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Europa liegt vorn bei den Online-Kursen

Hochschulbildung für die Masse, angeboten als sogenannte Moocs, gilt seit Jahren als guter Weg, das Image der Universität und die Studierendennachfrage zu verbessern. Eine Studie belegt das.

Udacity, Coursera oder Edx – im Jahr 2012 saßen die Vorreiter-Institutionen in Kanada und den USA. Heute werden die offenen Online-Kurse für die breite Masse von europäischen Initiativen wie OpenupED, Iversity oder FutureLearn angeboten. Mittlerweile sind bei den sogenannten Moocs (Massive Open Online Courses) Europas Hochschulen auf der Überholspur. „Europäische Institutionen beteiligen sich mehr an Moocs als US-amerikanische Einrichtungen“, heißt es in einer Studie, die diesbezüglich Strategien der Hochschulen in Europa und den USA vergleicht.

Die Studie basiert auf Antworten von 67 Hochschulen aus 22 Staaten Europas, die der europäische Dachverband der Fernuniversitäten EADTU (European Association of Distance Teaching Universities) in dem EU-Projekt HOME [http://home.eadtu.eu/ ] (Higher education Online: Moocs the European way) zusammentrug. Die Autoren vergleichen ihre Ergebnisse auch mit Erhebungen aus den USA in den Jahren 2013 und 2014 sowie mit einer Studie des europäischen Universitätsverbands EUA (European University Association). Die Untersuchungen legen einen Trend nahe: Während in Europa die Quote der Hochschulen, die Moocs anbieten oder Online-Kurse planen, zwischen 2013 und 2014 von 58 auf fast 72 Prozent stieg, ist in den USA eine leicht rückläufige Entwicklung zu verzeichnen. Die Quote fiel dort von 14,3 auf 13,6 Prozent.

Für den Rückgang in den USA liefert die Studie zwar keine eindeutige Erklärung, aber Hinweise. „Für europäische Anbieter erfüllen die Moocs im Gegensatz zu den USA die in sie gesteckten Erwartungen“, sagt Dargo Jansen, einer der Autoren der Studie und EADTU-Programmmanager. Das liege daran, dass sich die Ziele unterscheiden. In Europa sehen mehr als 80 Prozent der befragten Institutionen Online-Kurse als wichtig an, um Erfahrungen mit der Online-Lehre zu sammeln. In den USA sind es nach 44 Prozent im Jahr 2013 nur noch 28 Prozent im Jahr 2014, die das annehmen. Zudem sieht mehr als die Hälfte der europäischen Hochschuleinrichtungen in den Online-Kursen ein nachhaltiges Bildungsprogramm. „Die Moocs komplettieren das Angebot der Hochschulen“, sagt Jansen. Dem können die meisten US-Hochschulen den Studien zufolge nicht zustimmen.

Ein weiterer Faktor: die Finanzen. „Der Aufbau von Moocs kostet Geld, das in den USA vor allem die großen Universitäten bereit sind auszugeben“, erklärt Jansen. Der großen Mehrheit der Hochschulen fehle es dagegen an den notwendigen finanziellen Möglichkeiten. In Europa sind es auch die kleineren Hochschulen, die dank staatlicher Förderung Moocs anbieten können.

„In Europa gelten offene Online-Kurse als wichtige Ergänzung der Hochschulbildung“

Der Bericht der EADTU zeigt aber auch die unterschiedliche Bedeutung der Moocs. In Europa gelten sie als wichtige Ergänzung der Hochschulbildung. „Sie sind adressiert an Personen, die sich weiterbilden möchten oder die bislang keine Chance auf ein Studium hatten, und die sich jetzt für ein bestimmtes Thema interessieren“, sagt Jansen. In den USA gehe es bei den Moocs vor allem darum, neue und damit mehr Studierende anzulocken. Die Hoffnung sei, dass sich die Teilnehmer hinterher in den Eliteuniversitäten für die kostspieligen Bachelor¬ und Master-Studiengänge einschreiben. Ein weiterer Unterschied ist laut Studie auch, dass in den USA eine große Verwirrung wegen der verschiedenen Arten von Zertifikaten herrscht, die Moocs-Teilnehmer als Abschluss erhalten können. In Europa gebe es zwar auch verschiedene Abschlüsse, es herrsche aber mehr Klarheit. „Dank der Bologna-Reform und des Europäischen Qualifikationsrahmens ist es in Europa eindeutig geregelt, ob und wie viele ECTS-Punkte für Moocs vergeben werden“, sagt Jansen.

Die Porto-Deklaration

Die Porto-Deklaration

Mit Moocs die offene Online-Bildung an Hochschulen voranbringen – das ist die Botschaft der Erklärung von Porto von Ende 2014. Mehr als 70 Hochschulen und Organisationen haben bisher unterzeichnet und unterstützen damit die Forderung an die EU-Kommission, die Digitalisierung der Hochschulbildung stärker zu fördern.

