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Die Themen werden nie versiegen

Seit 20 Jahren beliefert der Informationsdienst Wissenschaft (idw) seine 33.000 Nutzer, darunter viele Journalisten, mit Nachrichten aus Wissenschaft und Forschung. Diese stammen aus den Hochschulpressestellen der Mitglieder. Doch braucht es so etwas noch im Zeitalter von Suchmaschinen? Ein Gespräch mit dem idw-Leiter Josef König.

duz: Herr König, Informationen und Experten zu wissenschaftlichen Themen im Internet zu googeln, ist heute für Journalisten und Wissenschaftler kein Problem mehr. Braucht es bei dieser Konkurrenz noch den idw und seinen Expertenmakler?

König: Von Konkurrenz würde ich nicht sprechen. Wenn Sie über Google-Ergebnislisten etwas suchen, müssen Sie unter Umständen erst zeitaufwendig überprüfen, wie seriös und neutral die Suchergebnisse sind und ob sich dahinter tatsächlich das verbirgt, was Sie brauchen. Und: Anders als bei Google können die Nutzer, die die Informationsangebote des idw nutzen, durch die Eingabe von Suchbegriffen nicht getrackt werden. Ihre User-Gewohnheiten können also nicht nachverfolgt werden.

duz: Wenn man sich an Sie wendet, stellen der Expertenmakler und die Expertenlisten ja auch eine Art Vorauswahl dar, die Sie treffen.

König: Eine Vorauswahl von unserer Seite findet nicht statt. Ein Beispiel: Sie suchen Experten zu Themen wie Ukraine, Finanzkrise oder auch Winterdepression. Der idw übernimmt hier nur eine Vermittlerrolle, denn diese Anfrage, die Sie als Journalist mit detaillierten Suchangaben über unser Portal stellen, wird automatisch und kommentarlos an unsere Mitglieder beziehungsweise deren Presseverantwortliche weitergeleitet. Wenn diese über entsprechende Experten verfügen, stellen sie selbst für die gewünschten Informationen den Kontakt zu den Journalisten her.

duz: Gilt das auch für die Expertenlisten?

König: Auch für die Zusammenstellung unserer Expertenlisten, die wir nur für akkreditierte Journalisten zur Verfügung stellen, sind alle Mitgliedseinrichtungen aufgerufen, sich zu beteiligen.

duz: Aber können Sie wirklich unabhängig informieren? Ihre beitragzahlenden Mitglieder – Hochschulen und wissenschaftliche Institutionen aus Deutschland und dem europäischen Ausland – verfolgen natürlich eigene Interessen.

König: Ja, aber bei 929 Mitgliedern hat keines eine dominante Stellung beziehungsweise könnte keines einen überragenden Einfluss auf die Arbeitsweise des idw nehmen. Zudem sind mittlerweile nahezu alle Hochschulen bei uns Mitglied, haben also die gleichen Möglichkeiten, sich einzubringen. Außerdem: Die Interessen unserer Mitglieder – und auch die Interessen unseres Vereins – liegen vor allem darin, Wissenschaft und Öffentlichkeit zusammenzubringen und sich auch innerhalb der Community zu vernetzen.

duz: Journalisten stellen durch die Anfragen bei Ihnen peu à peu vermutlich ihr eigenes kleines Experten-Wiki zusammen und brauchen Sie vielleicht irgendwann nicht mehr.

König: Da sich immer neue Themen und Wissensgebiete ergeben, wird der idw als Lotse nicht überflüssig. Und die Nachfrage ist enorm gewachsen: Denn anders als vor 20 Jahren, als Wissenschaftsjournalisten über ein kaum beachtetes Nischendasein klagten, haben heute eigentlich alle großen Zeitungen und Magazine Wissenschaftsseiten oder sogar eigene Wissenschaftsressorts.

duz: Inwieweit hat sich die Rolle der Forscher verändert?

König: Wissenschaftler sind als Experten heute nicht nur für Fragen der Forschung wichtige Ansprechpartner, sondern auch beispielsweise bei aktuellen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ereignissen oder Umwelt- und Klimaphänomenen. Das wiederum hängt mit einer zunehmenden Offenheit  der Wissenschaft zusammen, ihre Inhalte so zu vermitteln, dass sie auch für Nicht-Wissenschaftler verständlich und interessant sind. Es kommt mittlerweile immer häufiger vor, dass Professoren bei den Pressestellen ihrer Hochschulen darauf bestehen, Pressemitteilungen über ihre Forschungsergebnisse über den idw zu verbreiten.

duz: Das war vermutlich anders, als der idw startete?

