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Führung und Gesundheit

Gesundheitsförderung ist zu einer wichtigen Führungsaufgabe für Hochschulen geworden. Dabei gilt: Kein Herumdoktern mit Einzelmaßnahmen, nur ein abgestimmtes Vorgehen führt zu nachhaltigem Erfolg. Eine ganzheitliche Aufgabe für die ganze Organisation, die sich für alle auszahlen kann.

Die Zeiten sind vorbei, in denen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nur verwaltet haben. Heute sind sie als Manager gefragt, die auf die rasanten gesellschaftlichen Veränderungen reagieren. Keine Frage: Die Administration von Hochschulen als Teil der öffentlichen Verwaltung befindet sich auf Modernisierungskurs, ein anspruchsvoller und nicht einfacher Prozess, bei dem auch Liebgewordenes auf den Prüfstand gestellt wird. Hohe Effizienz, guter Service und hoher Qualitätsanspruch sind die neuen Zielvorgaben im öffentlichen Sektor. Knapper werdende personelle und finanzielle Ressourcen, technologischer Wandel, neue Aufgabenfelder und sich ändernde Strukturen markieren die Herausforderungen. Ein Spannungsfeld, das seine Folgen hat. Zum Teil dramatische.

Stress und die Auswirkungen

Hohe Arbeitsbelastung, Überforderung, Zeit- und Leistungsdruck sind verantwortlich für Stress – und der macht im Übermaß krank. Psychische Erkrankungen sind Hauptgrund für Arbeitsausfälle und das mit steigender Tendenz. Zwar sinken seit einigen Jahren die Fehlzeiten in Deutschland, die Ausfälle aufgrund von psychischen Erkrankungen haben allerdings in den letzten Jahren um 30 Prozent zugenommen. Mit Konsequenzen: So gehen immer mehr Menschen wegen einer psychischen Störung in die Frührente. Im Jahr 2013 betrug der Anteil derjenigen, die deswegen ihr Berufsleben beendet mussten, laut Deutscher Rentenversicherung 42,7 Prozent der neuen Frührentner. 1993 waren es nur 15,4 Prozent.

Gesundheitsförderung  wird oft mit einigen Fitnessangeboten für Mitarbeiter abgehakt

Eine Entwicklung, die auch vor Hochschulen nicht haltmacht. Dem DAK-Report zufolge lagen 2014 die Bereiche „Gesundheitswesen“ und „Öffentliche Verwaltung“ an der Spitze bei den Krankmeldungen und damit eindeutig über dem Durchschnitt aller Branchen. Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, dass Bund, Länder und Kommunen die Gesundheitsförderung zu ihrem strategischen Thema erklärt haben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit als einen Zustand körperlichen, seelischen, geistigen und sozialen Wohlergehens. Wenn man Gesundheit so versteht, dann muss ein Konzept der Gesundheitsförderung ganzheitlich sein und alle Perspektiven im Blick haben. Und damit zeigen Schnellschüsse und vermeintlich einfache Maßnahmen, wenn überhaupt, nur Kurzzeitwirkungen. Noch viel zu oft wird betriebliche Gesundheitsförderung mit ein „bisschen Rückenschule“ übersetzt und mit einigen Fitnessangeboten für die Mitarbeitenden abgehakt. Dabei ist das Thema viel komplexer und durchzieht, wenn man es ernst nimmt, die gesamte Organisation.

Gesunde und motivierte Beschäftigte sind eng mit einer gesunden Organisation verbunden. Mehrfachbelastungen, Ärgernisse, persönliche Verletzungen, Hektik und Zeitdruck, wachsende Arbeitsanforderungen oder eine geringe Kontrolle über Arbeitsabläufe sind nur ein Ausschnitt aus der Bandbreite täglicher Belastungen am Arbeitsplatz. Wesentliche Ursachen für den berufsbedingten Stress sind Hetze und Termindruck, Informationsüberflutung und permanente Erreichbarkeit, ungenaue Anweisungen und Vorgaben, zu hohes Arbeitspensum, zu geringer Einfluss auf die eigenen Arbeitsbedingungen, ein demotivierender Mangel  an Anerkennung und Wertschätzung der Leistung sowie ein schlechtes Betriebsklima und ein inkompetentes Führungsverhalten.

Signale für zu viel Stress bei den Mitarbeitenden sind Leistungsschwankungen, Fehlerhäufigkeit, auffällige Fehlzeiten, Unzufriedenheit und Resignation, zunehmende Konflikte und emotionalisierte Verhaltensweisen. Folgende Defizite können innerhalb der Organisation für psychosoziale Fehlbelastungen sorgen:

  • Führungsstil
  • Schlechtes Betriebsklima
  • Arbeitsbelastung
  • Dauer-Stress
  • Arbeitsorganisation
  • Fehlender Einfluss auf die eigenen  Arbeitsbedingungen.

