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// Editorial //

„Kulturwandel“ – wo überall wäre er nicht dringend geboten. Fangen wir einfach mal an bei der FIFA, dem geldgierigen Fußballweltverband ...

... und der von ihm mit Schmiergeldern betriebenen Fußball-WM im frauenverachtenden Katar (ich nehme an, dass einige von Ihnen fußballbegeistert sind und es also erlaubt ist, an dieser Stelle über das globale Volkssportevent zu schreiben). Kein Tag, an dem nicht immer neue Ungeheuerlichkeiten über die miserablen, oft todbringenden Arbeitsbedingungen beim Bau der glanzvollen WM-Fußballstadien in der Golfmonarchie ans Tageslicht kommen. Kein Tag, an dem das Emirat – ein Staat mit einem der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt – nicht wegen seiner homophoben, misogynen und autokratischen Einstellungen und Praktiken von der internationalen Presse und von Menschenrechtsorganisationen angeklagt wird. 

Mit welchem Ergebnis? Das prestigeträchtige Weltturnier mit mehreren Hundert Millionen Zuschauern wird fast überall auf dem Globus live ausgestrahlt und das Männerregime aus dem Golfstaat hat eine bis dahin nie gekannte globale Bühne. Oder um es mit einem alten PR-Grundsatz zu sagen: „Schlechte Werbung ist besser als gar keine Werbung.“ Da präsentiert sich also ein unglaublich reiches Land im modernsten Gewand (mit einer aufregend ästhetischen Architektur, imponierender Infrastruktur und hohen Investitionen in Bildung und Technologie) und darf, obwohl es im Innersten versteinert ist und gesellschaftlich das Gestern verkörpert, im weltweiten Glanz stehen. Sicherlich: Es gibt erste Risse am schönen Lack, es gibt lautstarke Proteste, weil die FIFA, dieser Club der Korrupten und Gierigen, mit dem Verbot der „One Love“-Binde einen Kotau vor dem autoritären Regime macht oder weil herauskommt, dass Polizei und Sicherheitskräfte vor Ort alles und jeden kontrollieren und einzuschüchtern versuchen. Aber mal unter uns gefragt: Was ­wäre, wenn unsere Fußballhelden tatsächlich heroenhaft wären und einfach nicht losrennen würden? Was wäre, wenn TV- und Radiosender auf Störsignal umschalten? Was wäre, wenn zum Beispiel Frauen – es gibt ja immer mehr weibliche Fußballfans – sich dem Spektakel verweigern würden und mit ihnen ihre solidarischen Partner, die es schäbig finden, dass ihre Liebsten so herabgewürdigt werden?

Apropos Frauen: Was wäre, wenn sich deutsche Nachwuchswissenschaftlerinnen und ihre etablierten Kolleginnen mal ernsthaft dem akademischen Betrieb verweigern würden, der sie „auf den akademischen Karrierestufen“ immer noch nicht genügend berücksichtigt, wie die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) jüngst beklagte? Die bisherigen Fortschritte seien „viel zu gering“, so HRK-Präsident Peter-André Alt in einer Pressemitteilung vom 21. November. Er plädiert dafür, dass die Wissenschaftseinrichtungen hier „kreativer werden und deutlich an Tempo zulegen“. Eigentlich dachte ich, dass dies längst der Fall wäre. Nochmals darauf warten, dass sich grundlegend etwas ändert – das sollten die betroffenen Frauen wohl besser nicht. Vielleicht ist die Zeit dafür reif, dass sie den Kulturwandel selber in Angriff nehmen – gerne auch mit unkonventionellen Mitteln. Denn wir wissen ja: Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin.

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