
Studienabbruch im Fokus
Innovative Ideen und Impulse, wie sich Studienabbrüche vermeiden und Übergänge gestalten lassen, lieferte das Webinar „CHEtalk feat. DUZ Spotlight“ des CHE Centrum für Hochschulentwicklung anhand von zwei Praxisbeispielen aus Berlin und Hannover
Die junge Generation wird in Zeiten des Fachkräftemangels händeringend gebraucht. Die Babyboomer-Generation geht (bald) in Rente und die Geburtsjahrgänge, die jetzt an die Hochschule und in Ausbildung kommen, sind kleiner als die aus der Arbeitswelt ausscheidenden Jahrgänge.
Knapp 30 Prozent der Studierenden verlässt jedoch das Hochschulsystem ohne Studienabschluss. Gleichzeitig lösen auch mittlerweile rund 30 Prozent der Personen in der dualen Berufsausbildung ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig auf. Dies verstärkt den existierenden Mangel. Die Gründe für die Abbrüche sind vielfältig, beim Studienabbruch spielen Leistungsprobleme und mangelnde Studienmotivation neben weiteren Gründen wie die finanzielle Situation die Hauptrolle. Die vorhandenen Potenziale junger Menschen müssen besser genutzt werden. Daher rücken Maßnahmen der Beratung und Begleitung bei Studienzweifel und Studienabbruch sowie der Prävention durch eine bessere Orientierung zwischen Studium und beruflicher Ausbildung zunehmend in den Fokus. In einem Webinar wurden zwei Initiativen vorgestellt, die sich jeweils mit einem der beiden Handlungsfelder beschäftigen (siehe unten).
Fazit des Webinars
Wünschenswert wäre die Entwicklung eines ganzheitlichen Konzepts, das von der Prävention von Studienzweifeln bis hin zur Begleitung bei Studienabbrüchen reicht. Wichtig wäre außerdem, dass Beteiligte der akademischen und beruflichen Bildung kooperieren und sich nicht als Konkurrenten begreifen im Wettbewerb um Fachkräfte. //
Das O ja! Orientierungsjahr Ausbildung und Studium an der HTW Berlin
Das O ja! Orientierungsjahr Ausbildung und Studium ist seit 2020 ein hybrides Programm, das zur beruflichen und akademischen Bildung im MINT-Bereich orientiert. Es wird von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin mit Partnern der beruflichen Bildung realisiert; seit Oktober 2023 in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin und dem ABB Ausbildungszentrum Berlin Brandenburg. Bisher haben 266 Personen daran teilgenommen, davon sind 30 Prozent weiblich. 82 Prozent der begleitenden Übergänge führten bisher in ein Studium, 18 Prozent in eine Ausbildung, Tendenz steigend.
Herausforderungen: Die Herausforderungen hierbei liegen in der Schaffung gemeinsamer Strukturen und die damit verbundene kontinuierliche Kommunikation und Weiterentwicklung. Die Immatrikulation der Teilnehmenden als Studierende erschwert eine gleichwertige Orientierung von beruflichen und akademischen Bildungswegen. Ein unabhängiger Status der Teilnehmenden wäre wünschenswert.
Erfolgsfaktoren: Die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Institutionen mit gemeinsamen Zielen und einem praxisorientierten, verzahnten Curriculum. Auch die individuelle Begleitung der Teilnehmenden zeichnet das Programm aus.
https://oja-orientierungsjahr.de/
Nadine Köcher
koordiniert seit 2020 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin das „O ja! Orientierungsjahr“.
Foto: HTW Berlin / A. Rentsch
„Umsteigen statt Aussteigen“ Beschäftigungsförderung Region Hannover
Die Beschäftigungsförderung Region Hannover erreicht seit 2015 mit dem Beratungsangebot "Umsteigen statt Aussteigen" Studienzweiflerinnen und -zweifler sowie klein- und mittelständische Unternehmen. Das mehrjährige Projekt wurde inzwischen verstetigt. Zahlreiche Kooperationspartner wirken eng vernetzt zusammen, wie die Agentur für Arbeit, Jobcenter, IHK und Handwerkskammer und die zentralen Hochschulberatungseinrichtungen. Auch an Hannover angrenzende Landkreise sowie Freiwilligenzentren und Wirtschaftsnetzwerke beteiligen sich.
Herausforderungen: Die Ratsuchenden brauchen Aufklärung und Informationssicherheit, Räume zur Selbstreflexion und Persönlichkeitsentfaltung (etwa zum Ausprobieren im bewertungsfreien Kontext).
Erfolgsfaktoren: Es ist ein Erfolg, dass wir Vorurteile überwunden haben und Ratsuchende neutral beraten. Die Vernetzung der unterschiedlichen Beteiligten hilft sehr, ebenso regelmäßige Angebote wie Runde Tische, gemeinsame Sprechstunden und Erfolgsgeschichten. Pro Jahr lassen sich etwa 100 Studierende beraten, von denen die Hälfte nicht an einer hannoverschen Hochschule studiert 40 Prozent der Ratsuchenden entscheiden sich für eine Ausbildung oder ein duales Studium, 25 Prozent bleiben im akademischen System und schließen ihr Studium ab.
www.wirtschaftsfoerderung-hannover.de/umsteigen
Marcus Voitel
leitet die Koordinierungsstelle Hochschule und Beruf sowie das Programm „Umsteigen statt Aussteigen“ der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung der Region Hannover.
Foto: Iris Terzka
Die Veranstaltungsreihe
Das „DUZ Spotlight – Gute Praxis international“ gibt Impulse und Lösungsideen aus dem In- und Ausland für aktuelle Herausforderungen. Das DUZ Verlags- und Medienhaus und das CHE Centrum für Hochschulentwicklung nehmen in einer vierteiligen Webinarreihe gemeinsam Themen aus vorherigen DUZ Spotlights wieder auf. In jedem Webinar führen Autorinnen und Autoren des jeweiligen DUZ Spotlights in das Thema ein und zeigen, was sich seit der Veröffentlichung getan hat. Verantwortliche von Good-Practice-Beispielen stellen ihre Projekte vor. Anschließend können alle Teilnehmenden Fragen stellen und sich an der Diskussion beteiligen. Die Veranstaltungen dauern jeweils eine Stunde und sind kostenfrei.
Playlist aller Impulsreferate: https://tinyurl.com/3ujtsyby
Das DUZ Spotlight zum Thema „Studienabbruch“ erschien in der Ausgabe 8/2023: https://www.duz.de/ausgabe/!/id/614
Die nächsten Termine:
- „Die Rolle von nationalen Agenturen beim Transfer aus Hochschulen“: Donnerstag, 20. Februar 2025, 12–13 Uhr
- „Internationale Promovierende – erfolgreich finden und binden“: Donnerstag, 3. April 2025, 12–13 Uhr
Mehr Informationen und Anmeldung unter https:/www.che.de/series/chetalk-feat-duz-spotlight/
DUZ Wissenschaft & Management 01/2025 vom 07.02.2025