Kranke Mitarbeiter sagen viel über Defizite in der Qualität von Führung aus. Die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten in jedem Alter zu erhalten und zu stärken und gleichzeitig eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur aufzubauen, muss darum strategisches Ziel und zentrale Aufgabe qualifizierter Führung sein.

Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter

Bei der persönlichen Leistungsfähigkeit der Beschäftigten spielt vor allem das Zusammenspiel von körperlicher und mentaler Fitness eine wichtige Rolle. Dazu kommen die emotionale Stabilität, die soziale Handlungsfähigkeit und die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Selbststeuerung.

Ein zentraler Aspekt der Motivation der Mitarbeiter beruht auf Identität. Gute Führung zeichnet aus, dass sich die Angestellten mit dem Unternehmen identifizieren und für den Erfolg verantwortlich fühlen. Tradition und lokale Beziehungen bilden einen wichtigen Teil dieses Gefühls. Fehlen sie, schwächt das die Bindung und das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter. (siehe Fußnote1). Das unterstreicht auch eine Bertelsmann-Studie, wonach Gesundheit zu 62 Prozent mit der Identifikation des Unternehmens korreliert und die Identifikation mit dem Unternehmen in großem Maß mit für den Unternehmenserfolg verantwortlich ist (94 Prozent). Beide Bereiche werden positiv beeinflusst durch eine partnerschaftliche Unternehmenskultur. Wenn man Gesundheitsförderung als Querschnittaufgabe nachhaltiger Personalpolitik, Organisations- und Arbeitsgestaltung und Führungskultur versteht, dann ergeben sich folgende Interventionsfelder:

  • Führung
  • Managementsysteme
  • Arbeitsorganisation und Arbeitsumgebung
  • Sozialbeziehungen in der Organisation
  • Arbeitszeiten und Arbeitsmittel
  • Individuelle Anpassung und Förderung
  • der Gesundheit.

Personalführung, Leistungsanreize, Mitarbeitermotivation und nicht zuletzt Wertschätzung müssen in der öffentlichen Verwaltung wie etwa in Hochschulen als Aufgaben einer nachhaltigen Führungskultur eine immer größere Rolle spielen. Gesundheitsmanagement wirkt verhältnis- und verhaltensorientierend und ist damit auf die Rahmenbedingungen innerhalb der Verwaltung und auf Beschäftigte gleichermaßen ausgerichtet.

Das Thema Gesundheit in Organisationen

Ein positiver Trend ist sicher, dass das Thema Gesundheit eine immer wichtigere Rolle spielt. Eine Reihe von Maßnahmen sind oft schon umgesetzt. Allerdings zeigt sich häufig, dass die Rollen und Qualitätsstandards teilweise unklar, nicht aufeinander abgestimmt oder schlicht noch nicht vorhanden sind. Das heißt, Gesundheitsförderung hat in vielen Organisationen noch erhebliches Entwicklungspotenzial.

Wer ein ganzheitliches Konzept der Gesundheitsförderung erarbeiten will, muss viele Rollen und Kompetenzen berücksichtigen:

  • Steuerungsgremien 
  • Führungskräfte
  • Personalrat
  • Personal- und Organisationsentwicklung
  • Gesundheitscoach
  • Gesundheitsmanager
  • Gesundheitszirkel
  • Betriebsarzt
  • Arbeitsschutz.

Eine optimale Gesundheitsförderung an den Hochschulen sollte Interventionsfelder und Rollen vernetzen und sich so zu einem ganzheitlichen Verständnis entwickeln. Sie sollte sich auf die gesamte Organisation und den einzelnen Mitarbeitenden beziehen. Sie stellt im Kern eine strategische Führungsaufgabe dar und spielt sich im Spannungsfeld zwischen Verhalten und Verhältnissen ab. Und sie entfaltet ihre  Wirkungen, wenn Gesundheit nicht nur im Lebens- und im Verhaltensstil der Beschäftigten beachtet und gezielt gestärkt wird, sondern die Strukturen, die Prozesse und die Führungskultur einer kontinuierlichen gesundheitsförderlichen Weiterentwicklung zugeführt werden.

