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// editorial: omnipotent  //

Als Blattmacherin, die sich tagein, tagaus mit Bildung, Wissenschaft und Hochschule beschäftigt, bin ich immer ganz begeistert, wenn...

...ich gemeinsam mit meinem Team auf Themen stoße, die mal nichts mit Finanzen, Strukturen und Fördermaßnahmen zu tun haben. Deshalb habe ich sofort zugegriffen, als mir unsere Autorin Bärbel Schwertfeger anbot, sich doch mal eingehender mit Machtmissbrauch in der Wissenschaft zu beschäftigen. Gesagt, getan.

So ganz glauben möchte ich noch immer nicht, was unsere Autorin dort zusammengetragen hat. Zwischendurch dachte ich, ich bin mitten in die Boulevardberichterstattung über gefallene Hollywood-Größen wie Kevin Spacey, Harvey Weinstein oder Bill Cosby gelandet, die alle wegen sexueller Übergriffe vor Gericht standen. Was sie eint: Sie nutzen ihre Machtposition gegenüber Schwächeren, oftmals von ihnen abhängigen Menschen schamlos aus. Doch wie wir sehen: Das gibt es nicht nur im Kino und im Showbusiness, sondern ist wohl auch im Wissenschaftsbetrieb (immer noch) an der Tagesordnung. Ich sage immer noch – denn als Studentin in den 1980er-Jahren konnte ich fast täglich beobachten, wie Profs an meiner Alma Mater ihre Stellung ausnutzten, um sich Sekretärinnen, Doktorandinnen und Studentinnen gefügig zu machen – vor aller Augen und Ohren, am helllichten Tag, hinter verschlossener Tür mal zwischendrin in der Mittagspause oder nach dem Seminar, bevor es zur Gattin nach Hause ging. „Damals“ wäre niemand auf die Idee gekommen, das Unbehagen darüber offen auszusprechen oder gar dagegen vorzugehen. Eher wurde darüber gespöttelt und nicht selten gab es empörte Kommentare über die Frauen, die sich den Profs „an den Hals schmissen“, um ihr Studium oder ihre Karriere zu befördern. Ein einfaches Prinzip: die Belästigungsopfer hatten selber Schuld, nicht die von Omnipotenzgefühlen getriebenen und außer Kontrolle geratenen Profs. Nicht ganz so spektakulär, aber ebenfalls an der Tagesordnung: wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tag und Nacht an Aufsätzen und der Auswertung von Studien arbeiteten, ohne später erwähnt zu werden, während ihre Vorgesetzten ständig im Zug von der Kleinstadt (wo es sie wegen der Stelle „leider“ hinverschlagen hatte) ins mondäne München oder nach Köln oder Berlin und zurück saßen. 

Lang, lang ist es her, aber immer noch nicht „mit Stumpf und Stiel ausgemerzt“. Es ist ganz offensichtlich: Die Wissenschaft versagt bei der Selbstkontrolle. Für Prof. Dr. Daniel Leising vom Netzwerk gegen Machtmissbrauch in der Wissenschaft steht daher fest: „Besonders wichtig wäre eine gleichmäßigere Verteilung der Macht im Forschungsbetrieb. Die bestehende Häufung von Funktionen bei den Professoren muss aufgelöst werden.“ Es geht also um nichts Geringeres als um eine Veränderung des Systems – womit wir wieder bei Strukturen und beim Management angelangt wären – den Leib- und Magenthemen der DUZ-Redaktion.

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