Das erste Mal: Erfolgreich Mitarbeiter einstellen
Gerade für akademische Nachwuchskräfte ist es eine besondere Herausforderung, die richtige Mitarbeiterin oder den richtigen Mitarbeiter zu finden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Ausbildung gibt es kaum Gelegenheit, sich im Personalmanagement erproben. Doch wie man erfolgreich einstellt, kann Schritt für Schritt erlernt werden.
Am Anfang steht die Erstellung eines Anforderungsprofils. Was ist genau die Position, die ich besetzen möchte, welchem Ziel und welchem Zweck dient sie? Was sind die damit verbundenen Haupttätigkeiten, die Kernaufgaben und Zuständigkeiten? Gibt es im Rahmen der Leistungserbringung kritische und besonders wichtige Situationen oder gar Frustrationsquellen? Was sind meine konkreten Vorstellungen von einem besonders erfolgreichen Mitarbeiter?
Vier Kompetenzbereiche bedürfen generell einer näheren Betrachtung: die Fach-, Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz. Zum fachlichen Profil gehören zum Beispiel das Studium und die erwartete Fachrichtung, die Promotion, Auslandsaufenthalte und entsprechende Fremdsprachenkenntnisse, gegebenenfalls Berufs- und Führungserfahrung. Die Methodenkompetenz umfasst das Beherrschen bestimmter Arbeitstechniken, Rhetorik und Präsentation, Gesprächs- und Verhandlungsführung, Moderationskompetenz und Selbst- und Zeitmanagement. Zur Sozialkompetenz zählen die Kommunikations-, Konflikt-, aktive und passive Kritikfähigkeit und die Teamfähigkeit. Das persönliche Profil gibt Auskunft unter anderem über die Belastbarkeit, die Kreativität und Innovationsfähigkeit, die Eigeninitiative und Zielstrebigkeit, die Sorgfalt und das analytische Denkvermögen.
Per Checkliste zur Stellenanzeige
Je intensiver ich mich mit meinen Erwartungen auseinandergesetzt habe, desto einfacher fällt mir die Auswahl der richtigen Person, denn ich habe einen Katalog von Anforderungen, die ich in eine Checkliste überführen kann. Die Erwartungen, die ich im Anforderungsprofil festgelegt habe, werden zur Grundlage der Stellenausschreibung. Die Stellenausschreibung sollte den Leser über alle wesentlichen Tatsachen informieren wie zum Beispiel Befristung (ja, nein), Aufgaben, Vergütung und das Anfangsdatum.
Auch die suchende Person oder Institution muss sich attraktiv präsentieren
Es ist wünschenswert, dass sich auch die suchende Person/Institution beschreibt und sich und das Projekt attraktiv darstellt. Unverzichtbare Kriterien – die sogenannten Muss-Kriterien - sind als solche mit den Worten „unverzichtbar, ..ist Voraussetzung, ..erwarten wir..“ zu beschreiben. Auf zusätzliche wünschenswerte Kriterien – sogenannte Kann-Kriterien – kann man mit Formulierungen wie „idealerweise haben Sie.., ..wäre ein Plus, ..sind von Vorteil“ hinweisen.
Bereits an dieser Stelle soll auf die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hingewiesen werden. Eine Stellenanzeige muss geschlechtsneutral gefasst sein. So suchen wir beispielsweise zur Vermeidung einer unmittelbaren Diskriminierung nicht einen jungen Physiker, sondern einen Physiker, eine Physikerin. Weiterhin sind die sechs Merkmale des AGG zu beachten, die neben der Benachteiligung aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit Benachteiligungen aus Gründen einer Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters und der sexuellen Identität ausschließen. Eine Stellenausschreibung gibt weiterhin Auskunft über die einzureichenden Unterlagen, die Bewerbungsfrist und den Adressaten der Bewerbung. Aus Gründen des AGG wird heute ein Lichtbild nicht mehr verlangt.
