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Benchmarks nutzen

Benchmarks sind ein Instrument für Hochschulen, um sich mit strukturell ähnlichen Einrichtungen zu vergleichen. Die Universität Siegen hat zusammen mit anderen Hochschulen und dem Unternehmen rheform dafür den „Hochschulmonitor“ entwickelt. 

Die Universität Siegen ist als mittelgroße, interdisziplinär ausgerichtete Forschungsuniversität in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz national und international weit vernetzt. Ihre Leitidee „Zukunft menschlich gestalten“ prägt Forschung und Lehre sowie die damit verbundene Verantwortung für die Gesellschaft. Der Profilbildungsprozess orientiert sich daher unter anderem an neuen Forschungsfeldern, geschärft durch die zunehmende Digitalisierung, fortschreitende innovative (IT-)Technologien, aber auch gesellschaftlich-kulturelle Veränderungen, einem attraktiven, zukunftsorientierten, international und interdisziplinär ausgerichteten Studienangebot und einer sich wandelnden, digitalaffinen, heterogenen Studierendenschaft. Die Entwicklung der Anzahl an Studienanfängerinnen und -anfängern ist seit dem Wintersemester 2018/2019 demografisch, und seit den letzten zwei Jahren auch pandemiebedingt, rückläufig.

Vor diesem Hintergrund werden Benchmarks mit strukturell vergleichbaren Hochschulen gezogen, um strategische Entscheidungen zeitnah und passgenau treffen zu können. Dafür stehen Informationen und Analysen zur Entwicklung der Studierendenzahlen, der Herkunft und Verteilung der Studierenden, aber auch weitere forschungsrelevante Daten im Fokus. 

Die Universität Siegen hat für sich selbst gut aufbereitete und aktuelle Daten, allerdings fehlt es an einer Einordnung dieser in den Kontext im Vergleich zu anderen Hochschulen. Nur durch die Einbeziehung von Vergleichszahlen werden die Analysen so aussagekräftig, dass daraus strategische Entscheidungen verlässlich abgeleitet werden können. Weiter wird ein Benchmarking der Universität Siegen mit anderen Hochschulen dadurch erschwert, dass es häufig Unklarheiten bezüglich der Daten gibt: Wann war der Meldezeitpunkt? Wie ist die Kennzahl „Studierende:r“ definiert? Welches Fach zählt zum jeweiligen Lehr- und Forschungsbereich? Als zusätzliche Herausforderung ist die Komplexität der Datenbanken zu nennen: Viele externe Vergleichsdaten sind zwar theoretisch frei verfügbar oder für Geld erwerbbar, doch welche Zahlen tatsächlich relevant sind und wie sich die zentralen Informationen aus den komplexen Datenbanken extrahieren lassen, ist nicht trivial und bedarf einer genauen Analyse. 

Um den Hochschulen ein effizientes, analysefreundliches, datengestütztes Benchmarking-Tool für die strategische Steuerung anzubieten, hat rheform mit der Universität Siegen als einem Hochschulpartner den „Hochschulmonitor“ entwickelt. Die Entwicklungspartnerschaft zwischen der Universität Siegen und rheform basiert auf einem steten Austausch zu den Anforderungen an ein strategisches Hochschul-Benchmark und einem ständigen inhaltlichen Abgleich der von rheform aufbereiteten Auswertungen mit den Daten der Universität Siegen und den jeweiligen zugrunde liegenden Definitionen.

Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Universität Siegen den Anspruch hat, zeitnah aktuelle Informationen sowohl über die eigene Hochschule als auch im Hochschulvergleich zu erheben, zu analysieren, zu interpretieren und daraus Handlungsmaßnahmen abzuleiten. Ihr integriertes Datenmanagement umfasst daher drei Säulen: 

