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„Entscheider müssen berechenbar, die Kriterien ihres Handelns nachvollziehbar sein”

Die Hochschulen befinden sich im Wandel. Da ist Vertrauen in die Führungskräfte besonders wichtig. Der Psychologe Martin Schweer erklärt, wie man es aufbaut.

duz Herr Schweer, haben Sie heute schon jemandem vertraut?

Schweer Und ob. Als ich im Auto saß, habe ich darauf vertraut, dass die anderen Fahrer bei Rot an der Ampel halten. Ich habe der Bäckerin vertraut, dass sie mir frische Brötchen verkauft, und Ihnen, dass Sie pünktlich anrufen, um das Interview zu führen. Auf den Punkt gebracht: Vertrauen ist lebensnotwendig. Es wäre nicht möglich, durch die Welt zu gehen, ohne sich auf bestimmte Dinge verlassen zu können.

duz Wie kann man Menschen vertrauen, die man oft gar nicht kennt?

Schweer Man sammelt Vorerfahrungen und schenkt in ähnlichen Situationen einen Vertrauensvorschuss.

duz Wie wirkt es sich aus, wenn man vertraut?

Schweer Vertrauen fördert in hohem Maße eine positive Wahrnehmung der Gesamtsituation. Wer vertraut, fühlt sich wertgeschätzt. Er kann sich auf das, was auf ihn zukommt, einlassen.

duz Was heißt das übertragen auf das Management von Hochschulen?

Schweer Dass Mitarbeiter, die ihrem Chef vertrauen, motivierter und leistungsbereiter sind. Auch in schwierigen Situationen sind sie bereit, ihm zur Seite zu stehen. Vertrauen ist für Führungskräfte eine wichtige Ressource.

duz Wie schafft ein Chef Vertrauen?

Schweer Indem er die Interessen aller Mitarbeiter vertritt. Ein Institutsleiter etwa muss sich für alle Fachbereiche der Einrichtung gleichermaßen einsetzen, ohne das eigene Gebiet zu bevorzugen.

duz Seit die Hochschulen an Autonomie gewonnen haben, mussten Professoren Macht einbüßen. In vielen Gremien haben sie beratende Funktion. Aber die Entscheidungen über Haushaltsfragen oder Berufungen werden von den Hochschulleitungen getroffen. Das muss doch frustrieren.

Schweer Nicht, wenn das Präsidium die Interessen der Professoren berücksichtigt, wenn es ihre Expertise einholt, ihren Rat wertschätzt – und sie in die Entscheidungen einbezieht. Das baut Vertrauen auf.

duz Was fördert noch Vertrauen?

Schweer Ehrlichkeit, Echtheit und Zuverlässigkeit. Entscheider müssen berechenbar, die Kriterien ihres Handelns nachvollziehbar sein. Wichtig ist auch, dass Entscheidungen als gerecht wahrgenommen werden. Wird etwa der Antrag eines Professors, der einen engen Draht zum Präsidenten hat, schneller bearbeitet als andere, so schafft das Misstrauen.

duz Wie kann ein Chef die Verwaltungsmitarbeiter ins Boot holen?

Schweer Der Leiter einer Abteilung oder eines Instituts ist für die Verwaltungsmitarbeiter genauso verantwortlich wie für die Wissenschaftler. Macht er seinen Job gut, bringt er beiden Seiten Wertschätzung entgegen. Eine gute Führungskraft zeigt neue Wege auf, sie moderiert zwischen den verschiedenen Interessen und versucht, auf einen Konsens hinzuarbeiten.

duz Was, wenn die Stimmung bereits von Misstrauen geprägt ist?

Schweer Einmal verspieltes Vertrauen ist schwer wiederzugewinnen. Vorerfahrungen prägen. Um ein neues Vertrauensverhältnis aufzubauen, sind viel Ausdauer und konsequentes Handeln gefragt.

Die Fragen stellte Marion Hartig.

Literaturhinweis

Martin K. W. Schweer (Hrsg): „Vertrauensforschung 2010: A State of the Art”,
Psychologie und Gesellschaft, Band 9, Frankfurt am Main, 2010,
39,80 Euro; ISBN 978-3-631-57992-3

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