// Editorial //
Als journalistisch tätiger Mensch ist man immer auf der Suche nach Mustern und tiefer liegenden Gründen. Zum Beispiel...
...für nicht wünschenswerte Ereignisse und Entwicklungen: Warum gibt es etwa immer mehr Amokläufer oder junge Wissenschaftler, die der Hochschule den Rücken kehren? Oder für den Verlauf von hitzig geführten Debatten: Wieso löst jedweder Vorschlag, den Autoverkehr einzuschränken, ein reflexartiges Warnen vor einer staatlichen Gängelung aus? Oder auch für festgefahrene Positionen: Warum ist es derzeit fast unmöglich, alle – wirklich alle – auf den Tisch gelegten Vorschläge zur längst fälligen Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes mit gesundem Menschenverstand zu hinterfragen, ohne ins Wespennest zu stechen?
Wenn man sich als Medienmensch mit Wissenschaft und Hochschule beschäftigt, hat man das große Privileg, meistens (natürlich nicht immer) auf seine vielen Fragen und Zweifel intelligente und faktengestützte Antworten zu erhalten. Ich würde mir wünschen, dass die Inhalte von Pressemitteilungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen viel mehr Menschen da draußen erreichen. Denn das dort bereitgestellte Wissen kann den eigenen Horizont ungemein erweitern. Es kann einem helfen, die von überall auf einen einprasselnden Weltereignisse besser einzuordnen. Und zugleich kann dieses Wissen Schutz vor Populisten und den von ihnen geschürten Ängsten bieten. So flatterte heute auf meinen Bildschirm eine Pressemitteilung der Universität Trier, die spannende, wenngleich auch besorgniserregende Ergebnisse einer sozialpsychologischen Studie zusammenfasst: Ein Team unter der Leitung der Sozialpsychologin Prof. Dr. Eva Walther hat zu Menschen geforscht, die die Corona-Pandemie als etwas Gutes betrachtet haben. „Menschen mit sozialdarwinistischen Einstellungen sehen Pandemien als positiv, denn sie trennen die Starken von den Schwachen“, ist dort zu lesen. Solche Personen gingen davon aus, dass sie das Recht haben, sich über staatlich verordnete Schutzmaßnahmen – in diesem Fall in Bezug auf Covid-19 – hinwegzusetzen, ohne Rücksicht auf besonders gefährdete kranke und alte Menschen. Zusammengefasst zeigt die Studie, dass der unselige Sozialdarwinismus, der im 20. Jahrhundert Millionen von Menschen das Leben gekostet hat, noch immer oder schon wieder sein Unwesen treibt. Das sollten wir alle gemeinsam mit unseren Politikern und Forschern im Blick behalten.
Apropos „nur die Starken überleben“: Auch wenn Ihnen der Vergleich an den Haaren herbeigezogen zu sein scheint: Genau nach diesem Motto haben vor allem die technischen Fächer in der Vergangenheit, meist voller Stolz auf die eigene Genialität und Leistungsfähigkeit, junge Menschen ausgesiebt und ihnen das Studium erschwert – mit dem Resultat, dass die MINT-Fächer und der damit zusammenhängende Arbeitsmarkt massive Nachwuchsprobleme haben. Dass es auch anders geht, zeigen die 14 Projekte, die im Rahmen des Programms „BayernMINT. kompetent. vernetzt. erfolgreich“ gefördert wurden.
DUZ Wissenschaft & Management 03/2023 vom 06.04.2023