Studie im Überblick

Die Erhebung zu den offenen Online-Kursen für alle im Überblick:

  • 71,7 Prozent von 67 befragten Institutionen in Europa haben im Jahr 2014 bereits Moocs-Kurse im Angebot und werden in Zukunft welche anbieten. In den USA sind es nur 13,6 Prozent.
  • Für mehr als 80 Prozent der Einrichtungen in Europa sind Moocs wichtig, um mehr über Online-Lehre zu lernen. In den USA sind es nur 28 Prozent.
  • Aus Sicht von 66 Prozent der befragten US-Einrichtungen ist es  zu früh, um beurteilen zu können, ob Moocs die Erwartungen erfüllen. In Europa meinen 58 Prozent, ihre Ziele würden erfüllt.
  • Für 71,6 Prozent der europäischen Institutionen sollen Moocs ein nachhaltiges Bildungsmodell für die Massen sein. 70 Prozent sind dagegen, dass dafür Gebühren fällig werden sollen. Davon ausgenommen sind Moocs, die sich auf das Studium anrechnen lassen.
  • In Europa betrachten es 82,1 Prozent der Befragten als sehr relevant, dass Moocs komplett online angeboten werden.
  • Als starke Einflussfaktoren bei den Moocs in Europa gelten laut Studie etwa die Verbesserung der Lehrqualität und die Globalisierung. Keine Rolle spielen die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für die Bildungsindustrie, das Einsparen von Kosten bei den Hochschulen und die Vergabe von Dienstleistungen nach außen.

Internet: www.eadtu.eu/documents/Publications/OEenM/Institutional_  MOOC_strategies_in_Europe.pdf

Dr. Daniela Pscheida

„Teil des Marketings“

Die Allianz Technischer Universitäten TU9 hat im vorigen Jahr ihren ersten Mooc, also offenen Online-Kurs, angeboten. Dr. Daniela Pscheida, Projektkoordinatorin an der TU Dresden, zieht Bilanz.

duz: Warum haben die TU9 ein Projekt wie MOOC@TU9  ins Leben gerufen?

Pscheida: Wir wollen damit unsere hochwertige Ausbildung in den Ingenieur- und Naturwissenschaften auf dem internationalen Bildungsmarkt sichtbar machen und geeignete Studierende aus dem Ausland für ein Studium in Deutschland und an den TU9¬Universitäten gewinnen. Ziel des Projektes ist auch, Kompetenzen zusammenzuführen und Erfahrungen für die kooperative Produktion von Moocs zu sammeln. Damit können wir Standards entwickeln, von denen die TU9-Mitglieder profitieren. Zudem lässt sich ausloten, wo die Potenziale von Moocs in der digitalen Lehre liegen.

duz: Ist der Kurs auch ein Marketinginstrument?

Pscheida: Wir wollen mit dem Angebot nicht nur eigene Studierende an den TU9-Universitäten, sondern auch Studieninteressierte weltweit und letztendlich auch den Weiterbildungsmarkt erreichen. Damit ist das Projekt Teil des Hochschulmarketings der TU9. Der Kurs will veranschaulichen, was das Profil der vorgestellten Disziplinen ist und welche Anforderungen diese stellen. Er soll über die beteiligten Lehrpersonen und die Filme ein persönliches Bild der einzelnen Hochschule vermitteln.

duz: Sind Sie zufrieden mit der Resonanz?

Pscheida: Wir hatten gut 1300 registrierte Nutzer aus mehr als 80 Staaten, vor allem aus Asien, Europa und Südamerika. Das ist vergleichsweise gering für einen Mooc, wir haben uns aber in der Pilotphase bewusst gegen die Kooperation mit einer professionellen Mooc-Plattform entschieden. Im Mittelpunkt stand für uns zunächst die Umsetzung des Projektes als hochschulübergreifende Kooperation, also die Zusammenarbeit der neun Hochschulen bei der Vorbereitung, Durchführung und Evaluation des Kurses. Das ist uns gelungen, wie nicht zuletzt die Auszeichnung des Projekts im Wettbewerb ´MINTernational Digital´ durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft Mitte April zeigt.

duz: Bauen Sie das Angebot weiter aus?

Pscheida: Die Pilotphase ist vorbei, wir haben sehr viel ausprobiert und dabei wichtige Erfahrungen gesammelt, auf denen aufgebaut werden soll. Aktuell läuft ein intensiver Diskussionsprozess, wie eine mögliche Fortsetzung des Projekts konkret aussehen könnte.

Das Interview führte Benjamin Haerdle.

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