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Die ersten hundert Tage als Chef

Gerade in der Anfangsphase können Vorgesetzte viel falsch machen. Jede Menge Fettnäpfchen lauern. Was Sie unbedingt vermeiden sollten und wie Sie einen guten Einstieg hinlegen.

Nach den ersten 100 Tagen weiß eine Führungskraft, woran sie ist im neuen Führungsjob. Doch Vorsicht: überall lauern am Anfang Fettnäpfchen. Hier sind die fünf größten.

Fettnäpfchen eins: Aktionismus
Wer als Führungskraft denkt, gleich alles umkrempeln oder die Welt neu erfinden zu müssen, stößt das Team vor den Kopf. „Indirekt wird so signalisiert, dass die Arbeit, die vorher gemacht wurde, nicht gut war“, erklärt Bert Kruska, Business Coach für Wissenschaftler in Heidelberg. Eine bedeutsame Sache werde dabei nämlich oft vergessen: „Das Vorhandene und bisher Geleistete zu würdigen.“ Wichtig sei es, sich nicht dogmatisch zu verhalten, rät Professor Dr. Dieter Frey, Sozialpsychologe und Leiter des Centers für Leadership & People Management der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Oft wird vergessen zu würdigen, was bisher geleistet wurde

Fettnäpfchen zwei: Vorgänger schlecht machen
„Das machen nur schwache Führungskräfte, wenn sie eine Duftnote hinterlassen wollen“, meint Frey. Selbstsichere Führungskräfte signalisieren hingegen gerade bei großen Fußstapfen des Vorgängers, dass sie das Positive bewahren und weiterentwickeln, aber auch eigene Akzente setzen möchten. Neuerungen sind immer gut zu begründen, betont Kruska. Wenn Mitarbeiter dem Ex-Chef nachtrauern, gilt es zu verdeutlichen, dass man nicht besser oder schlechter sein möchte, aber eben anders ist. Zurückhalten sollten sich neue Führungskräfte in jedem Fall mit Kommentaren zum Vorgänger.

Fettnäpfchen drei: Nicht sagen, wofür man steht
Führungskräfte, die nicht klar kommunzieren, welche Visionen und Ziele sie verfolgen, erreichen ihre Mitarbeiter nicht. „Die anderen müssen wissen, woran sie sind“, sagt Kruska. Für Exzellenz und gute Publikationen oder Drittmitteleinwerbung stehen oder für fairen und guten Umgang miteinander, nennt Sozialpsychologe Frey als Beispiele für zu kommunizierende Ziele. Gleichzeitig sei interessant, von den Mitarbeitern zu erfahren, was sie sich von der Führung oder in der Arbeit wünschen. „Das heißt nicht, dass man sich danach richten muss. Man sollte aber die Sehnsüchte der Mitarbeiter kennen, auch wenn man sie nicht alle erfüllen kann“, sagt Frey.

Enttäuschten Gegnern sollte man besondere Aufgaben zuweisen

Fettnäpfchen vier: Konkurrenten ignorieren
Enttäuschte Mitarbeiter, die sich Hoffnungen auf den Job gemacht haben, werden leicht zu Gegnern. Hier hilft ein  Vier-Augen-Gespräch. „Ich verstehe, dass Sie enttäuscht sind, aber ich bin sehr an einer guten Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert“, könnte eine Ansage sein. Dem Betreffenden besondere Aufgaben zu geben, könnte von Nutzen sein. Frey: „Wer aber merkt, dass die Person in der Folgezeit hintenherum sabotiert, sollte weitere Gespräche führen, Grenzen aufzeigen und den eigenen Führungsanspruch verdeutlichen.“

Fettnäpfchen fünf: Die alten Kollegen
Wer hier nicht trennt, kann leicht in eine Zwickmühle und Schieflage geraten, etwa, indem Extrawürste für alte Freunde gebraten werden. „Wenn man klarstellt, dass sich die Rollen verändert haben, muss dies kein Problem für die Freundschaft sein“, sagt Dieter Frey. Klar sei, dass man dem Freund oder Kollegen nicht mehr alles mitteilen kann, beispielsweise, wenn es um Angelegenheiten geht, die der Vorgesetzte mit seiner Führungskraft bespricht. „Wer sich professionell verhält, kann auch Freunde im Team haben. Aber es gehen auch einige Freundschaften dabei kaputt“, hat Bert Kruska in seiner Coaching-Praxis festgestellt.