Kriterien sorgfältig prüfen
Der nächste Schritt ist die Vorauswahl der eingegangenen Bewerbungen. Hier hilft zunächst die Aufgliederung des Anforderungsprofils in Einzelpositionen und daraus folgend die Erstellung eines Bewertungsbogens. An Hand dieses Bewertungsbogens werden alle Bewerbungen durchgesehen und die Kriterien als erfüllt oder nicht erfüllt gekennzeichnet. Am Ende erfolgt die Bestimmung der Personen, die eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten. Wichtig ist, die Vorauswahl nur nach den Kriterien vorzunehmen, die in der Stellenausschreibung ihren Niederschlag gefunden haben. Wird dies nicht beachtet, so ist allen Bewerberinnen und Bewerbern aus Gründen des AGG Tür und Tor geöffnet. Besondere Aufmerksamkeit sollte man denjenigen Bewerbungen widmen, die ohne nachvollziehbare Gründe auf ein Diskriminierungsmerkmal hinweisen. Gemäß § 82 Sozialgesetzbuch IX obliegen öffentlichen Arbeitgebern besondere Pflichten im Umgang mit schwerbehinderten Personen.
Es ist zu prüfen und mit dem Personalrat und der Schwerbehindertenvertretung zu erörtern, ob eine Stelle mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt werden kann. Die zu besetzende Position wird der Agentur für Arbeit gemeldet. Über alle eingehenden Bewerbungen von Schwerbehinderten sind Personalrat und Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten. Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ist nur dann entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Dies bemisst sich nach den in der Stellenausschreibung dokumentierten Kriterien. Im Zweifel sollte eine Einladung erfolgen. Nach Abschluss des Verfahrens sind alle Beteiligten über die Entscheidung unter Darlegung der Gründe zu informieren.
Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten richtet sich nach bundes- und landesrechtlichen Rechtsnormen. Um einem AGG-Verfahren möglichst wenig Raum zu geben, sollte man nur im Falle einer Schwerbehinderung die Gründe für eine Ablehnung mitteilen. Dies ist zwar wenig hilfreich für die anderen Abgelehnten, bietet aber keinerlei Anhaltspunkte für die Begründung einer Schadensersatzklage. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass abgelehnten Bewerbern kein Auskunftsanspruch gegenüber dem potenziellen Arbeitgeber zusteht.
Strukturiertes oder freies Interview?
Für das Auswahlgespräch gibt es drei Möglichkeiten: In einem strukturierten Interview erfolgt eine strenge Bindung an vorformulierte Fragen, die in gleicher Reihenfolge allen Eingeladenen gestellt werden. Hier gibt es zwar eine umfassende Vergleichbarkeit aller Antworten, aber es fehlt an der Flexibilität der Gesprächsführung. Aus diesem Grunde ist zu einem halbstrukturierten Interview zu raten, das heißt eine Bindung an einige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Eine weitere Möglichkeit ist, ein freies Interview zu führen. Das Gespräch entwickelt sich völlig frei, je nach der gegebenen Situation. Hier haben wir eine hohe Flexibilität in der Gesprächsführung, aber die Vergleichbarkeit der Inhalte fehlt und wir verfallen möglicherweise in die Situation eines „netten Plausches“.
Die richtige Fragetechnik zu finden ist eine wirkliche Herausforderung und bedarf in der Regel schon einer gewissen Übung. Wenn irgendwie möglich, führen Sie die Gespräche nicht alleine. So haben Sie später einen Diskussionspartner, die möglicherweise andere Dinge wahrgenommen haben. Auf diese Weise können Fehlbeurteilungen vermieden werden und Sie haben gegebenenfalls einen Zeugen für ein AGG-Verfahren. Stellen Sie ein Vertrauensklima her und sorgen Sie für eine entspannte Atmosphäre. Nur so erfahren Sie Relevantes über den Bewerber und erzeugen kein rollenkonformes Verhalten. Machen Sie sich die Tatsache bewusst, dass die Entscheidung für eine Beschäftigung auch von den Bewerbenden getroffen wird.
Im Gespräch Pausen zulassen und dem Gegenüber Zeit geben
Raum für richtigen Austausch
Stellen Sie offene W-Fragen, so erfahren Sie mehr Details. Lassen Sie Zeit zum Antworten; Eile führt häufig zu oberflächlichen Gesprächen. Begeben Sie sich in eine lernende Grundhaltung: Fragen und Nachfragen, was wirklich interessiert. Scheuen Sie sich nicht vor Konkretisierungsfragen bei Allgemeinäußerungen und vagen Andeutungen. Stellen Sie Alternativfragen, um Aspekte noch stärker zu klären. Zum Beispiel: Sind Sie eher ein Mensch, der auf Harmonie und Ausgleich bedacht ist oder ist Ihnen die Klärung und das Austragen von Konflikten wichtig? Fragen Sie nach Gegensätzlichem, etwa: Was macht aus Ihrer Sicht den Unterschied zwischen einer guten und einer exzellenten Führungskraft aus? Hören Sie zu und lassen Sie Ihr Gegenüber ausreden. Lassen Sie Pausen zu und führen Sie diese auch bewusst herbei. Der Regelsprachanteil liegt bei der einstellenden Person bei 20 Prozent, beim Bewerbenden bei 80 Prozent. Notieren Sie sich die Inhalte des Gesprächs und das Auftreten der sich bewerbenden Person.
