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Im dualen Studium sind praktische und theoretische Ausbildung miteinander verknüpft. Das Modell könnte zur Blaupause für Europa werden. Aber kann es die hohen Erwartungen erfüllen? Jetzt befasst sich der Wissenschaftsrat damit.

Deutschland hat einen neuen Exportschlager: die sogenannte duale Ausbildung. Bei ihr werden praktisches und theoretisches Lernen miteinander verknüpft. Dieses Modell hat die OECD kürzlich explizit gelobt, die krisengeschüttelten Länder Europas erhoffen sich mit ihm ein Rezept gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Das duale Studium in Deutschland, es könnte zur Blaupause für Europa werden. Vor allem in betriebswirtschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern sowie im Berufsfeld Gesundheit und Soziales sind die Angebote zu finden.

Doch nicht nur im Ausland ist die Studienform auf dem Vormarsch, auch in Deutschland steigt die Zahl der Angebote und der Studierenden. Rund 61 000 Studierende waren 2012 in einem der 900 dualen Studiengänge für die Erstausbildung eingeschrieben – 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Darin enthalten sind noch nicht die Studierenden und dualen Studiengänge für die Weiterbildung. Dutzende staatliche sowie private Hochschulen und gut 26  000 Unternehmen kooperieren bei dieser Ausbildungsform.

Viele gute Gründe

Alle Beteiligten verbinden das duale Studium mit hohen Erwartungen: Die Studierenden erhoffen sich einen reibungslosen Übergang in das Arbeitsleben, die Hochschulen schielen auf eine leistungsbereite Klientel und die Chancen des Wissenstransfers zwischen sich und der Wirtschaft. Attraktiv ist das Modell auch für Unternehmen, die den Fachkräftemangel umschiffen wollen und sich direkten Zugriff auf hoch qualifizierte Mitarbeiter erhoffen. Für Mittelständler, die vielleicht eine wichtige Marktnische besetzen, aber keinen großen Namen haben, ist das duale Studium oft der einzige Weg, noch Nachwuchs mit Abitur zu rekrutieren. Das alles klingt zu gut, um wahr zu sein. Tatsächlich wuchert zwischen den Blüten jede Menge Unkraut.

Das kleine Wörtchen „dual“ ist ein Lockmittel geworden, selbst für Lehrangebote, die wenig mehr sind als eine Fortbildung. Vor allem aber ist die curriculare Verzahnung von Theorie und Praxis nicht immer optimal. Und nicht jede Fachhochschule oder Berufsakademie hat ausreichend Personal, das die didaktische und fachliche Qualifikation besitzt, um die Studierenden gut zu betreuen. Rund 55 Prozent der Unternehmen, die sich als Kooperationsbetriebe an solchen Studiengängen beteiligen, wünschen sich eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Hochschulen, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Bundesinstitutes für Berufsbildung. Rund ein Drittel der befragten Unternehmen plant, in den nächsten fünf Jahren das Angebot an dualen Studienplätzen zu erhöhen. Mehr als die Hälfte will es auf dem jetzigen Niveau fortführen (www.bibb.de/bwp-7105)

Der Wissenschaftsrat (WR) hat das Problem erkannt, ebenso der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der vor Kurzem ein Qualitätsnetzwerk Duales Studium gegründet hat (siehe Infokasten „Netzwerk Qualität“). Der WR wird im Oktober ein Positionspapier vorlegen, das nicht nur Transparenz in das vielfältige Angebot dualer Studiengänge und -modelle bringen will. Wichtig ist dem WR, dass sich diejenigen gut vernetzen, die in Hochschule und Unternehmen für die Ausbildung zuständig sind. Denn nur dann können Theorie und Praxis sinnvoll aufeinander abgestimmt werden.

Ferner will der WR die Potenziale des dualen Studiums ausloten: Mögliche neue Fächer und Berufe; Studierende, die derzeit die Anforderungen eines dualen Studiums scheuen oder nicht bewältigen könnten. Noch sind es in erster Linie ehrgeizige und leistungsbereite junge Leute, die sich für ein duales Studium entscheiden. Aus Sicht des WR eine interessante Klientel, um die sich auch die Unis mehr als bislang kümmern sollten.

Drei Modelle

ausbilungsintegriert:

Das ausbildungsintegrierte Studium verbindet ein Studium mit einer beruflichen Ausbildung.