König: Als wir 1995 mit etwa 30 Hochschulpressestellen und 20 registrierten Journalisten begannen, war das ein Versuch mit noch ungewissem Ausgang. Denn damals lag die Pressearbeit an Hochschulen – von Ausnahmen abgesehen – in den meisten Fällen nicht in den Händen von Presse- und PR-Fachleuten, sondern oft arbeiteten dafür abgeordnete Mitarbeiter aus der Verwaltung oder wissenschaftliche Mitarbeiter. Wir haben deshalb von Anfang an Medienschulungen und Handreichungen entwickelt, um die Arbeit unserer Mitglieder zu professionalisieren.

duz: Wie haben Sie das finanziert?

König: Zunächst weitgehend aus eigenen Bordmitteln der Gründungspressestellen an der Ruhr-Uni Bochum, der Uni Bayreuth und der TU Clausthal. Von 1996 bis 1999 erhielten wir dann vom damaligen Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft die für uns beachtliche Fördersumme von insgesamt 1,86 Millionen D-Mark. Davon konnten wir Mitarbeiter und einen Programmierer bezahlen, der uns 1997 zu einem professionellen Web-Auftritt verhalf. Wir mussten ja mit gutem Beispiel vorangehen.

duz: Sie hatten offenbar Glück, dass Sie damals auf die richtige politische Stimmung trafen.

König: Die im Mai 1999 von den führenden Wissenschaftsorganisationen auf Anregung des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft beschlossene PUSH-Initiative ...

duz: … das steht für Public Understanding of Science and Humanities, was so viel bedeutet wie: Wissenschaft sucht den Dialog mit allen Gruppen der Gesellschaft …

König: … war für unser idw-Projekt sicherlich sehr wichtig. PUSH führte unter anderem zur Gründung von „Wissenschaft im Dialog“ und den seither jährlich stattfindenden öffentlichkeitswirksamen Wissenschaftsjahren.

duz: Nur 22 Prozent der rund 33 000 registrierten idw-Nutzer sind Journalisten. Die zahlenden Mitglieder unter den Nutzern wiederum machen nur gut sieben Prozent aus. Heißt das, dass die überwiegende Mehrheit der Registrierten die neugierige Öffentlichkeit widerspiegelt?

König: Unser Dienst ist unter anderem auch für Unternehmen, die selbst Forschung und Entwicklung betreiben, interessant. Und natürlich auch für den einzelnen Wissenschaftler. Forscher sind inzwischen nicht nur an Kontakten zu Journalisten interessiert. Es ist schon mehrfach vorgekommen, dass Professoren nach einer über den idw verbreiteten Meldung über ihr Projekt von Kollegen anderer Institutionen für mögliche Kooperationen kontaktiert wurden. Somit erfüllen wir nicht nur für die Medien eine Lotsenfunktion.

duz: Dann können Sie sich ja zurücklehnen …

König: Keineswegs. Wir sind dabei, neue Angebote zu entwickeln – etwa im Bereich Audio und Film. Details kann ich Ihnen allerdings noch nicht verraten.

Das Interview führteMareike Knoke.


Im Interview: Josef König  gehört zu den Gründern und zum Vorstand des idw. Der promovierte Germanist arbeitete als Lektor beim Rowohlt Verlag und als wissenschaft-
licher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1990 bis 2013 leitete er die dortige Pressestelle, wurde 2009 „Forschungssprecher des Jahres“ und saß im Expertengremium für die Aus- und Weiter-
bildung von Wissenschaftsjournalisten der Bertelsmann Stiftung. 2013 übernahm er die Teamleitung beim idw.

Idw in Kürze

Idw in Kürze

Historie: In Anlehnung an ProfNet gründeten die Pressesprecher der Uni Bayreuth, der Ruhr-Uni Bochum und der TU Clausthal sowie der Leiter des Clausthaler Rechenzentrums den 1995 startenden Informationsdienst Wissenschaft.

Heute: Was als Mailingliste für Expertenanfragen begann, wurde zum Online-Portal mit 929 Mitgliedern, die den idw seit 2000 finanzieren. Das Jahresbudget beträgt rund eine halbe Million Euro.

Internet: www.idw-online.de

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