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Gesundheitskurse, Willkommenspaket, Kantinengutschein: Arbeitgeber in der Wirtschaft lassen sich viel einfallen, um Personal zu gewinnen – und zu halten. Die Hochschulen ziehen langsam nach.

Ihre einzige Aufgabe ist: für das Wohlbefinden der Kollegen zu sorgen. Feel-Good-Manager sind die Antwort, die vor allem junge, innovative Firmen gefunden haben, um ihre Beschäftigten nicht bei der Konkurrenz zu sehen. Feel-Good-Manager organisieren Feiern, fungieren als eine Art Kummerkasten oder helfen weiter, wenn ein ausländischer Mitarbeiter einen englischen Zahnarzt sucht. Für Hochschulen seien solche Manager keine Alternative. „So etwas brauchen wir nicht“, ist sich die Präsidentin der Deutschen Weiterbildungsuniversität Berlin und Professorin für Organisationsentwicklung, Prof. Dr. Ada Pellert, sicher. Ein Wohlfühlgefühl am Arbeitsplatz hänge nicht von einem Manager für besondere Aufgaben ab. Dabei sind für die Entscheidung für einen Arbeitgeber durchaus auch die sogenannten weichen Faktoren relevant. Auch zahlreiche Hochschulen erkennen, dass sie etwas bieten müssen, um Spitzenforscher und Nachwuchswissenschaftler zu werben. Mit Essensmarken ist es längst nicht mehr getan. Die neuen Kollegen müssen sich willkommen fühlen. Dafür sorgen an immer mehr Hochschulen Welcome-Center. Sie sollen ausländischen Wissenschaftlern das Ankommen in Deutschland erleichtern. Das Center der Ruhr-Universität Bochum (RUB) etwa hat ein Handbuch für Gastwissenschaftler auf Deutsch und Englisch ins Netz gestellt, das über Einreise und Aufenthalt in Deutschland, Steuern und Sozialversicherung informiert.

Wichtig ist auch, sich um die Familien der neuen Mitarbeiter zu kümmern. Eine Reihe von Universitäten setzt auf Dual Career Services. Die nach angelsächsischem Vorbild funktionierenden Einrichtungen unterstützen die Partner der neuen Kollegen bei der Stellensuche. An rund 40 Hochschulen in Deutschland gibt es einen solchen Dienst, 32 von ihnen sind Mitglied des Dual Career Netzwerks Deutschland (DCND). Auch wer Unterstützung anbietet, einen Kita-Platz oder die richtige Schule für den Nachwuchs der Beschäftigten zu finden, sammelt Pluspunkte. Zwölf deutsche Hochschulen haben eine Charta für mehr Familienfreundlichkeit in der Wissenschaftswelt entwickelt. Eine Konferenz Ende Mai bietet die erste Gelegenheit, das Schriftstück zu signieren. Wer unterschreibt, macht sich zur Aufgabe, Instrumente zur beruflichen Weiterentwicklung, zum Wiedereinstieg nach Familienzeiten und zur flexiblen Arbeitsgestaltung umzusetzen.

Doch macht das einen attraktiven Arbeitgeber aus? „Gutes Personalmanagement ist eine systematische Querschnittsaufgabe“, sagt die Kanzlerin der Technischen Universität (TU) Berlin, Prof. Dr. Ulrike Gutheil. „Um hochkarätige Kandidaten für Wissenschaft und Verwaltung zu gewinnen, geht es im Wesentlichen darum, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.“ Und das sei Aufgabe aller Führungskräfte: vom Professor bis zum Verwaltungsmanager, der seinen Mitarbeitern die Chance eröffne, sich weiterzuentwickeln. Um die Führungsqualitäten ihrer Chefs zu fördern, hat die TU ein Nachwuchsprogramm gestartet. Im ersten Durchgang wurden 14 Verwalter und eine Professorin in Personalführung geschult.

Geht es um die Werbung von Top-Kräften, etwa bei der Besetzung der Humboldt-Professur, ist das an der TU Berlin Chefsache. Die Kanzlerin selbst, der Präsident oder Vizepräsident kümmern sich um die Ansprache und die Begleitung des Kandidaten, vom Kennenlernen der Hochschule über die Stadtbesichtigung bis zu Schul-Empfehlungen für die Kinder. Man brauche keinen Riesenstab und also auch keinen extra Feel-Good-Manager.

Dr. Martin Mehrtens

„Mitarbeiter gestalten mit“

Was haben Hochschulen in Zeiten des Fachkräftemangels ihren Beschäftigten zu bieten? Fragen an Dr. Martin Mehrtens, Kanzler der Universität Bremen.

duz: Herr Mehrtens, wegen des Fachkräftemangels können Unternehmen in Wirtschaft und Industrie kaum ihre Stellen besetzen. Kennen Sie das Problem?

Mehrtens: Das dürfte vielen Hochschulen nicht fremd sein. Fachkräfte im kaufmännischen Bereich, in Personalführung und Technik sind für die besonderen Anforderungen der Hochschulen auf dem Markt nur sehr begrenzt verfügbar. Die Uni Bremen hat da glücklicherweise vorgesorgt und bildet seit eineinhalb Dekaden schon Mitarbeiter in diesen Arbeitsfeldern aus.

duz: Was hat die Uni Bremen, was Arbeitgeber in der Wirtschaft nicht haben?

Mehrtens: Einiges. Zwei bis drei Jahre kalkulierbare Beschäftigungssicherheit zum Beispiel, interessante Aufgaben in innovativen Arbeitsbereichen, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Hierarchien sind flach, die Mitarbeiter können mitgestalten, haben auf allen Ebenen höchstmögliche Verantwortung und Entscheidungsbefugnis.

duz: Hilft der 2012 verliehene Exzellenz-Titel Ihrer Uni, Forscher zu gewinnen?

Mehrtens: Wir haben unsere Bewerberlage deutlich verbessert. Um forschungsaktive Ingenieurwissenschaftler, Polarforscher oder Sozialwissenschaftler langfristig an uns zu binden, bieten wir ihnen beste Arbeitsbedingungen. Wir bieten sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler beispielsweise über eine zentrale Forschungsförderung mit unterschiedlichen Förderformaten für Postdocs und Doktoranden, Graduiertenschulen, kooperative Nachwuchsgruppen für junge Forschende und „Creative Units“ zur Entwicklung neuer Forschungsgebiete.

duz: Wird es an Ihrer Uni eine Frauenquote geben?

Mehrtens: Wir haben Führungskräftetrainings für Frauen, eine gezielte Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Professorinnenprogramme, aber keine Quote. Um beispielsweise mehr Professorinnen zu gewinnen, laden wir geeignete Forscherinnen aus aller Welt zur Bewerbung auf offene Stellen ein. Mit Erfolg: Im vergangenen Jahr haben sich in den 30 Berufungsverfahren immerhin zehn Frauen durchgesetzt.

Kontakt:  http://www.uni-bremen.de/universitaet/die-uni-im-ueberblick/leitung.html

Das Interview führte Marion Koch.

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