Fächer: Dieses Modell findet sich in den Bereichen Technik, Wirtschaft, Gesundheit und Soziales

Abschluss: Absolventen erhalten den Bachelor-Titel und den Abschluss im Ausbildungsberuf

Studienvoraussetzung: Allgemeine Hochschulreife oder Fachhochschulreife sowie ein Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen

Anbieter: Fachhochschulen, Berufsakademien, Duale Hochschulen und wenige Universitäten

Partner: Ausbildungsbetrieb, Berufsschule sowie Industrie- und Handelskammern beziehungsweise Handwerkskammer

Stärke: Die Absolventen haben einen doppelten Abschluss und verfügen schon in der Ausbildung über ein Einkommen

Schwäche: Die Mehrfachbelastung durch die Arbeit im Unternehmen, Vorlesungen an der Hochschule und Unterricht in der Berufsschule kann hohe Abbrecherquoten zur Folge haben

Kosten: Studiengebühren nur bei privaten Hochschulen; es besteht kein Anspruch auf BAföG bei Einkommen über Höchstgrenze


praxisintegriert:

Das praxisintegrierte Studium kombiniert Studium und lange Praxisphasen im Unternehmen.

Fächer: Dieses Modell findet sich in den Bereichen Technik, Wirtschaft, Gesundheit und Soziales

Abschluss: Absolventen erhalten mit dem Bachelor einen Hochschulabschluss, darüber hinaus aber keinen Abschluss im jeweiligen Ausbildungsberuf; die Fortsetzung des Studiums bis zum Master ist gelegentlich möglich

Studienvoraussetzung: Allgemeine Hochschulreife oder die Fachhochschulreife

Anbieter: Fachhochschulen, Berufsakademien, Duale Hochschulen sowie in seltenen Fällen auch Universitäten 

Partner: Unternehmen

Stärke: Die Studierenden sammeln viel Praxiserfahrung ohne den Stress, daneben noch in einer Berufsausbildung Prüfungen ablegen zu müssen; die Praktika werden zumeist vergütet

Schwäche: Die Absolventen haben keinen doppelten Abschluss vorzuweisen

Kosten: Studiengebühren nur bei privaten Hochschulen; es besteht kein Anspruch auf BAföG bei Einkommen über Höchstgrenze


berufsintegriert:

Das berufsintegrierte Studium verbindet Studium und eine inhaltlich verwandte Tätigkeit.

Fächer: Dieses Modell findet sich in den Bereichen Technik, Wirtschaft, Gesundheit und Soziales

Abschluss: Absolventen erhalten den Bachelor und können im Anschluss auch den Master-Abschluss erwerben

Studienvoraussetzung: Zugang auch ohne allgemeine Hochschulreife oder Fachhochschulreife möglich; Unterstützung des Arbeitgebers durch zeitweilige Freistellung

Anbieter: Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien sowie Duale Hochschulen

Partner: Unternehmen und sonstige Arbeitgeber

Stärke: Hochschulzugang auch ohne Abitur oder Fachhochschulreife möglich

Schwäche: Der jeweilige Arbeitgeber muss einer Reduzierung der Arbeitsstunden zustimmen

Kosten: Die Studienangebote sind häufig kostenpflichtig; das betrifft sowohl die privaten als auch die staatlichen Hochschulen; während des Studiums müssen die Studierenden Einbußen in ihren Einkommen hinnehmen

Netzwerk Qualität

Netzwerk Qualität 

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft will die Qualität dualer Studienangebote verbessern. Er hat deshalb im Juli ein „Qualitätsnetzwerk Duales Studium“ gegründet, in dem zehn ausgewählte Hochschulen Empfehlungen für alle Anbieter dualer Studiengänge erarbeiten. In der Diskussion wird es unter anderem um folgende Themen gehen:

  • Transparenz: Was kennzeichnet einen dualen Studiengang? Welche (staatlichen und privaten) Hochschulen sind Anbieter?
  • Schnittstellen-Management: Wie stimmen Hochschule und Betrieb ihre Zuständigkeiten sowie die Vermittlung von theoretischem und praktischem Wissen bestmöglich aufeinander ab?
  • Didaktik: Wie lässt sich eine möglichst hohe Lehrqualität bei den Lehrbeauftragten gewährleisten?

Das Qualitätsnetzwerk wird zwischen Oktober 2013 und November 2014 sechsmal tagen. Zudem werden die teilnehmenden Hochschulen ihre Vorhaben zur Verbesserung des dualen Studiums, mit dem sie sich für das Qualitätsnetzwerk beworben hatten, vorantreiben. Dafür erhalten sie eine Förderung von jeweils 30 .000 Euro. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) leitet das Projekt, das mit der Veröffentlichung eines praxisorientierten Handbuches im Frühjahr 2015 endet. Link: www.che.de (> Projekte)

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