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Augen zu und durch?

Das Ende unseres Forschungsprojekts naht. Die Leitung ist nicht in der Lage, angemessen zu koordinieren, geschweige denn, die wissenschaftlichen Qualitätsansprüche einzuhalten. Ich kann und will so nicht arbeiten. Meine Haltung: „Augen zu und durch“ oder „alles hinschmeißen“. Was soll ich tun?

Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Coach Dr. Iris Koall antwortet:
Das klingt ja sehr anstrengend und setzt Sie offensichtlich sehr unter Druck. Es ist ratsam, jetzt Ruhe zu bewahren, gut für sich zu sorgen und sich nicht in diesen Strudel hineinziehen zu lassen.

Leider ist diese Situation in Projekt-Endphasen keine Ausnahme, aber glücklicherweise auch nicht die Regel. Problematisch ist, dass alle vorhergehenden fehlenden Leitungs- und Koordinationserfordernisse Ihnen jetzt auf die Füße fallen. Vielleicht ist es später wichtig nachzuhalten, wie es zu den Verzögerungen und dem kooperativen Mehraufwand gekommen ist? Eine mangelnde konsistente Projektleitung kann in der Überlastung der professoralen Leitung und/oder der fehlenden Projektmanagementkompetenz, den menschlichen Schwächen der beteiligten Personen oder manchmal in der nicht bearbeiteten Konkurrenz der Projektpartnerinnen und -partner untereinander liegen. Die Gründe für diese möglicherweise fehlende kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung von Arbeitspaketen und einer angemessenen Moderation der Interaktion sind vielfältig, aber vielleicht für zukünftige Projekte eine gute Lehrmeisterin.

Bevor wir Ihre Möglichkeiten und Ihre Rolle in dieser Phase anschauen, erst einmal ein paar Hinweise zur Einordnung dieser Situation: Diese Stresssituation zu Projektende ist leider auch ein systemischer Bestandteil der Drittmittelforschung an Hochschulen. Viele Projekte werden in der Antragsstellung zwar detailgenau beschrieben und kalkuliert, weil die Drittmittelgeber dies erwarten, aber die Konfrontation mit der Forschungspraxis macht Anpassungen erforderlich, die so nicht vorhersehbar waren. Dies erzeugt Stress und erfordert – je nach persönlichen und administrativen Kapazitäten – die Bereitschaft, sich konstruktiv mit diesen Veränderungsanforderungen auseinanderzusetzen oder diese eben zu verleugnen. Am Ende müssen die nicht passenden Enden zusammengefügt werden, was praktisch unmöglich ist.

Ihr Eingangsstatement zeigt auch, wie sich eine solche Situation auf die emotionale Verfasstheit auswirken kann. Beruflicher Stress triggert häufig persönliche – biografisch tiefer liegende – unverarbeitete Momente an. Es ist ein ungünstiger Zeitpunkt, diese jetzt bearbeiten zu wollen. Notieren Sie sich Ihre negativen Stimmungen und Gefühle. Legen Sie diese Notizen beiseite und nehmen Sie sich dies für eine spätere Reflexion in einem angemessenen Setting vor. 

Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie? Als Mitarbeitende sind Sie nicht in der Projektverantwortung. Die liegt bei Ihrer Projektleitung. Aber das bedeutet auch, dass Sie eine Bringschuld für die Ihnen übertragenen Projekttätigkeiten haben. Deshalb ist es Ihre Aufgabe, die Zeit für die noch realistische Umsetzung der Arbeitsaufgaben so effizient wie möglich zu nutzen. Setzen Sie Ihre Prioritäten, holen Sie sich dort Unterstützung, wo es möglich ist. Reduzieren Sie Ihren Perfektionsanspruch und, falls möglich, weisen sie auf die Lücken hin und entwickeln pragmatische Lösungen und Umsetzungsvorschläge. Manchmal ermöglicht Zeitdruck prägnante Ergebnisse. Also: Augen auf und durch!

Literatur:

  • Klinkhammer, M.; Enke, N. (2022): Konfliktmanagement – Strategien für Wissenschaft und Hochschule, Campus Verlag, Frankfurt/New York.
  • Pandu, P.: Projektmanagement, in: Hammerschmidt, A.; Enke, N. (2020), Forschen – Lehren – Führen. Das ABC für die Hochschulkarriere, UKV München. S. 176–179

    DR. IRIS KOALL ist Wissenschaftscoach und Trainerin zu den Themen Kompetenz- und Karriereentwicklung, Prävention und Schutz vor sexueller Belästigung sowie Gender und Diversity. Sie ist Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner der DUZ ist.

    www.kompetenz-entwicklung.de

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