  1. Hochschulinterne, tagesaktuelle Daten von Studium und Lehre (basierend auf dem vollständig integrierten Campusmanagementsystem unisono/HISinOne) sowie Personal und Finanzen (basierend auf dem ERP-System SAP)
  2. Studierendenprognosen: Informationen und Analysen, die die zukünftige Entwicklung der Anzahl von Studienanfängerinnen und -anfängern sowie der Studierendenzahlen betreffen – unter Einbeziehung von Faktoren wie der demografischen Entwicklung, der Einführung neuer Studiengänge oder auch Annahmen über das Studienverhalten. Als Prognosetool für die strategische Hochschulplanung werden die Modelle und Tools der Firma statmath GmbH, einer Ausgründung der Universität Siegen, eingesetzt. 
  3. Daten im Hochschulvergleich: Mit dem Hochschulmonitor, einer Web-Anwendung, verfügt die Universität Siegen über sämtliche Informationen für den Vergleich mit einzelnen Hochschulen beziehungsweise Hochschulgruppen. Die Kennzahlen der Universitäten sind somit vergleichbar und entsprechende strategische Entscheidungen und Maßnahmen können für die eigene Hochschule abgeleitet und initiiert werden.

Diese drei Säulen bilden für die Universität Siegen eine exzellente Basis, um Daten aus unterschiedlichen Blickwinkeln so zu generieren, dass sie für fundierte Entscheidungsfindungen herangezogen werden können.

Hochschulmonitor

Der Hochschulmonitor wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen deutschen Hochschulen entwickelt. Die Datenbasis der Analysen basiert teilweise auf öffentlich zugänglichen Daten (zum Beispiel Daten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG; Rankings), teilweise auf Daten, die vom Statistischen Bundesamt oder anderen Institutionen erworbenen und nach unterschiedlichen Kriterien in Beziehung gebracht, aufbereitet und in einer eigenen Datenbank zusammengestellt werden. Zudem werden weitere Daten durch die rheform erhoben und mit einbezogen. Zu beachten ist, dass sich die Datenaktualität an der Verfügbarkeit orientiert. Eine solche Datenbasis ist ohne Arbeits- und finanziellen Aufwand von Hochschulen nicht selbst erstellbar. Die Datenvisualisierung und der Zugriff auf die interaktiven Analysen erfolgen über den rheform-eigenen Tableau Server. 

Die Universität Siegen hinterfragt nicht nur diese Zahlen, sondern gleicht sie und die jeweiligen Daten-Definitionen mit den ihr vorliegenden eigenen Daten ab, gibt Anregungen für weitere Auswertungen sowie die Bedienbarkeit und die Benutzerfreundlichkeit des Hochschulmonitors, sodass der Hochschulmonitor sich stets weiterentwickeln kann und den Hochschulen umfangreiche Analysen im Hochschulvergleich zur Verfügung stellt. 

Use Cases an der Universität Siegen – Studierenden-Hiking: Woher kommen die Studierenden der Universität Siegen – und an welche Hochschule gehen die Studieninteressierten aus der Region?

Die Studierendenprognosen haben gezeigt, dass bedingt durch den demografischen Wandel in der Hochschulregion Siegen die Studierendenzahlen an der Universität Siegen langfristig rückläufig sein werden: Von circa 20 000 Studierenden im Jahr 2019/2020 auf etwa 16 000 bis 17 000 Studierende im Jahr 2034. Gezielte Maßnahmen zur Gewinnung von Studierenden, insbesondere im Studierendenmarketing und zur Steigerung der Attraktivität der Universität Siegen, befinden sich bereits in der Umsetzung:

  • Projekt „Siegen. Wissen verbindet“: Umzug von zwei weiteren Fakultäten in das Stadtzentrum und räumliche Fokussierung der Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Lehrerausbildung auf dem Innenstadtcampus rund um das historische Untere Schloss 
  • Gründung der Lebenswissenschaftlichen Fakultät: Einführung von neuen, medizinnahen Studiengängen im digitalen Kontext mit dem Ziel, interdisziplinär akademische Fachkräfte im Bereich der Gesundheitsberufe auszubilden

Im Jahr 2020 kamen circa 50 Prozent der Studierenden aus der Hochschulregion Siegen, die Mehrheit davon (25,4 Prozent) aus dem nahegelegenen Kreis Siegen-Wittgenstein. Nur etwa neun Prozent der Studierenden haben ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben. 