Ute Symanski

„Ihr könnt das nicht allein“

Besonders leicht geraten Arbeitsgruppenleiter unter Druck, meint Hochschulcoach Ute Symanski. Hier ihre Tipps, wie man am besten mit der neuen Rolle als Führungskraft umgeht.

duz: In der Wirtschaft spielen die ersten 100 Tage in einer Führungsposition eine große Rolle. Wie steht es damit in der Wissenschaft?

Symanski: Die Sorge, die Probezeit nicht zu schaffen, gibt es bei einem Lehrstuhl-Inhaber nicht. Am meisten Abhängigkeiten hat noch der Arbeitsgruppenleiter, der Druck von oben hat, weil er zum Erfolg des Instituts beitragen soll, und dann noch den Druck von unten bekommt, weil das Team auch viel von ihm will. Wenn ich da nicht erfolgreich bin, kriege ich keine Vertragsverlängerung. Es gibt aber auch noch den inneren Druck, den man sich selber macht.

duz: Wie sieht dieser innere Druck aus?

Symanski: In der Wissenschaft arbeiten Menschen, die überdurchschnittlich motiviert sind. Das ist verquickt mit der Sozialisation, der Beste in einem Fachgebiet zu sein. Mein Tipp ist: Macht euch klar, das ist jetzt anders, als ihr euch gegen Konkurrenz im Berufungsgespräch durchsetzen musstet. Damals kam es nur auf euch selbst an. Jetzt könnt ihr das gar nicht alleine schaffen. Ihr braucht die Unterstützung von eurem Team und könnt sie einfordern.

duz: Wie bereitet man sich am besten auf die neue Führungsaufgabe vor?

Symanski: Indem man sich klar macht: ”It takes two to tango.” Einer führt, der andere will geführt werden, am besten auf Augenhöhe. Das gilt besonders in der Wissenschaft, wo jeder seinen eigenen Kopf hat.

duz: Was muss in den unterschiedlichen Ämtern beachtet werden?

Symanski: Die Vorbereitung etwa auf eine traditionell aufgeladene Rolle als Dekan hat viel mit informellen Spielregeln zu tun. Hier ist es wichtig, zu schauen, wie es die Vorgänger gemacht haben. Bei Institutsleitern ist es anders: Die sind freier. Aber auch sie brauchen das Vertrauen und die Mitarbeit des Teams. Als Arbeitsgruppenleiter ist es besonders wichtig, sich von Anfang an ganz eng mit der eigenen Führungskraft abzustimmen und die Erwartungen abzustecken.

Das Interview führte Susanne Rytina

Die wichtigsten Schritte

Die wichtigsten Schritte bei der neuen Führungsaufgabe

Phase 1: Vor dem Antritt
Es sollte klar sein, was diejenigen, die die Führungskraft eingestellt haben, erwarten und welche Ziele sie selber hat. Was genau soll sie tun, bis zu welchem Zeitpunkt? Welche Ziele und Visionen gibt es?

Phase 2: Orientierung
Am wichtigsten im ersten Monat: beobachten, nachfragen, zuhören, Fakten sammeln, Beziehungen knüpfen, Vertrauen aufbauen. Wer Leute findet, die ihm sagen, was er selbst nicht sieht, kann sich glücklich schätzen. Man sollte sich fragen: Wer will was? Wer ist der Meinungsführer? Wo sind Unterstützer, Skeptiker oder Neutrale? Wer kann mit wem? Wo gibt es unterschwellige Konflikte? Was ist üblich, was nicht?

Phase 3: Bewertung
Hier geht es darum, Informationen zu sichten, zu bewerten und zu diskutieren. Inzwischen sind die Stärken und Schwächen der Organisation, Strukturen, Personenkonstellationen sowie die vorherrschende Kultur klarer. Mit den Mitarbeitern kann man in kurzen Gesprächen Ziele abgleichen, Synergieeffekte und Gemeinsamkeiten betonen.

Phase 4: Umsetzung
Hier werden Maßnahmen umgesetzt in den Handlungsfeldern, die man zuvor identifiziert hat. Feedback-Schleifen sollten eingebaut werden. Nicht vergessen: Erfolge feiern! Gemeinsam mit den Mitarbeitern, aber auch nach außen.

Buchtipp: Handwerkszeug

Buchtipp: Handwerkszeug

Wer in der Wissenschaft reüssieren möchte, braucht mehr als Fachwissen. Managementkenntnisse und Führungswissen sind Handwerkszeug für Wissenschaftler, das sie erlernen können. Zielgruppe des Buchs Wirksames Management in der Wissenschaft sind neue Führungskräfte, die ergebnisorientiert arbeiten (Campus).

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