Vermeiden Sie typische Beurteilungsfehler. Eine im Interview ungeübte Person sieht oder hört, was sie zu sehen oder zu hören erwartet. Sie neigt zur Bestätigung ihrer Ansicht. Zum Beispiel lassen perfekte Unterlagen, ein interessanter Lebenslauf und gute Kleidung einen Bewerber als geeignet erscheinen. Diese wohlwollende Erwartungshaltung führt zu einem deutlich positiveren Gesprächsverlauf.
Sicher ist es nicht einfach, das Maß der Motivation eines Bewerbers zur eigenverantwortlichen Übernahme von Aufgaben und Projekten in einem Vorstellungsgespräch heraus zu arbeiten. Dies wird deutlich, wenn wir etwa mit Geförderten des Emmy Noether-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Personalmanagement arbeiten. Hier stehen hoch qualifizierte Nachwuchswissenschaftler zum ersten Mal in der Situation, für ihr Projekt die passenden Mitarbeiter zu finden. Ihre Motivation ist in höchstem Maße intrinsischer Art und beeinflusst manchmal den Blick auf die wahren Absichten derer, die sich als Postdoc oder Promovierende bewerben. Das führt nicht selten zur Fehleinschätzung der Kompetenzen.
Generell kann man nicht davon ausgehen, dass die Bandbreite der Motivation dieser Personen derjenigen der Projektleitung entspricht. Am Anfang eines Projekts steht die Vision dessen, was in der Projektphase an Zielen erreicht werden soll. Diese Ziele sind sehr hoch gesteckt, geht es um doch weitere Karriereschritte bis hin zur Professur. Dies ist in der Regel nicht das, was die Mitarbeitenden des Projekts anstreben. Aus dieser Diskrepanz zwischen den Visionen der Projektleiter und den Mitarbeitern können auch auf der Seite der letztgenannten Missverständnisse auftauchen und ein Mangel an Identifikation mit ihrer Arbeit zur Folge haben. Deshalb sollte das Projekt in einzelne Meilensteine aufgegliedert und in Stufenfolge die Erwartungen definiert werden, um die zu erreichenden Inhalte einleuchtender zu bestimmen. Ein solcher Plan hilft im Vorstellungsgespräch, den Grad der erwarteten Mitarbeit zu bestimmen und gibt damit Auskunft über die Erwartungen an den Bewerber.
In einem Vorstellungsgespräch sind alle Fragen erlaubt, die konkret etwas mit dem angestrebten Arbeitsverhältnis zu tun haben, insbesondere der bisherige berufliche Werdegang. Unzulässig sind Fragen, die auf den rein persönlichen Bereich des Bewerbers abzielen, insbesondere wenn es um private Gewohnheiten, Bindungen, Pläne geht. Eine falsche Antwort auf eine zulässige Frage kann zur Folge haben, dass das eventuell geschlossene Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung mit sofortiger Wirkung angefochten werden kann. Bei einer unzulässigen Frage steht dem Bewerber dagegen das Recht der Lüge zu – und eine Anfechtung ist dann nicht möglich.
Tipps und Fazit
Handlungstipp
Am besten lässt sich mit einer Checkliste der Bewerberkreis eingrenzen: Je besser ich meine eigenen Erwartungen kenne, umso einfacher gestaltet sich die Vorauswahl.
Fazit
Am Anfang steht die sorgfältige Prüfung der eigenen Erwartungen an den Mitarbeiter und ein möglichst präzises Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung. Beim Auswahlgespräch hilft Flexibilität in der Gesprächsführung sowie die Anwesenheit eines weiteren Beisitzers.
Literatur
Lehky, Maren (2012): Der Mitarbeiter, der zu mir passt. Das 1x1 der Personalauswahl. Campus Verlag Frankfurt / New York. E-Book 19,99 Euro
DUZ Magazin 12/2015 vom 20.11.2015