// editorial: wehrhaft sein //
Mit einem Paukenschlag wurde ausgerechnet an dem Tag, wo der Wahlsieg von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA feststand, das Ende der deutschen Ampel-Koalition eingeleitet.
An diesen 6. November 2024 werden wir uns alle noch viele Jahre später erinnern. Zum einem, weil er gezeigt hat, wie unberechenbar und volatil vieles geworden ist, und zum anderen, dass alles plötzlich ganz schnell und anders als erwartet vonstattengehen kann.
Welche Folgen diese politischen Erdbeben haben werden – für Deutschland und die Welt – können wir punktuell erahnen und aus bisherigen Erfahrungen ableiten, aber mit hundertprozentiger Gewissheit können wir es nicht sagen. Was heute zum Beispiel feststeht: In Deutschland ist eine Regierung kolossal gescheitert, die ehrgeizige Ziele für den Klimaschutz hatte. Einer von vielen Gründen: Die Ampel-Regierung, vor allem die Grünen, waren nicht in der Lage, ihre Vorhaben und Projekte der Bevölkerung näherzubringen und sie dafür zu begeistern. Ein Beispiel für eine miserable Kommunikationsstrategie. Währenddessen hat in den USA erneut ein Mann die Macht übernommen, der den Klimawandel hartnäckig leugnet und Klimaziele mit aller Kraft boykottiert: „Das Konzept der Erderwärmung wurde von und für Chinesen geschaffen, um die amerikanische Produktion wettbewerbsunfähig zu machen.“ (Trump auf Twitter, 6. November 2012) – nur eines von unzähligen Zitaten, die der Republikaner massenwirksam über alle ihn zur Verfügung stehenden Medienkanäle verbreitet.
Experten befürchten, dass es der US-Klimaforschung an den Kragen gehen wird und Trump, soweit er darauf Einfluss hat, den Klimaforschern wieder den Geldhahn zudrehen wird. Das wäre nichts Neues. Erinnern wir uns nur beispielsweise daran, dass er 2018 der NASA sämtliche Mittel für ihr wichtiges Carbon Monitoring System strich, das zur Beobachtung von Treibhausgasen und Klimaerwärmung diente.
Warum Trump damit bei seinen Wählern auf so viel Zuspruch stößt, ist für viele von uns unverständlich – vor allem auch, weil klimabedingte Katastrophen, wie Überschwemmungen und Hurrikans, nicht nur den „Rest“ der Welt, sondern eben auch die Menschen in den USA massiv und leidvoll treffen. Aber Trump hat es geschafft, bei Millionen von Amerikanern Zweifel an der Wissenschaft zu säen und sie davon zu überzeugen, dass wissenschaftliche Ergebnisse nichts taugen und man ihnen misstrauen sollte.
Das Misstrauen an der Wissenschaft und auch an den Medien zu nähren, ist eine offensichtlich erfolgreiche Wahl- und Kommunikationsstrategie für populistische Politiker à la Trump. Und es ist ein gefährliches Instrument, das den Fortschritt und eine auf Wissen basierende demokratische Gesellschaft aushöhlt und destabilisert. Wie gegensteuern? Zum Beispiel, indem die Wissenschaftscommunity selber dafür sorgt, dass Forscherinnen und Forscher, die wegen ihrer Arbeit mit Haß und Drohungen überzogen werden, unterstützt und wehrhaft gemacht werden. Wie das gehen kann, berichtet Julia Wandt von der Initiative Scicomm-Support. //
DUZ Magazin 11/2024 vom 15.11.2024