Universität und Klinikum auf dem Campus der Zukunft
Im Rahmen der Kanzler*innen Jahrestagung wurden mittels je zweistündiger Rundgänge Projekte der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck (UKSH) vorgestellt. Von Pia Beyer-Wunsch
Der Campus der Universität zu Lübeck (UzL) zeigt die für Hochschulcampi typische Gemengelage aus in die Jahre gekommenen Forschungs- und Lehrgebäuden sowie modernen Forschungsneubauten. Sanierung im Bestand sowie die Weiterentwicklung zu einem nachhaltigen Campus sind die Herausforderungen, wie sie vielerorts gemeistert werden müssen.
Theorie trifft Realität – nachhaltige Campusentwicklung
Prof. Dr. Thomas Münte, Vizepräsident Medizin, und Prof. Dr. Enno Hartmann, Vizepräsident Lehre und Bau der Universität zu Lübeck, legten auf dem Rundgang dar, welche Maßnahmen im Bau getroffen wurden, um die Liegenschaften der UzL in der Zukunft energieeffizient betreiben zu können. Dabei weist der Campus eine unterschiedliche Baustruktur aus Gebäuden von Anfang des 20. Jahrhunderts über Bauten aus den 1970er- und 2000er-Jahren sowie neuesten Forschungsgebäuden, die erst vor wenigen Jahren in Betrieb genommen wurden oder sich noch im Bau befinden, auf. Der Campus ist durch die Anstrengungen, neben den neuen Bauvorhaben auch noch die Sanierung von Altbeständen durchzuführen, seit Jahren von Baumaßnahmen geprägt. Diese führen stetig zu Einschränkungen des Campusbetriebs. Hinzu kommt eine Campusstruktur, die von einer durchzogenen Eigentümer- und Nutzungsstruktur gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), der Technischen Hochschule Lübeck (THL) sowie dem sogenannten HörHanse-Campus und einem Fraunhofer-Gebäude, charakterisiert ist. Die UzL ist als Stiftungsuniversität Eigentümerin ihrer Liegenschaften, die anderen Liegenschaften sind größtenteils im Landeseigentum. Die verschiedenen Zuständigkeiten bedeuten eine besondere Herausforderung für eine gesamtheitliche Campusplanung. Die derzeit von allen Akteur*innen betriebene übergreifende Rahmenplanung soll u. a. auch zu einem neuen Bebauungsplan für das Gelände als auch zu einem umfangreichen Mobilitätskonzept führen. Neben dem Eindruck über das Gesamtgelände wurden einige Gebäude im Rundgang besonders beleuchtet: Im Dezember 2023 erfolgte die Wiedereröffnung des Gebäudes der Zentralen Hochschulbibliothek (ZHB) nach einer dreijährigen Phase der Sanierung im laufenden Betrieb. 8,5 Millionen Euro wurden seitens des Landes Schleswig-Holstein für die energetische Sanierung der Fassade investiert, die Modernisierung der Innenausstattung konnte durch eine Crowdfunding-Kampagne realisiert werden. Dadurch konnten circa 1,5 Millionen Euro eingeworben werden. So konnte die ZHB auch einer modernen Nutzung zugeführt werden und ist nun ein zeitgemäßer Selbstlernort für die Studierenden.
Ein weiterer Anlaufpunkt des Rundgangs war die Energiezentrale MITO auf dem Campus. Das Blockheizkraftwerk läuft zu 100 Prozent mit Biogas und versorgt nahezu sämtliche Liegenschaften der UzL mit Wärme und Strom. Bei geringen Umweltbelastungen und einer klimaneutralen Energieversorgung kann mit der MITO gleichzeitig eine hohe Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Es entstehen kurze Versorgungswege und eine gesteigerte finanzielle sowie quellenunabhängigere Versorgung. Das Blockheizkraftwerk ist einer der Bausteine für einen nachhaltigen Klimaschutz auf dem Campus.
