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„Eine klare, deutliche Ansprache“

Stellenausschreibungen so zu formulieren, dass Frauen sich angesprochen fühlen, ist nicht so schwer: Klare Sätze, auch zum Thema Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit, ziehen. Helga Lukoschat sagt, was zu tun ist.

duz: Frau Lukoschat, welche Schlüsselbegriffe müsste eine Stellenausschreibung beinhalten, um für Sie interessant zu sein?

Lukoschat: Formulierungen, die betonen, dass Teamarbeit in diesem Institut oder an dieser Hochschule ganz groß geschrieben wird, kämen bei mir sehr gut an. Ebenso Sätze, die ausdrücken, dass man in einem interdisziplinären und/oder interkulturellen Team arbeitet. Denn das suggeriert, dass unterschiedlichste Fähigkeiten und Temperamente sich im Team entfalten können. Unsere eigenen Absolventinnen-Befragungen bestätigen, dass die jungen Frauen großen Wert darauf legen.

duz: Was schreckt dagegen eher ab?

Lukoschat: Wenn eine Stellenausschreibung nur so vor englischen Business-Fachbegriffen strotzt. Das findet man oft in der Wirtschaft und es wirkt mitunter etwas prahlerisch. Doch weibliche Bewerber – das geht aus Untersuchungen hervor – bevorzugen eine klare, deutliche Ansprache. Als kontraproduktiv erweist sich auch, wenn die Anforderungen in der Ausschreibung fachlich zu eng definiert sind. Das schreckt viele Frauen ab.

duz: Haben Frauen weniger Selbstbewusstsein als Männer und denken: Da brauche ich mich gar nicht erst zu bewerben?

Lukoschat: Das ist nicht eine Frage mangelnden Selbstbewusstseins. Es hat vielmehr etwas damit zu tun, dass Frauen eher als Männer dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten kritisch zu hinterfragen. Sie denken dann oft: Dieses Profil trifft auf mich nicht zu; um das auszufüllen, bin ich möglicherweise nicht qualifiziert genug. Und schi­cken dann keine Bewerbung los – obwohl sie sich mit ihren persönlichen Voraussetzungen sicherlich einarbeiten könnten.

duz: Was sollten die Stellenausschreiber noch beachten?

Lukoschat: Ein wichtiger Punkt ist natürlich die Vereinbarkeit von Job und Familie.

duz: Was wollen Frauen hier für Formulierungen lesen?

Lukoschat: Sicherlich keine übertrieben blumigen Worte oder leeren Versprechungen, sondern konkrete Angaben, was Hochschule oder Institut unter Familienfreundlichkeit versteht, wie: „Wir bieten eine betriebliche Kinderbetreuung“ oder „Flexible Arbeitszeiten oder Home-Office-Arbeitsplätze sind möglich.“ Als Femtec schreiben wir so etwas ausdrücklich in Stellenanzeigen, und die Stellenbewerberinnen beziehen sich im Gespräch auch oft darauf und fragen gezielt nach.

duz: Und in Stellenausschreibungen der Hochschulen fehlen solche Schlüsselformulierungen?

Lukoschat: Viele sind leider nach „Schema F“ und etwas lieblos gestaltet – mit Pflichtformulierungen wie „Weibliche Bewerber werden bevorzugt“. Die TU Berlin hat vor Kurzem für eine wissenschaftliche Stelle, die wir gemeinsam mit der Universität eingerichtet haben, eine Anzeige in Berliner Tageszeitungen geschaltet. Die Resonanz war gleich null. Dann haben wir, als Femtec, die Anzeige noch einmal geschaltet, jedoch äußerlich und inhaltlich anders gestaltet, Femtec als Arbeitgeberin mehr hervorgehoben und die Anzeige nicht in Zeitungen, sondern über verschiedene Internetportale verbreitet. Und hatten damit mehr Erfolg. Offenbar nutzen viele Frauen, zumal wenn sie kleine Kinder haben, das schnelle Medium Internet zur Orientierung. Denn oft fehlt die Zeit zur Zeitungslektüre.

duz: Spielt die äußerliche Gestaltung auch eine wichtige Rolle?

Lukoschat: Ja, natürlich. An der TU Berlin wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes mit der Fraunhofer-Gesellschaft Stellenanzeigen für Industrieforschungsstellen analysiert, vor allem hinsichtlich ihrer Bildsprache. Das Ergebnis: Auf fast allen in den Anzeigen verwendeten Fotos sind Frauen nur als offensichtliche Assistentinnen zu sehen, denen der männliche Kollege etwas erklärt. Nur sehr selten sieht man Frauen alleine und aktiv. Auch das kann abschre­ckend wirken. Es lohnt sich also, Geld in gute Fotos zu investieren.

duz: Kürzlich klagte der Leiter eines Exzellenzclusters, er wisse nicht, wie man gezielt weibliche Bewerber anspricht. Wie kann dem Mann geholfen werden?

Lukoschat: Sinnvoll ist es, professionelle Agenturen um Rat zu bitten. Das Bundesforschungsministerium arbeitet im Referat „Frauen in der Wissenschaft“ mit einer solchen zusammen, ist offenbar sehr zufrieden und könnte also Tipps geben. Ratschläge können sicherlich auch Frauenkompetenzzentren wie das CEWS in Bonn geben.

Dr. Helga Lukoschat

Dr. Helga Lukoschat

Geboren 1957 in Esslingen, ist die Politikwissenschaftlerin Mitbe-
gründerin und Geschäftsführerin der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) in Berlin. Seit 2001 leitet Lukoschat auch die EAF-Gründung Femtec, das Hochschul-
karrierezentrum für Frauen an der TU Berlin.
Link: www.femtec.org

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