
Transfer braucht Taten
Der Koalitionsvertrag ist da – und mit ihm ein Versprechen: Deutschland soll zu einem Land werden, das seine Innovationskraft wieder aus der Wissenschaft schöpft. Doch was bedeutet dies für die Praxis des Wissens- und Technologietransfers? Axel Koch von der TransferAllianz zieht Bilanz
Zum ersten Mal seit Langem finden sich zentrale Transferthemen in einem Koalitionsvertrag gebündelt und konkretisiert: Mit der Initiative Forschung & Anwendung soll eine Dachmarke entstehen, die die Programme ZIM, IGF und INNO-KOM, den neuen „Transferbooster“ und eine „Deutsche Anwendungsforschungsgemeinschaft“ (DAFG) strukturell zusammenführt. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) sollen dabei gestärkt und perspektivisch stärker in die DFG-Förderlandschaft eingebunden werden. Und dies alles – wie von uns und anderen gefordert – in einem eigenen Ministerium, dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR).
Auch strukturelle Reformen werden angegangen: Mit dem Innovationsfreiheitsgesetz verspricht die Regierung, die Projektförderbürokratie zu verschlanken, Förderlogiken zu entwirren und Gründungen innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen – inklusive standardisierter Ausgründungsverträge. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung – und eine langjährige Forderung der Transferpraxis.
Zentrale Fortschritte – und wo es noch hakt
Die Koalition hat sich auf ihrer Agenda zur Forschung und Innovation viel vorgenommen:
- Stärkung des Transfers durch den Ausbau institutioneller Programme wie DATI, T!Raum, RUBIN und WIREntbürokratisierung von Anträgen, Projektträgersystemen und Nachweispflichten
- Verlässlichkeit in der Finanzierung durch Weiterentwicklung des Pakts für Forschung und Innovation (PFI) und Anhebung der steuerlichen Forschungszulage
- Gründungsförderung mit dem Zukunftsfonds II mit starkem Fokus auf Deep-Tech und Biotech
Was dabei aber zu kurz kommt: eine systematische Transferstrategie, die das Zusammenspiel von Bund, Ländern, Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen über ein gemeinsames Koordinatensystem organisiert und eine ausreichende dauerhafte Finanzierung der Transferstrukturen sicherstellt. Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf.
Was jetzt zählt: Drei Impulse der TransferAllianz
Die neuen Initiativen der Bundesregierung greifen viele wichtige Themen für eine Verbesserung des Innovationsökosystems und des Transfers aus der Wissenschaft auf. Viele Punkte bleiben aber unkonkret und fragmentiert. Deshalb fordern wir:
1. Fünf Prozent für Transfer & Innovation: Systematisch und verbindlich muss Transfer auf Augenhöhe mit Forschung und Lehre finanziert werden. Das bedeutet konkret: Fünf Prozent der institutionellen Zuwendungen und projektbezogenen Fördermittel von Bund und Ländern müssen verbindlich für Transferzwecke reserviert werden.
2. Zukunftsvertrag Transfer: Der Bund-Länder-Dialog Transfer, den wir 2024 mitgestaltet haben, war ein Meilenstein. Er darf nicht folgenlos verpuffen. Es braucht einen Zukunftsvertrag Transfer mit gemeinsamen Leitlinien von Bund, Ländern und Hochschulen für Impact, Exzellenz und Qualität.
3. Transferexzellenz messen und sichtbar machen: Erfolgreicher Transfer braucht ein modernes Reputationssystem und eine einheitliche Indikatorik. Transferleistungen dürfen nicht länger unsichtbar bleiben.
Regierung in der Verantwortung – wir sind bereit
Die Bundesregierung hat mit dem Koalitionsvertrag viele Türen geöffnet. Jetzt geht es darum, durchzugehen – mit klugen Maßnahmen, abgestimmten Strukturen und dem Mut zur Kulturveränderung. Transfer muss als eigenständige Leistung sichtbar, wertgeschätzt und dauerhaft gefördert werden. Die TransferAllianz steht bereit, diesen Weg mitzugestalten – mit Expertise, Netzwerk und Engagement. Aber wir erwarten auch, dass die neue Regierung ihre Versprechen mit Leben füllt. Die Weichen sind gestellt. Jetzt braucht es den politischen Willen, Transfer kraftvoll zu gestalten statt zu verwalten und damit die Innovationskraft unseres Landes nachhaltig zu entfalten. //
Axel Koch
ist 1. Vorsitzender der TransferAllianz e. V.
Foto: Lorenz Oberdoerster / Uni Kiel
DUZ Magazin 06/2025 vom 20.06.2025