Um diesen Zahlen weitere Bedeutung zu verleihen, ist ein Benchmarking mit anderen Hochschulen wichtig. Es kommt somit die Frage auf, ob auch andere Hochschulen einen so hohen regionalen Anteil an Studierenden haben. Analysen mit dem Hochschulmonitor bestätigen dies in Teilen. Bei der Auswahl der Vergleichshochschulen wurde deutschlandweit geschaut, welche Universitäten von Größe, Struktur und regionaler Ausgangssituation der eigenen Hochschulen ähnlich sind.

Eine der spannendsten Fragen an der Universität Siegen ist, an welchen Hochschulen Abiturientinnen und Abiturienten aus der Hochschulregion Siegen ein Studium aufnehmen: Die meisten Studieninteressierten aus der Region nehmen ihr Studium an ihrer „Heimatuni“ auf, aber es wird auch deutlich, dass viele der Studieninteressierten an „größere“ Hochschulen in NRW oder auch an die benachbarten hessischen Universitäten Gießen oder Marburg gehen. Deswegen stellt sich die Frage, wie es der Universität Siegen gelingen kann, den Anteil ihrer Studierenden aus der Hochschulregion zu erhöhen. Weiterhin setzt sich die Universität Siegen zum Ziel, mehr Masterstudierende zu gewinnen, die ihren Bachelorabschluss an einer Hochschule außerhalb der Region erworben haben. Gerade bei der Gewinnung von Masterstudierenden spielen Aspekte wie die Reputation der Universität und des Faches, aber auch die Profilbildung der Universität eine zentrale Rolle. 

Um zu messen, inwieweit strategische Entscheidungen in der Vergangenheit Einfluss auf die Herkunft und Mobilität der Studierenden hatten, ist es essenziell, Veränderungen in den Blick nehmen zu können. Es ist eine höhere überregionale Anziehungskraft der Universität Siegen sichtbar, was sich vor allem im Hinblick auf die demografische Entwicklung der Kernregion positiv auswirkt.

Nutzen für die Universität Siegen

Der Hochschulmonitor bietet den Hochschulen auf einfache Weise die Möglichkeit, Hochschulen mit ähnlichem Profil (Gruppe der NRW-Universitäten oder der Universitätsallianz UA11) zu identifizieren. Davon ausgehend können eine Vielzahl von strukturellen Vergleichen gezogen werden – mit dem Dashboard-Modul gelingt dies auch kennzahlenbasiert (zum Beispiel Betreuungsrelation, Drittmitteleinnahmen pro Professur). Mit diesem Modul sieht die Hochschulleitung auf einen Blick, wie die eigene Hochschule im Vergleich zu anderen Hochschulen mit ähnlichen Merkmalsausprägungen abschneidet. Zu diesen Merkmalsausprägungen gehören unter anderem ein ähnliches Fächer- und Forschungsprofil, eine regional ähnliche Verankerung und eine vergleichbare Anzahl an Studierenden.

Aufgrund der datenbasierten Analyse des Hochschulmonitors zeigen sich der Universität Siegen Möglichkeiten der Profilierung, aber auch eine Reihe von Ansatzpunkten für die Analyse und Verbesserung ihrer regionalen und nationalen Wettbewerbssituation im Bereich Studierendenmarketing: So kann sie auf Basis der zur Verfügung gestellten Daten beispielsweise in einem nächsten Schritt die Konzepte zur Gewinnung von Studierenden an Hochschulen, die in hohem Ausmaß überregionale Studierende anziehen, mit solchen vergleichen, die dies nur in geringem Maße tun. Daraus kann sie Best Practices zur Studierendengewinnung ableiten oder neue, passendere Marketingkonzeptionen entwickeln, etwa regionenspezifisch (das heißt: In welcher Region lohnt sich eine neue Marketingkampagne?).

In dem vorgestellten Fall konnte auf diesem Weg die Abschöpfungsquote der Studierenden aus der Hochschulregion der Universität Siegen ermittelt und im nationalen Vergleich ins Verhältnis gesetzt werden. Dies bietet eine robuste Grundlage für zukünftige strategische Entscheidungen.

