
Malas palabras
Argentiniens Präsident Javier Milei ist ein bekennender Feind von allem, was mit Hochschule und Wissenschaft zu tun hat. Denn für ihn sind sie Horte linker Intellektueller, die er aus ganzem Herzen verachtet und gerne als Lügner, Schmarotzer und Diebe diffamiert.
„Malas palabras“ bedeutet in Argentinien u. a. Fluchen und unangemessen über Dritte zu reden. Die Ablehnung der Wissenschaft zeigt sich auch im Umgang mit den Mitgliedern des Universitätsapparats. Er ist, um mit Luhmann zu sprechen, unangemessen, es wird personalisiert. Das „Sagbare“ wird ausgedehnt, Beispiele hierfür liefern Donald Trump, Elon Musk und der argentinische Präsident. E. Musk nannte im Dezember 2024 den Bundeskanzler einen unfähigen Idioten und empfahl ihm, zurückzutreten.
Ein sachfremder Kommunikationsstil des Präsidenten
Einige Wissenschaftler sagen, die Zeiten wären hart für sie in Argentinien, nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern weil sie angegriffen werden. Manuel García Solá, ein ehemaliges Vorstandsmitglied der wichtigsten argentinischen Wissenschaftsbehörde, des Nationalen Rates für wissenschaftliche und technische Forschung (CONICET) mit Sitz in Buenos Aires, trat im November 2024 zurück. In einem Brief und in öffentlichen Interviews sagte García Solá, dass die Regierung Milei Forschungsprojekte auf ideologischer Grundlage überprüfe – zum Beispiel auf Anzeichen von Kommunismus und andere „Abweichungen“ – und sie ablehne, wenn sie nicht mit der politischen Agenda der Regierung übereinstimmten.
Milei leugnet wissenschaftlich belegte Sachverhalte, etwa den Zusammenhang von CO2 und Klimakrise und Erderwärmung. Er bezeichnet Wissenschaftler/-innen als Linke, verachtet offen deren Positionen, greift sie an, er bezeichnet sie als „zurdos de mierda“ (verdammte Linke). Wissenschaftler/-innen – erklärt er – gehörten der „Kaste“ von Privilegierten an, die genauso wie Politiker, Gewerkschaftsführer und Intellektuelle vom Rest der Gesellschaft dafür bezahlt werden, zu tun, was ihnen beliebt.
Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte vor Kurzem einen Rückblick auf ein Jahr Milei in der Regierungsverantwortung mit folgendem Inhalt: „Vor Kurzem machte sich der Ex-Bürgermeister von Buenos Aires, Horacio Rodríguez Larreta, die Mühe, all die verbalen Entgleisungen Mileis auf dessen Lieblingsplattform X seit Amtsantritt zu zählen. So entstand eine beeindruckende Liste, die von „korrupt“ zu „Dieb“ und „Lügner“ reicht, dazu Wörter wie „Hurensohn“ enthält, „Scheiße“, „Dummkopf“, „Ratte“, „Arsch“ und „Concha“ (Muschel) – eine in Argentinien allgemeingültige Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsteil“ (Gurk 2024). //
Von den Autoren des Argentinien-THEMAS im DUZ Magazin 04/2025
Prof. Dr. habil. Claus Tully
Der Soziologe, Erziehungswissenschaftler und Wirtschaftsingenieur lehrt an der FU Bozen. Er hat diverse Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte in Argentinien absolviert – unter anderem an der Universidad de Buenos Aires, Quilmes und an der FLACSO. Seine aktuelle Veröffentlichung zur Migration aus Deutschland nach Argentinien lautet: „Auf dem Weg in die neue Heimat“ (2024).
Prof. Claudio Alfaraz
ist Professor an der Universidad Nacional Arturo Jauretche. Licenciado en Comunicación Social, Diploma de Estudios Avanzados en Cultura y Sociedad, Diplomatura en Comunicación Política y de Gobierno.
Fotos: privat
DUZ Magazin 04/2025 vom 25.04.2025