Studien belegen, dass eine gezielte Gesundheitsförderung Erfolge bringt

Untersuchungen belegen, dass eine gezielte Gesundheitsförderung nachhaltige Erfolge bringt. Sie beziehen sich auf den Rückgang der Beschwerden am  Arbeitsplatz durch die Veränderung der Umgebungsbedingungen, die Verbesserung der sozialen Beziehungen, die Erhöhung der Einflussnahme auf die Arbeitsabläufe und die Zunahme des persönlichen Handlungsspielraumes der Beschäftigten. Einer Studie zufolge gehen infolge konsequenter Gesundheitsförderung Fehlzeiten um ein Viertel zurück (2), Frühverrentungen nehmen ab, Gesundheitskosten reduzieren sich und Beschäftigte werden offener gegenüber Innovationen. Insgesamt konnten Lebensqualität und Arbeitszufriedenheit gesteigert werden, was einen erheblichen positiven Einfluss auf die Motivation der Mitarbeitenden und damit auf den Erfolg der Organisation hat. Eine Investition in die Gesundheit der Mitarbeiter, die sich laut dieser Studie auch in barer Münze auszahlte: Mit jedem Euro könnten 2,70 Euro durch reduzierte Fehlzeiten eingespart werden.

Nicht zu unterschätzen ist ein weiterer Aspekt: Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung steht gerade auch die öffentliche Verwaltung zunehmend vor der Herausforderung, qualifizierte Beschäftigte zu gewinnen. Weiche Faktoren wie Unternehmenskultur und Bindung spielen für die „Generation Y“ eine entscheidende Rolle. (3) Eine entsprechend aufgestellte Verwaltung könnte künftig auch ihre Attraktivität als Arbeitgeberin erhöhen und damit ihre Position im Wettbewerb um qualifizierte Nachwuchskräfte verbessern.

Wie lässt sich Gesundheitsförderung initiieren?

Eine Gesundheitsförderung an Hochschulen bedarf zuallererst strategischer Ziele für die jeweilige Organisationseinheit. Die Strategie muss dabei verhältnisbezogene Maßnahmen ebenso berücksichtigen wie verhaltensbezogene Maßnahmen. Für eine ganzheitliche Gesundheitsförderung ist es wichtig, dass die einzelnen Handlungsfelder miteinander vernetzt sind. Dazu darf sie nicht nur aus Einzelmaßnahmen bestehen, sondern sollte systematisch in komplexe, längerfristige  Prozesse eingebunden sein. Dann sind die Erfolge auch größer,  nachhaltiger und besser messbar.

Die  Führungsakademie Baden-Württemberg wählt deshalb Coaching als Ansatz einer ganzheitlichen Strategie der Gesundheitsförderung. Coaching dient der Qualifizierung von Führung, indem Beratung in Anspruch genommen und die Beratungskompetenzen von Führungskräften erweitert werden. Beispielsweise können die Entwicklung strategischer Ziele im Gesundheitsbereich, ihre Einbindung in die Personal¬ und Organisationsentwicklung sowie die individuelle Förderung eines gesundheitsstärkenden Lebensstils mit einem professionellen Gesundheitscoaching systematisch in einem strukturierten, mehrstufigen Prozess miteinander vernetzt werden, in dem alle relevanten Personen beteiligt werden. Das optimale Ergebnis ist ein harmonischer Dreiklang von Führung, Gesundheit und Erfolg.

___________
Fußnoten
1) Akerlof, G. und Kranton, R.; Identity Economics: How our identities shape our work, wages and well-being, Princeton University Press, 2011.
2) Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention – Zusammenstellung der wissenschaftlichen Evidenz 2006-2012, in: Gesundheit&Arbeit, iga.Report 28
3) Deloitte, Human Capital Trends, Deloitte University Press, 2014.

Buchtipp

Buchtipp

Berninger-Schäfer, Dr. Elke: Gesundheitskompetenzen für Führungskräfte, Schriftenreihe der Führungsakademie Baden-Württemberg, 2013, Richard Boorberg Verlag

Handlungstipp

Handlungstipp

Wesentliche  Ziele einer ganzheitlichen Gesundheitsförderung bestehen darin, Motivation zu steigern, Wissen zu vertiefen, Kompetenzen zu stärken und einen Transfer zu stützen.
Download: http://fueak.bw21.de/Kompetenzzentren/Gesundheitsfoerderung/Seiten/default.aspx

Fazit

Fazit

In der öffentlichen Verwaltung muss die Gesundheitsförderung eine entscheidende Rolle spielen. Der öffentliche Dienst kann sich so für neue Mitarbeiter der „Generation Y“ als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Die Gesundheitsförderung muss die Verhältnisse am Arbeitsplatz und den persönlichen Lebens- und Arbeitsstil der Beschäftigten berücksichtigen. Sie gehört heute zu den Kernbereichen der Führungsverantwortung.

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