Die gezeigten Analysen stellen nur einen kleinen Ausschnitt der Funktionen des Hochschulmonitors dar. Er bietet unterschiedliche Möglichkeiten, wie strategische Fragestellungen datenbasiert analysiert und somit für eine Entscheidungsfindung genutzt werden können. Der Mehrwert für die Hochschulen ist offensichtlich: Sie werden in die Lage versetzt, auf einfache und übersichtliche Weise Hochschul-Benchmarks basierend auf validen Datenquellen durchzuführen. Dadurch müssen nicht mühsam selbst einzelne Hochschul-Internetseiten, diverse Bundes- oder DFG-Statistiken durchsucht beziehungsweise kostenpflichtig Daten erworben werden. Vielmehr kann in kürzester Zeit auf Fragen der Hochschulleitung geantwortet werden, wenn es beispielsweise darum geht, ressourcenschonend, effizient und transparent einen bundesweiten Vergleich (fächerspezifische Auswertung von Kennzahlen in Lehre, Forschung und Administration) herzustellen.

Neben den vielen positiven Auswirkungen und Möglichkeiten wurden im Laufe des Prozesses auch Fragestellungen herausgearbeitet, bei welchen der Hochschulmonitor keine Unterstützung bieten kann. So sind die Daten des Hochschulmonitors häufig nicht tagesaktuell: Aufgrund der Prozesse im Rahmen der Statistischen Landesämter kommt es zu einer Verzögerung zwischen zehn und 18 Monaten. Folglich kann der Hochschulmonitor die interne Datenhaltung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Weiter hatte die Universität im Laufe der Zeit immer mal wieder eigene Fragestellungen, welche sich nicht alle mit einem Standardtool beantworten ließen, sondern noch eine individuelle Weiterbearbeitung und Verknüpfung notwendig gemacht haben.

Die vorherigen Ausführungen zeigen, dass der Hochschulmonitor die Universität Siegen dabei unterstützen kann, Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Die darauf aufbauenden Analysen, zum Beispiel der diversen Marketingstrategien, die in den verglichenen Hochschulen zu unterschiedlichen Strategien im Bereich der Studierendengewinnung führen, und die daraus in der Universität Siegen abzuleitenden Maßnahmen muss die Universität Siegen selbstständig erarbeiten. Ziel des Hochschulmonitors ist es, die vielfältigen Daten visuell ansprechend aufbereitet zur Verfügung zu stellen und so eine transparente Basis für die Entscheidungsfindung zu schaffen, jedoch nicht die Daten zu interpretieren und daraus Entscheidungen abzuleiten.

Übertragbarkeit auf andere Hochschulen

Der Hochschulmonitor kann von jeder Hochschule genutzt werden. Erfolgreich, das heißt strategisch und profilprägend, kann er wirken, wenn zum einen die Hochschulleitung das Tool als strategisches Instrument ergänzend zu den eigenen Analyse-Instrumenten versteht und es in ihren Profilierungsprozess einbindet und zum anderen die Betreuung und Aufbereitung der Auswertungen von hochschuleigenen Datenanalyse-Spezialisten in Rückkopplung mit rheform begleitet wird. 

Für die Universität Siegen ist das Fazit eindeutig: Mit ihren drei Säulen (hochschulinternes Business Intelligence Tool mit tagesaktuellen internen Daten, den Studierenden-Prognosen und dem Hochschulmonitor als Hochschul-Benchmarking-Anwendung) verfügt sie nun über ein exzellentes Berichtssystem zur effizienten Hochschulsteuerung und -planung. //

Ulf Richter 

ist Kanzler der Universität Siegen. 

Foto: Universität Siegen

Dr. Iris Körver 

ist Dezernentin für Hochschulplanung der Universität Siegen.

Foto: Privat

Prof. Dr. Guido Benzler 

ist Geschäftsführer der rheform – Entwicklungs­Management GmbH.

Foto: rheform

Philipp Adler 

ist Bereichsleiter der rheform – Entwicklungs­Management GmbH. 

Foto: rheform

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