Modernste Technik im Klinikum der Zunkunft
Auf dem von Klaus Raberg, Leiter Betriebsmanagement, Dezernat Facility Management, UKSH, und Andreas Gerhardy, Beratung Energiemanagement, M&P Braunschweig GmbH, geführten Rundgang erhielten die Teilnehmenden Einblicke in Energieversorgung, nachhaltige Lüftungssysteme sowie das automatische Warentransportsystem des UKSH. Als Maximalversorger ist das UKSH ein relevanter Energieverbraucher und Emissionsproduzent. Im Rahmen eines ÖPP-Neubaus an den beiden UKSH-Standorten in Lübeck und Kiel wurde vor wenigen Jahren das zentrale Klinikgebäude auf dem Campus Lübeck in Betrieb genommen. Ein Ziel war dabei auch, den Betrieb zukunftsorientiert und energieeffizient zu gestalten. Die Teilnehmenden konnten eine hochmoderne Energiezentrale mit Kesselanlage und Gasturbine sehen, die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme produziert und potenziell in der Zukunft auch mit Wasserstoff betrieben werden kann. Bereits jetzt werden durch die moderne Anlage 2 500 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart. Die Abwärme der Turbine wird für die Kälteversorgung genutzt und reduziert somit weiter den Strombedarf. Gleichzeitig ermöglicht die moderne Lüftungsanlage des UKSH, die Belüftung u.a. der OP-Bereiche zentral zu steuern und somit höchst effizient Energie einzusparen. Das automatische Warentransportsystem in den unterirdischen Versorgungstunneln des Klinikums erlaubt eine zeit- und ressourcensparende Umverteilung von Gütern und den Abtransport von Abfällen. Auch das geplante Photovoltaik-Konzept für den Campus wurde vorgestellt.
Zukunft beginnt jetzt – papierlose Dokumentation im UKSH
In diesem Rundgang konnten die Teilnehmenden einen Einblick in den Patient*innenbetrieb und die digitalisierten Prozesse in der Krankenversorgung nehmen. Jana Michel und Steffen Herzmann, Changemanager*innen der Stabsstelle Change und Prozessmanagement, Betriebsorganisation, UKSH, führten die Besucher*innen auf diesem Rundgang in digitalisierte Patient*innenzimmer und den Self-Check-in in der Lobby des UKSH Lübeck. Der Self-Check-in ist ein wesentlicher Baustein der papierlosen Dokumentation im UKSH und somit wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen und modernen Krankenversorgung. Bereits beim Check-in wird die digitale Patient*innenakte angelegt, die auf den Stationen seitens der behandelnden Ärzt*innen und Pfleger*innen weiter genutzt wird. Insbesondere auch in der interdisziplinären Notaufnahme und auf den Intensivstationen wird das System umfassend genutzt und trägt zur schnellen Orientierung und Priorisierung in der Notaufnahme bei. In den modernen Krankenzimmern können Patient*innen über einen LCD-Bildschirm am Bett z. B. ein Schmerztagebuch ausfüllen, Behandlungstermine einsehen oder an anonymen Zufriedenheitsumfragen teilnehmen und haben darüber hinaus Zugriff auf Fernsehen, Internet und On-Demand-Dienste. Mit dem „Unit-Dose-System“ der Klinikapotheke werden alle Arzneimittel automatisiert und individuell zusammengestellt, verpackt und dann direkt an die Stationen geliefert. In der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte setzt das UKSH zudem auf die voll automatisierte Lagerhaltung in der Sterilisation. Das UKSH zählt mit seinen Maßnahmen zur Digitalisierung laut einer Unternehmensstudie in 2024 zu den am besten digitalisierten Unternehmen Deutschlands und belegt bereits zum vierten Mal in Folge eine Spitzenposition. In der Kategorie „Öffentliche Krankenhäuser“ erzielte es dabei die Höchstpunktzahl. //
Dieser Beitrag ist erschienen im DUZ Special mit dem Titel enérgeia – Energie. Nachhaltigkeit. Wissenschaft., das die Ergebnisse der 65. Jahrestagung der Vereinigung der Universitätskanzler*innen Deutschlands vorstellt. Das DUZ Special ist sowohl digital als auch in Print ab sofort kostenfrei im Verlag erhältlich.