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Neu am Leitungstisch

Erhöhter Strategiebedarf und Krisen haben dazu geführt, dass mehrere Universitäten ihre Kommunikationsverantwortlichen an den Leitungstisch geholt haben. Was sich dadurch verändert, wird im Folgenden skizziert.

Krisenerfahrungen, ein erhöhter Strate­giebedarf und parallel verlaufende Veränderungsprozesse sowie gesellschaftliche Erwartungen haben die Wissenschaftskommunikation verändert. Beim Göttinger Treffen des Bundesverbands Hochschulkommunikation im März dieses Jahres wurde deutlich, dass die Aufgaben komplexer werden. Dabei kommt auch den Leitungskräften eine größere Bedeutung zu. Sie übernehmen nicht nur die Führung diverser Teams, die an großen Universitäten bis zu 70 Personen umfassen können, sondern agieren auch als Partner auf Augenhöhe der Hochschulleitung. Oft kommt ihnen die Rolle der strategischen Berater und Stakeholder-Analysten zu. Sie befähigen und unterstützen Forschende in der Wissenschaftskommunikation, beraten und unterstützen sie bei Angriffen, etwa in den sozialen Medien.

Ihre Arbeitsbereiche sind die „Schnellboote“ in der Hochschulflotte: Sie initiieren und begleiten als Veränderungstreiber Transformationsprozesse und es kommt ihnen dabei die Rolle von bereichs- und ressortübergreifenden Integratoren zu. Nach außen sprechen sie für die Universität und die Hochschulleitungen, betreiben Reputationsmanagement und gestalten gesellschaftliche Kooperationen. Auch die Koordination von Marketing, Fundraising, Beziehungs- und Alumni-Management zählen dazu. 

Die neu hinzugekommenen Rollen entsprechen größtenteils den Zukunftsaufgaben, die die Page Society – eine weltweit führende Vereinigung erfahrener Kommunikationsverantwortlicher – bereits vor acht Jahren für eine neue Generation von Chief Communication Officers (CCOs) in Unternehmen prophezeit hat. Auch Universitäten haben begonnen, die Kommunikationsverantwortlichen an den Leitungstisch zu holen und die CCO-Rolle an Hochschulen zu etablieren. Hochschulen wünschen sich Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, die eine gestaltende Rolle bei der Entwicklung und Umsetzung der hochschulweiten Strategie spielen können. An einigen Hochschulen wurden sie aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit in den Krisenstrategiesitzungen der Corona-Pandemie ständige Gäste in den Leitungssitzungen, andere Universitäten haben nach Leitungswechseln die strategische Rolle der Kommunikation gestärkt. Dazu dürften auch die Diskussionen in der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) beigetragen haben, die „Hochschulkommunikation als strategische Aufgabe“ definiert hat. Zuletzt wurde die Bedeutung von qualitativ hochwertiger Wissenschaftskommunikation im April 2024 im Bundestag verhandelt. In einem gemeinsamen Antrag der Regierungskoalition wurde eine Stärkung gefordert, denn Wissenschaftsvermittlung sei eine wichtige Grundlage für demokratische Prozesse, so die Argumentation, gerade in Zeiten zunehmender politischer Polarisierung.

Wissenschaftskommunikation am Leitungstisch ist für viele Hochschulen noch neu und die Aufgaben variieren. Entscheidend ist jedoch, dass die Kommunikationsverantwortlichen in die Strategieentwicklung einbezogen sind und diese nicht nur umsetzen. Bislang haben sieben Universitäten ihre Hochschul- und Wissenschaftskommunikation auf diese Weise gestärkt. Die Universität Freiburg war Anfang 2021 die erste Hochschule, die die Wissenschaftskommunikation aus der Kommunikationspraxis heraus im Präsidium verankerte. Es folgten im gleichen Jahr die Technische Universität (TU) Darmstadt und die TU Dresden. In rascher Folge kamen die Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Universität zu Köln, die TU Berlin, die TU München und die Freie Universität Berlin dazu. Weitere Universitäten sind gerade auf der Suche oder beraten sich zur Einführung von CCOs.

Dabei wurden je nach Universitätskultur und den Möglichkeiten der Hochschulgesetze der jeweiligen Länder unterschiedliche Modelle gewählt: von der stimmberechtigten Mitgliedschaft im erweiterten Präsidium über die Verantwortung eines Geschäftsbereichs im Präsidium oder die Verankerung der Kommunikationsleitung als ständiger Gast in der Geschäftsordnung des Präsidiums bis zur Benennung als Beauftragte. An der TU München kann sich die Kommunikationsverantwortliche Vizepräsidentin nennen, unterscheidet sich jedoch von regulären Präsidiumsmitgliedern dadurch, dass sie aus der Praxis kommt und nicht aus der Wissenschaft.

Erste Erfahrungen mit der Wissenschaftskommunikation am Leitungstisch sind überwiegend positiv: Die strategische Verankerung in der Leitung sendet ein starkes Signal in die Organisation. Und sie hat auch entschiedene Außenwirkung und fördert die Sichtbarkeit der Universität in der Öffentlichkeit.

Was bei der Einrichtung bedacht werden sollte:

  • Die CCO-Position unterscheidet sich von der Abteilungsleitung durch die in der Hochschulleitung institutionalisierte Verbindung von Strategie und Kommunikation.
  • CCO ist an der Strategieentwicklung beteiligt.
  • Zwischen Hochschulleitung und CCO ist weiterhin ein enges Vertrauensverhältnis notwendig.
  • CCOs müssen strategisches Denken UND Kommunikationspraxis mitbringen.
  • CCO kann Transformationen begleiten und fördern, nicht implementieren – dazu werden weiterhin Ressourcen benötigt.
  • Die Beteiligung der Kommunikationsverantwortlichen in Strategie- und Leitungssitzungen bringt auch ohne CCO-Titel eine Verbesserung sowie Aufwertung und wird empfohlen. //

Katja Barbara Bär 

ist Chief Communication Officer (CCO) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Vorsitzende des Bundesverbands Hochschulkommunikation e.V. 

Foto: Jens Meyer

Dr. Patrick Honecker, MBA,

ist CCO und Mitglied des erweiterten Präsidiums der Technischen Universität Darmstadt. 

Foto: Katrin Binner

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