höher als für den Durchschnitt. Besonders international sind demnach Personen, die in der Vergangenheit selbst für mehr als drei Monate im Ausland gelebt haben, Personen mit Migrationshintergrund und Frauen.

In den weiteren Untersuchungen des Datensatzes konnte bestätigt werden, dass diese genannten Gruppen zudem eine signifikant positivere Einstellung gegenüber der Internationalisierung der eigenen Hochschule haben. Das heißt, internationales Personal wünscht sich in überdurchschnittlichem Maße auch eine internationale Hochschule. Es wirken sozusagen selbstverstärkende Kräfte. In der Umkehrung der Perspektive gewinnt man aus diesem Befund einen Imperativ für das Hochschulmanagement: Wenn du eine internationale Hochschule willst, gewinne und entwickle internationales Hochschulpersonal.

Die Frage, ob der Bewerber auf eine offene Stelle in der Verwaltung selbst mehr als drei Monate im Ausland verbracht hat, ist in der Konsequenz nicht nur anekdotisch interessant, sondern für die Internationalisierung der Institution strategisch bedeutsam. Hohe Zustimmungswerte zur stärkeren internationalen Ausrichtung der eigenen Hochschule ergeben sich auch für zwei andere Unterscheidungsmerkmale. Mitarbeitende mit hoher Eigenverantwortung identifizieren sich mehr mit Internationalisierungszielen als Personen, die weitgehend auf Anweisungen handeln. Hier liegen Ansatzpunkte für das Managementhandeln. Auch wenn es indirekte Effekte sind und eine Wirkung nicht unmittelbar zu erwarten ist: Je mehr eigenverantwortliches Handeln in der Verwaltungsarbeit ermöglicht wird, desto attraktiver werden die Arbeitsplätze für Leute, die auch an einer internationalen Hochschule interessiert sind.

Ein solcher Zusammenhang lässt sich auch für die Mitglieder des administrativen Personals nachweisen, die vergleichsweise häufig Kontakt mit internationalen Zielgruppen haben. Sie sind signifikant positiver gegenüber der Internationalisierung der eigenen Hochschule eingestellt und haben höhere Werte bei der Internationalität ihrer Persönlichkeit. Auch hier gilt offenbar: mehr ist mehr. In der Konsequenz ist zu erwarten, dass die Internationalisierung des Personals und der Hochschule gesteigert werden kann, wenn es gelingt, mehr administratives Personal in die Internationalisierungsprozesse praktisch und handelnd einzubeziehen.

Doch wie lässt sich über die Rekrutierung hinaus das Personal internationalisieren? Welche Maßnahmen helfen und sind alle gut für jeden? Dadurch, dass in der Untersuchung des Datensatzes mit diversen individuellen Merkmalen gearbeitet wird, ist es möglich, über einfache Unterscheidungen Cluster und Typen zu bilden.

Wer selbst schon länger im Ausland gelebt hat, profitiert weniger von Mobilitätsprogrammen

Das ist insofern relevant, als es die Grundlage sein kann, um zukünftig Personalentwicklungskonzepte zu strukturieren und Managementhandeln zu orientieren. Es bestätigt sich, dass Mobilitätserfahrungen, Sprachkurse oder interkulturelle Trainings gerade nicht für alle Gruppen die gleiche Relevanz haben. Vielmehr lassen sich Konstellationen beschreiben, die für die Internationalisierungsziele besonders viel Potenzial haben.

Konkret: Wenn jemand schon lange Zeit im Ausland gelebt hat, profitiert er voraussichtlich weniger von der Teilnahme an einem Mobilitätsprogramm als jemand, der noch nicht im Ausland war. In der Realität nehmen aber gerade diese Menschen viel eher an solchen Maßnahmen teil. Das heißt: Die dafür verwendeten Ressourcen werden nicht wirklich effektiv eingesetzt.

Mit der im InHoPe-Projekt entwickelten Logik können Hinweise darauf gegeben werden, welche Gruppen – im Sinne einer Typisierung anhand von überprüfbaren Kriterien – am meisten von Personalentwicklungsfragen profitieren könnten. Wenn eine Hochschule beispielsweise die Einstellung zur Internationalisierung über interkulturelle Trainings verbessern will, sollte sie sich auf Personen in der Verwaltung konzentrieren, die keine Auslandserfahrung haben und eher wenig Kontakt zu internationalen Zielgruppen. Solche Trainings sind aber auch potenziell geeignet, die Einstellung zu anderen Kulturen zu verändern, nämlich zum Beispiel bei Männern mit Auslandserfahrung und viel Eigenverantwortung. Die Frage, wie solche Befunde in operationalisierbare Handlungskonzepte übertragen werden können, muss weiter untersucht werden.

Fakten zur Studie

Fakten zur Studie

Das Projekt InHoPe untersucht die Effekte von Internationalisierungsmaßnahmen auf das nicht-wissenschaftliche Personal an deutschen Hochschulen. Aus den Ergebnissen werden Empfehlungen erarbeitet. In den Jahren 2014 bis 2016 laufen deshalb Online-Befragungen. Derzeit endet die dritte Befragungsrunde.

Tipps für die Praxis

Was ist aus Sicht der Hochschulleitung mit Blick auf die Internationalisierung des Verwaltungspersonals zu tun?

  • Die bisherigen Ergebnisse von InHoPe zeigen: Die Internationalisierung des nicht-wissenschaftlichen Personals darf sich nicht darin erschöpfen, Maßnahmen bereitzustellen und abzuwarten. Notwendig ist ein aktives Management in den Bereichen Recruiting, Strukturen und Personalentwicklung. Sonst beteiligen sich die Personen, die davon wenig profitieren, an Maßnahmen, die besser für andere Zielgruppen geeignet wären.
  • Im Recruiting müssen Faktoren, die die „persönliche Internationalität“ beeinflussen, wie eigene Auslandserfahrung, hoch gewichtet werden. Für die Bereiche Strukturen und Personalentwicklung sollte eine Ist-Analyse gemacht werden. Teil der Analyse muss eine Befragung sein, die als Internationalitätscheck funktioniert. Nur so kann erfasst werden, wie der Informationsstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, wie „international“ die Personen als Persönlichkeit sind, wie stark sie in internationale Arbeitsprozesse eingebunden sind und wie ihre Einstellung zur Internationalisierung ist.
  • Ziel sollte es sein, besonders Mitarbeitende mit einer starken „persönlichen Internationalität“ in Arbeitsbereichen einzusetzen, die viele Kontaktpunkte zu internationalen Zielgruppen haben, oder ggf. das dort vorhandene Personal besonders weiterzubilden, wenn die Tests zeigen, dass Bedarf besteht. Zudem können auf Basis der Ergebnisse individuell passende und effektive Entwicklungsmaßnahmen identifiziert werden.
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